Salzburg und Leipzig in der Europa League:Eine einzigartige und blöde Konstellation

Lesezeit: 4 Min.

Hinten jubelt Salzburgs Andreas Ulme, Timo Werner (links) ist bedient. (Foto: dpa)
  • RB Leipzig verliert 0:1 in Salzburg und ist in der Europa League nun auf fremde Hilfe angewiesen.
  • Leipzig kann nur noch weiterkommen, wenn Salzburg am letzten Spieltag gegen Glasgow gewinnt. Die Konstellation sei "ein bisschen blöd", sagt Timo Werner.
  • Hier geht es zu den Tabellen der Europa League.

Von Felix Haselsteiner, Salzburg

Frisch geduscht setzte Zlatko Junuzovic im Pressebereich des Stadions in Salzburg-Wals zum Referat an. Juno, wie der zentrale Mittelfeldspieler von seinen Mannschaftskollegen beim FC Salzburg genannt wird, sprach von Themen wie Engagement, von Laufbereitschaft, davon, dass im strukturierten System seiner Mannschaft "jeder den anderen unterstützt". Minutenlang berichtete er in begeistertem Stil, wie gut die Räder in Salzburg ineinandergreifen würden und wie viel Freude es mache, in der Europa League nun fünf Siege aus fünf Spielen vorzuweisen zu haben.

Wenige Meter weiter stand Timo Werner, Stürmer von RB Leipzig, seine Mannschaftskollegen nennen ihn Timo. Sein Blick richtete sich auf den kühlen, grauen Zementboden. Werner sprach in der Vergangenheitsform, er sagte, "wir hatten auch dieses Jahr wieder sehr schöne Reisen", als er über die Europa-League-Saison berichtete, in der Leipzig zuletzt einen Ausflug nach Glasgow unternommen, aber im Sommer auch Qualifikationsduelle in Göteborg beim schwedischen BK Häcken, in Craiova (Rumänien) und bei Lugansk (im ukrainischen Saporoschje) bestritten hatte.

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Nach dem 0:1 im Konzern-Duell mit RB Salzburg bleibt extrem schwachen Leipzigern nur noch die Hoffnung auf fremde Hilfe am letzten Spieltag - das Aus in Europa droht.

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Wenn es nun nicht klappen sollte mit der Qualifikation für das Sechzehntelfinale, dann sei das "schade, aber auch nicht so schlimm", so Werner, es wirkte, als hätte er sich bereits mit dem Ausscheiden abgefunden.

Ausgerechnet Salzburg könnte nun Leipzig retten

Allzu viele andere Optionen als das Eingestehen einer bisher schwachen Saison in der Europa League hatten die Leipziger nach der 0:1-Niederlage in Salzburg auch nicht. Mit sechs Punkten rangiert RB auf Rang drei der Gruppe B, hinter dem ungeschlagenen Primus Salzburg und Celtic Glasgow. Da jene beiden Vereine in zwei Wochen gegeneinander spielen, kann Leipzig nur noch bei einem Sieg gegen Trondheim und einer Celtic-Niederlage weiterkommen. Das ist angesichts der starken Salzburger und der schwachen Trondheimer gar keine so ungünstige Situation für Leipzig - das Weiterkommen hängt nun eben von Salzburg ab.

Die Konstellation "ist ein bisschen blöd", sagte Werner, denn die Geschichte des Fußballspiels Salzburg gegen Leipzig lässt sich nicht ohne die gemeinsame Markenstrategie eines österreichischen Brausekonzerns erzählen. Red Bull ist Anteilseigner von Leipzig und formal nur noch Hauptsponsor von Salzburg - was das Duell in der Europa League überhaupt erst laut Uefa-Regularien ermöglicht. Schon in diesem Spiel wäre für den Konzern Red Bull ein Unentschieden das günstigste Ergebnis gewesen. Es kam nicht so - aber allein dass eine gemeinsame Strategie denkbar ist, sehen viele als Problem.

Es scheint nun so zu sein, dass Salzburg beweisen möchte, dass es nicht die "zweitwichtigste Filiale" des Konzerns ist, was die Beteiligten beider Vereine dazu nutzen, die Spiele als normale Auseinandersetzung von normalen Klubs darzustellen. Aber der Punkt ist: Im letzten Gruppenspiel ist Leipzig von Salzburg abhängig. Das macht die Konstellation einzigartig, diskutabel und auch ein bisschen verwirrend.

