Es gehört zu den Gepflogenheiten vieler Frankfurter, vor dem Besuch eines Eintracht-Heimspiels einen Schoppen zu trinken. Traditionelle Apfelweinwirtschaften wie „Zur Buchscheer“ oder „Wagner“ sind dank deren Lage in Frankfurt-Sachsenhausen beliebte Anlaufpunkte für die Fangemeinde – gerade im Herbst, wenn die Produktion des „Ebbelwoi“, dem Frankfurter Nationalgetränk, auf Hochtouren läuft. Ein aktuelles Lieblingsthema der dort anzutreffenden Fußball-Philosophen: Wie es die Eintracht immer wieder schafft, Stürmer von besonderem Talent zu verpflichten, und, vor allem, sie zu Topspielern zu entwickeln.
Die aktuellen Frankfurter Überflieger heißen Hugo Ekitiké und Omar Marmoush. Außer beim Bundesliga-Auftakt bei Borussia Dortmund (0:2) hat bislang in jedem Pflichtspiel einer von beiden getroffen. Ekitiké, 22, steht bei sechs, Marmoush, 25, sogar bei sieben Torbeteiligungen. Die Unterschiedsspieler holen sich Woche für Woche ein Sonderlob der Verantwortlichen ab.
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Frankfurts Fans bestaunen gerade nicht nur ihre erfrischend aufspielende Mannschaft - sondern auch einen neuen Torhüter aus Brasilien. Der könnte sogar Kevin Trapp gefährlich werden.
„Jeder, der im Stadion und für Eintracht Frankfurt war, hatte Freude, diese beiden auf dem Platz zu sehen“, sagte Trainer Dino Toppmöller schon nach dem ersten Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (3:1). Sportvorstand Markus Krösche schwärmte mehrmals vom „außergewöhnlichen Potenzial“ des Duos.
Nach drei Bundesliga-Siegen soll zum Europa-League-Auftakt gegen Viktoria Pilsen (Donnerstag 21 Uhr, RTL) der nächste Festtag zelebriert werden. Auf der internationalen Bühne warten in diesem Jahr noch Beşiktaş Istanbul, Rigas FS, Slavia Prag, FC Midtjylland und Olympique Lyon: Der Europa-League-Sieger von 2022 möchte ohne Umwege ins Achtelfinale einziehen. Dafür wird die Eintracht vermutlich auch Igor Matanovic, den dritten Angreifer, benötigen. Der 21-Jährige ist im Sommer von einer Leihe beim Zweitligisten Karlsruher SC zurückgekehrt, wo er sich mit 14 Saisontreffern empfahl. Und es ist davon auszugehen, dass der wuchtige Mittelstürmer angesichts der Terminhatz auch in Frankfurt bald auf noch mehr Einsatzzeiten und dann auch zu Toren kommen wird.
Manch einer fühlt sich bereits an die legendäre „Büffelherde“ erinnert
Der ein oder andere, den man gerade in Apfelweinkneipen antrifft, sieht bereits die nächste „Büffelherde“ über die Gegner hinweg rennen. Luka Jovic, Ante Rebic und Sebastian Haller nannte man einst so, das Trio schoss die Eintracht 2019 bis ins Europa-League-Halbfinale, ehe es sich kurz darauf in alle Winde zerstreute. Der damalige Macher Fredi Bobic holte mit André Silva mehr als nur Ersatz: Allein in der Bundesliga schaffte der Portugiese 40 Tore in zwei Spielzeiten. Danach stieg Randal Kolo Muani zur Attraktion auf, der beinahe Frankreich im WM-Finale 2022 zum Sieg geschossen hätte und 2023 am sogenannten Deadline Day für 95 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain weiterzog.
All diese Angreifer hatten im Frankfurter Stadtwald ein ideales Betätigungsfeld vorgefunden, weil sie hier ihre beste Sturm-und-Drang-Zeit erlebten. Eine mitunter anarchisch anmutende Offensive scheint seit Anthony Yeboah besonderes Merkmal am Main zu sein. Auch Toppmöller bremst nach einem schwierigen Premierenjahr niemanden mehr ein. Der Coach hat es aufgegeben, seinen Instinktfußballern in vorderer Linie Laufwege einzutrichtern.
Die filigranen Bewegungskünstler mit enormer Beschleunigung suchen und finden sich. Tempo und Technik machen den Unterschied. Vielleicht kein Wunder bei ihren prominenten Vorbildern: Der Ägypter Marmoush eifert seinem Landsmann und Volksheld Mo Salah nach und wäre deshalb im Sommer fast in die Premier League gewechselt. Der Franzose Ekitiké hat jüngst verraten, dass ihn der Brasilianer Neymar inspiriere: „Wenn es um Eleganz geht, ist er mein Lieblingsspieler.“ In der Geschmeidigkeit sind Parallelen unverkennbar.
Die Kaufoption für Ekitiké zu ziehen, war für SGE-Manager Krösche überhaupt keine Frage
Davon profitiert jetzt auch Marmoush, der in der Hinrunde vor einem Jahr zunächst als Stoßspitze aushalf, weil Ekitiké erst im Winter aus Paris kam; obwohl der 1,89 Meter große, aber eher leicht gebaute Hoffnungsträger damals in einer miserablen körperlichen Verfassung war und Anlaufzeit brauchte, war es für Manager Krösche überhaupt keine Frage, die Kaufoption zu ziehen. Zumal PSG für Abwehrmann Willian Pacho gleich wieder 40 Millionen Euro nach Frankfurt überwies.
Dennoch: Fast 20 Millionen Euro sind die größte Investition, die der Klub je für einen Kicker tätigte, zudem musste Ekitiké von seinen rund acht Millionen Euro Jahresgehalt abrücken. Nun sind alle Seiten zufrieden. Es könnte sogar sein, dass Ekitiké bald wieder auf Kylian Mbappé trifft, der ihm bei Paris den Weg in die Stammelf verbaute. Er wäre jedenfalls nicht der Erste, der sich über die Bundesliga für die Équipe Tricolore interessant macht. Im September hat der „kleine Schlawiner“ (Toppmöller) schon mal in Frankreichs U21-Nationalelf debütiert.