Leverkusen in der Europa League:Zu verschüchtert für die Überraschung

Leverkusen in der Europa League: Ein perfektes Lehrbeispiel dafür, was große Stürmer auszeichnet: Romelu Lukaku, der Mann am Boden, erzielt das 2:0 für Inter Mailand.

Ein perfektes Lehrbeispiel dafür, was große Stürmer auszeichnet: Romelu Lukaku, der Mann am Boden, erzielt das 2:0 für Inter Mailand.

(Foto: AP)

Leverkusen scheitert in einem wilden Viertelfinale gegen Inter Mailand. Die Angreifer um Romelu Lukaku spielen zu selbstbewusst, lautstark und körperlich für Bayers wacklige Abwehr.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Peter Bosz darf sein Hotel jetzt wieder verlassen, das Team-Hotel, das nur 100 Meter von seiner Wohnung in Düsseldorf entfernt ist. In Corona-Zeiten müssen alle im Hotel bleiben, so sind die Regeln, da sollte man weder schnell Zahnpasta kaufen gehen noch auf einen Sprung rüber in die eigene Wohnung. Trösten durfte sich der niederländische Trainer von Bayer Leverkusen für diese Einschränkungen bis Montagabend damit, dass seine Mannschaft bei der coronabedingt in Nordrhein-Westfalen ausgetragenen Endrunde der Europa League eine Titelchance besaß. Dafür lässt man sich doch ganz gerne mal kasernieren. Aber diese Titelchance haben die Leverkusener im Viertelfinale verspielt. Aus dem Hotel müssen sie wieder raus, Bosz darf heim in die nahegelegene Wohnung - und ist darüber vermutlich gar nicht glücklich.

Am Montagabend in Düsseldorf haben die Leverkusener das singuläre Viertelfinalspiel gegen den italienischen Liga-Zweiten Inter Mailand mit 1:2 (1:2) verloren. Sie sind auf einen der härtesten Brocken im Feld der verbliebenen acht Mannschaften getroffen. Nun ist ihre Saison endgültig beendet, und die Europa League geht ohne deutschen Teilnehmer zu Ende. Am nächsten Montag trifft Inter im Halbfinale wieder in Düsseldorf auf Schachtar Donezk oder den FC Basel, die an diesem Dienstag in Gelsenkirchen gegeneinander spielen. Das Endspiel ist am 21. August in Köln.

Leverkusen kommt unverhofft zurück

Es war ein wildes Viertelfinale. Ganz besonders zu Beginn. Als 23 Minuten gespielt waren, hätten die Leverkusener schon desillusioniert sein können. Nicolo Barella (15.) und Romelu Lukaku (21.) hatten Inter mit 2:0 in Führung geschossen, und wenn die beiden ihre jeweils zweite Großchance (Barella 20., Lukaku 23.) genutzt hätten, dann hätte es zu diesem Zeitpunkt auch schon 4:0 für Mailand stehen können.

Doch dann kam Leverkusen nur vier Minuten nach dem 0:2 unverhofft zurück ins Spiel. Erst mogelte Kai Havertz mit dem ersten Bayer-Torschuss den Ball in der 24. Minute durch die Beine des Torwarts Samir Handanovic zum 1:2-Anschluss, und dann ersparte der spanische Schiedsrichter Carlos de Cerro Grande den Rheinländern in letzter Sekunde per Videostudium auch noch einen Mailänder Elfmeter. Leverkusens Daley Sinkgraven hatte den Ball an die Schulter bekommen, der Referee hatte gepfiffen, Lukaku stand zwei Minuten lang zum Einschuss bereit, doch dann wurde der Strafstoß in der 28. Minute wieder zurückgenommen.

Die Bayer-Sturmreihe macht nicht halb so viel Wirbel wie die von Inter

Leverkusen war zurück im Spiel, aber Leverkusen behielt seine spielerischen Probleme: Probleme mit dem Aufbauspiel, Probleme mit Mailands Pressing, Probleme mit den schnellen Inter-Stürmern Lukaku und Lautaro Martinez. Diese Probleme kamen nicht von ungefähr. Der defensive Mittelfeld-Organisator Charles Aránguiz fehlte gelbgesperrt, und der Innenverteidiger Sven Bender hatte sich beim Aufwärmen verletzt. Jonathan Tah ersetzte Bender, und Julian Baumgartlinger übernahm die Aránguiz-Position, ideal waren diese erzwungenen Wechsel nicht.

Die Bayer-Sturmreihe, mit Havertz, Kevin Volland, Moussa Diaby und ab der 59. Minute auch noch Leon Bailey auch nicht gerade schlecht besetzt, machte aber nicht halb so viel Wirbel wie die selbstbewussten, lautstarken und sehr körperlich agierenden Inter-Angreifer. Die Leverkusener wirkten überhaupt nahezu eine Stunde lang ziemlich verschüchtert, was man in einem K.o.-Spiel im fortgeschrittenen Turnierstadium gegen extrem aggressive Italiener nicht sein sollte.

Dass sie eine Viertelstunde vor Schluss überhaupt noch im Spiel waren, hatten sie ihrem Torwart Lukas Hradecky zu verdanken, der einige Bälle parieren konnte. So blieb die Partie offen, Leverkusen benötigte ja nur ein einziges Tor zur Verlängerung, aber dazu erspielten sie sich einfach zu wenige Torchancen. So endete das Spiel, und mit ihm Leverkusens Hoffnung auf den ersten Titel seit dem DFB-Pokal 1993.

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