Süddeutsche Zeitung

Europa-League-Endspiel in Baku:Ein falscher Ort für ein Finale

Arsenals Henrikh Mkhitaryan reist nicht nach Baku, weil er um seine Sicherheit fürchtet. Es gibt mehr Gründe, die gegen Aserbaidschans Hauptstadt sprechen - doch der Uefa sind finanzielle Vorteile wichtiger.

Kommentar von Johannes Aumüller

Wenn der FC Arsenal in einer Woche in Baku das Europa-League-Endspiel gegen den FC Chelsea bestreitet, wird er auf einen wichtigen Akteur verzichten. Mittelfeldspieler Henrikh Mkhitaryan reist nicht mit. Zwischen seinem Heimatland Armenien und dem Final-Gastgeber Aserbaidschan gibt es wegen eines Streites um die Region Berg-Karabach seit Langem einen Konflikt; Klub und Spieler haben Angst, dass er das zu spüren bekommen würde.

Es ist mal wieder ein Paradebeispiel dafür, wie der angeblich apolitische Sport in Wahrheit höchst politisch ist. Europas Fußball-Union Uefa verweist zwar darauf, dass sie von den höchsten Behörden des Final-Landes Sicherheits-Garantien bekommen und sogar einen "umfassenden Sicherheitsplan" ausgearbeitet habe (ohne dass sie näher präzisiert, wie dieser ausgesehen habe). Und Aserbaidschan argumentiert, dass schon häufig armenische Spieler an Wettkämpfen im Land teilgenommen hätten - auch Mkhitaryan hätte antreten können. Aber Arsenal und der Spieler entschieden sich trotzdem anders. Nicht nur dieser Vorgang illustriert nun, dass Baku und Aserbaidschan einfach kein angemessener Ausrichter für solch eine Veranstaltung sind.

Es gibt viele Gründe dagegen; die zuletzt in England monierten organisatorischen Defizite (wie die kleinen Ticket-Kontingente von nur 6000 pro Final-Team) sind das geringste Problem. Aserbaidschan ist ein autoritär geführtes Land, in dem Menschenrechte und Meinungsfreiheit wenig zählen, aber die Führung die Bühne des Sports gerne für sich nutzt, von Fußball bis zur Formel 1. Erst am Mittwoch berichtete eine bekannte aserbaidschanische Journalistin von Einschränkungen für die Bevölkerung rund ums Europa-League-Finale. Auch die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan sind nichts Neues für die Sportwelt. Ein Duell zwischen den Ländern in WM- oder EM-Quali ist schon seit einiger Zeit ausgeschlossen; Mkhitaryan selbst verzichtete bereits auf Europapokal-Spiele in Aserbaidschan, etwa 2015, als er für Dortmund auflief.

Das alles hinderte die Uefa vor zwei Jahren nicht daran, das Finale nach Baku zu vergeben. Denn: Was sind das alles schon für Argumente angesichts der Tatsache, dass ein staatlich kontrolliertes aserbaidschanisches Energieunternehmen namens Socar zu den größten Uefa-Sponsoren zählte?

Es ist klar, dass das Thema die Uefa weiter verfolgen wird. Baku ist auch Spielort der EM 2020 (drei Gruppenspiele, ein Viertelfinale). Und auch der FC Arsenal könnte sich überlegen, ob es noch andere Möglichkeiten gibt, als nur seine Enttäuschung mitzuteilen, dass Henrikh Mkhitaryan in Baku nicht mitspielen wird.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4456582
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.05.2019/tbr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.