Europa League:Kampf ums Spätwerk

02 05 2019 xpsx Fussball UEFA Europa League Eintracht Frankfurt Chelsea London emspor v l Oli

Kräftemäßig am Anschlag: Defensivspieler Martin Hinteregger (re.) gegen Olivier Giroud.

(Foto: Jan Huebner/imago)

Frankfurt will seine überraschend starke Saison veredeln - nach dem 1:1 gegen Chelsea im Hinspiel ruhen die Hoffnungen nun auf der Rückkehr von Ante Rebic.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Nur ein paar Sekunden dauerte es nach dem Abpfiff, da fiel zur allgemeinen Aufmunterung schon der Name eines abwesenden jungen Mannes. Kurz darauf fiel er erneut, im Laufe des Abends setzte sich das noch diverse Male fort, bis Eintracht Frankfurts Trainer Adi Hütter es in der Pressekonferenz so darstellte: "Ante wird uns sicher gut tun mit seiner Wucht, seiner Dynamik, seiner Schnelligkeit."

Ante, also Ante Rebic,der 25 Jahre alte kroatische Stürmer, musste am Donnerstagabend wegen einer Gelbsperre passen, als die Eintracht im Hinspiel des Europa-League-Halbfinales dem großen Favoriten FC Chelsea immerhin ein 1:1 abtrotzte. Aber am nächsten Donnerstag wird er in London wieder dabei, wenn es im Rückspiel um die Qualifikation für das Finale in Baku am 29.

Mai geht. Die Frankfurter verließen das Waldstadion ja durchaus in der Gewissheit, mal wieder einen bemerkenswerten Europapokal-Abend geboten zu haben: Verdient waren sie durch Luka Jovic (23.) in Führung gegangen. Danach hatten sie zwar viel Glück, dass der FC Chelsea trotz permanenter Spielkontrolle und zahlreicher Chancen nur der Ausgleich gelang (Pedro, 45.). Aber irgendwie hatten sich die Frankfurter dieses Glück auch erkämpft und erlaufen beziehungsweise ersungen und erschrien, weil das Publikum mal wieder eine beachtliche Show ablieferte.

Von daher darf die Eintracht nun nach London mit dem Gefühl reisen, dass auch gegen den so prominenten und finanziell potenten Premier-League-Vierten wieder eine Überraschung möglich sein kann, wie zuvor schon gegen Donezk oder Inter Mailand oder Benfica Lissabon. Neben dem leidenschaftlichen Auftritt vom Donnerstag stützt diese Hoffnung insbesondere die Rückkehr von Ante Rebic.

Dass es ausgerechnet der Kroate ist, dem nun so eine herausgehobene Rolle zukommt, schließt durchaus einen Kreis um diese ungewöhnliche Frankfurter Saison. Es ist ja noch gar nicht so lange her, nämlich gerade mal neun Monate, dass rund um die Eintracht keinesfalls Euphorie herrschte, sondern Skepsis. Der Weggang so vieler wichtiger Akteure war im Sommer zu beklagen gewesen, von Torwart Lukas Hradecky und Leitwolf Kevin-Prince Boateng über Mittelfeld-Regisseur Omar Mascarell bis zu Außenbahn-Spieler Marius Wolf. Und natürlich ging auch der Erfolgstrainer Niko Kovac, zum FC Bayern.

Wie das nur zu kompensieren sei, wunderten sich viele; es stand ja auch noch die Befürchtung im Raum, dass Ante Rebic nach einer hervorragenden WM ebenfalls den Klub verlassen könnte. Doch zwei Tage vor dem Super-Cup gab er im August seinen Verbleib bekannt. Und das wirkte schon als Signal für die gestiegenen Ambitionen des Klubs - auch wenn der Start eher schwierig war und erst im Herbst die erfolgreiche Saison der Eintracht begann - diese gefeierten europäischen Nächte, die Träumereien vom ersten Europapokal-Finale seit 1980, und ganz nebenbei ja auch noch solche Leistungen in der Bundesliga, dass die Eintracht drei Spieltage vor Schluss auf dem vierten Rang liegt, der ihr in der nächsten Saison den Startplatz in der Champions League sichern würde.

Jetzt steht also das Spätwerk dieser Spielzeit an, mindestens vier, vielleicht sogar noch fünf Partien. Erst ein Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen am Sonntag, danach das Halbfinal-Rückspiel beim FC Chelsea, im Anschluss das Derby gegen Mainz sowie das Liga-Finale beim FC Bayern, und dann - vielleicht - noch das Europa-League-Endspiel in Baku. Dabei ist es ja einerseits so, dass den Frankfurtern unabhängig vom weiteren Verlauf niemand absprechen kann, eine verblüffende Saison gespielt zu haben. Andererseits aber haben sich mit den Erfolgen auch die eigenen Perspektiven und Erwartungen verschoben. Torwart Kevin Trapp, der sich gegen Chelsea insbesondere bei einem Freistoß von David Luiz auszeichnete, warnte zuletzt schon davor, "uns alles nehmen zu lassen, was wir uns in acht, neun Monaten aufgebaut haben".

Aber leicht wird es nicht, diese Spielzeit zu veredeln. Es war ja zuletzt in der Liga unübersehbar, wie sehr die lange Saison den Spielern kräftemäßig zusetzt; auch am Donnerstagabend sind einige Akteure ziemlich ermattet vom Feld geschlichen. 46 Spiele bestritt die Eintracht in dieser Spielzeit schon, "das habe ich auch noch nicht erlebt", sagt der Japaner Makoto Hasebe, "und ich bin schon 35".

Der Halbfinal-Gegner FC Chelsea (bisher 58 Saison-Spiele) mag über diese Zahl zwar müde lächeln, aber der Frankfurter Kader ist natürlich nicht so besetzt, dass Trainer Hütter munter durchrotieren und trotzdem das Niveau der Mannschaft halten kann. Doch eine gute Nachricht gibt es auf jeden Fall vor dem Sonntags-Spiel gegen Leverkusen, einem direkten Rivalen im Kampf um die Champions-League-Plätze: Angreifer Ante Rebic darf in der Bundesliga auflaufen - und am Donnerstag konnte er sich ja sogar schonen.

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