Dieser Donnerstagabend in Salzburg begann damit, dass die rot-weiß gekleideten Gästefans auf die rot-weiß gekleideten Heimfans trafen und beide eine rot-weiße Choreografie präsentierten, was ein einheitliches Bild ablieferte. Die Salzburger gaben sich danach umso mehr Mühe, um Unterschiede zu RB Leipzig zu verdeutlichen und betonten in Wort und Schrift immer wieder, der FC Salzburg zu sein (ganz ohne RB - zumindest bei europäischen Spielen, in der heimischen Liga dann aber doch mit der Brause im Namen). Auch die Fans grenzten sich deutlich voneinander ab, die aus der Salzburger Kurve hissten während des Spiels mehrere Plakate mit eindeutigen Botschaften in Richtung des Leipziger Vorstandes und verunglimpften die Leipziger sogar. Das alles wirkte auch deshalb so interessant, weil das Spiel auf dem Rasen einiges zu wünschen übrig ließ.

Die Salzburger schienen zunächst auf Sieg zu spielen, obwohl ihnen ja bereits ein Unentschieden zum Weiterkommen gereicht hätte. Aggressiv, zweikampfstark und mit viel Spielkontrolle ließen sie Leipzig kaum ins Spiel kommen, die Mannschaft von Ralf Rangnick brachte in dieser Phase gerade mal jeden zweiten Pass an den Mann. Dann schien jedoch auch Salzburgs Trainer Marco Rose zu erkennen, dass die Bullen auf der anderen Seite unter Zugzwang waren, und beruhigte seine Mannschaft ein wenig, was zur Folge hatte, dass nun keiner mehr Ballkontrolle hatte, das Spiel mehr und mehr verflachte und sich schließlich in einer Vielzahl an Zweikämpfen im Mittelfeld verlor. Bis auf Chancen für Salzburgs Stürmer Fredrik Gulbrandsen in der 20. und Leipzigs Werner in der 44. Minute blieben Strafraumsituationen aus.

Auch in der zweiten Halbzeit setzte sich dieses wilde Spiel so fort, bis Junuzovic in der 74. Minute mit einem Geistesblitz Außenverteidiger Andreas Ulmer freispielte, der in die Mitte passte, wo Gulbrandsen nur noch einschieben musste. Wie schon beim wesentlich ansehnlicheren 3:2-Sieg im Hinspiel erzielte der Norweger den Siegtreffer, wirklich gefährlich wurde Leipzig auch in der Schlussviertelstunde nicht, stattdessen hätte Salzburg noch per Konter auf 2:0 erhöhen können.

Rein fußballerisch gesehen zeigte sich an diesem Abend, dass der FC Salzburg im Moment in Sphären vordringt, in denen selten zuvor eine österreichische Mannschaft war. Seit 53 Heimspielen ist der Erste der heimischen Liga nun ungeschlagen, der Fußball, den Salzburg unter Rose spielt, ist modern, anpassungsfähig und mit wenigen Ausnahmen attraktiv. So oder so ähnlich lautet wohl auch die Zielsetzung für den Spielstil, den Rangnick mit seinen Leipzigern auf den Rasen bringen möchte, zumindest in Europa scheiterte er damit in dieser Saison deutlich. Dürfte man daher davon sprechen, dass innerhalb der Brausefamilie das Prestigeprojekt aus Deutschland im Moment nur die zweite Geige spielt?

Vor Mikrofonen oder gar Kameras wanden sich Spieler und Verantwortliche auch nach dem zweiten Salzburger Sieg um Vergleiche, man musste schon zwischen den Zeilen lesen, etwa wenn Salzburgs offensiver Mittelfeldspieler Hannes Wolf davon sprach, dass man "unbedingt auch vor eigenem Haus zeigen wollte, dass wir Leipzig schlagen können". Wenn ein Sieg in Glasgow den Leipzigern nun hilft, "dann ist das eben so. Wir schauen auf uns selbst", betonte Wolf mehrfach. Am Ende reichte allein schon der ausführliche Vortrag von Zlatko Junuzovic aus, um zu verstehen, dass hinter dem Projekt Salzburg derzeit vor allem auf internationaler Bühne mehr Antrieb zu stecken scheint. "Auch wenn viele es aufs Geld reduzieren, das ist es nicht. Hier ist etwas entstanden", referierte Junuzovic noch immer, als die Leipziger längst im Bus verschwunden waren.

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