Europa League, Finale:Jagdszenen in Hamburg

Atlético Madrid gewinnt gegen den FC Fulham die Europa League - dabei kommt es in der Verlängerung zu einer skurrilen Jagd auf Diego Forlan.

David Bernreuther

Diego Forlan war nicht mehr aufzuhalten. Er schlug Haken, duckte sich, schlitterte über den Rasen. Gejagt wurde er nicht von seinen Gegenspielern, sondern von den Kollegen. Forlan hatte gerade das 2:1 in der Verlängerung erzielt und rannte nun vor den Mitspielern davon. Es war der Siegtreffer in diesem Spiel, Atlético Madrid ist damit der erste Sieger der Europa League.

Forlan, Reuters

Doppeltorschütze: Diego Forlan schoss Atlético Madrid mit zwei Toren zum Europa-League-Sieg.

(Foto: Foto: Reuters)

Vor 50.000 Zuschauern in Hamburg hatte es nach 90 Minuten durch Treffer von Forlan (32.) und Simon Davies (37.) 1:1 gestanden - und als die meisten Zuschauer in der Arena mit einem Elfmeterschießen rechneten (Fulhams Edelfan Hugh Grant etwa holte sich ein frisches Bier), da rannte Forlan seinem Gegenspieler davon und drückte eine Hereingabe über die Linie.

Eigentlich hatten die Einwohner der gastgebenden Stadt Hamburg von einem ganz anderen Finale geträumt. Der HSV sollte die Hauptrolle spielen und als erster Sieger der neuen Europa League hervorgehen. Als unterlegenen Finalisten hätten die Hamburger wohl gerne eine der großen europäischen Mannschaften gesehen: Liverpool, Valencia oder Juventus Turin zum Beispiel. Doch zwei Außenseiter sorgten dafür, dass es nicht so kam: Atlético Madrid schaltete auf dem Weg ins Endspiel Valencia und Liverpool aus, der FC Fulham eliminierte Juve - und im Halbfinale den HSV.

Uwe Seeler war deshalb der einzige Hamburger, der an diesem Mittwochabend den Rasen der Arena betreten durfte: Die HSV-Sturmlegende lief kurz Spielbeginn bedächtig aufs Feld und präsentierte mit leicht wehmütigem Blick den silbernen Pokal, der immer noch derselbe ist wie damals, als der Wettbewerb noch Uefa-Cup hieß. Dann mussten die Hamburger ihren Gästen endgültig das Feld überlassen, auch Uwe Seeler begab sich zu seinem Platz auf der Tribüne.

Von dort sah er ein Fußballspiel, das bereits nach wenigen Minuten Fahrt aufnahm - und dafür war zunächst einmal Madrid verantwortlich. Nach einem kapitalen Fehlpass von Fulhams Danny Murphy hatten die Spanier in der 16. Minute die erste große Chance: Sergio Agüero trieb den Ball mit Tempo auf die gegnerischen Verteidiger zu und passte im richtigen Moment zu seinen Sturmpartner Diego Forlan, der jedoch nur den Pfosten traf. Vier Minuten später versuchte es José Antonio Reyes mit einem direkten Freistoß, den Fulhams Torwart Mark Schwarzer sicher parierte.

Mitte der ersten Hälfte erhöhte Madrid nochmals das Tempo. Zunächst dribbelte Agüero zweimal über die linke Seite in den Strafraum und ließ Fulhams Verteidiger dabei ähnlich schlecht aussehen, wie das sein Schwiegervater, der große Diego Maradona, zu seinen besten Zeiten zu tun pflegte. Doch Agüero ist eben nicht Maradona, das merkte man spätestens in den Momenten, in denen seine Hereingaben die Mitspieler verfehlten.

In der 32. Minute dribbelte dann Reyes über die rechte Seite, umspielte mehrere Gegner und passte nach vorne. Über Simao kam der Ball zu Agüero, und nach dessen missglücktem Schuss schob Forlan den Ball aus kurzer Distanz ins Tor.

Entscheidung in der Verlängerung

Bis dahin hatte Fulham erst zweimal aus der Distanz aufs Tor geschossen und dem Madrider Torwart David de Gea damit keine ernsthaften Probleme bereitet. Und auch bei der nächsten Chance der Engländer sah es zunächst so aus, als müsse de Gea nicht eingreifen. Fulhams Sturmtank Bobby Zamora zögerte im Strafraum so lange, bis er den Ball verloren hatte. Die Aktion schien schon geklärt, doch dann flankte Zoltan Gera nochmals vor das Tor - und am langen Pfosten drosch Simon Davies den Ball zum 1:1 ins Tor (37.). Der Ausgleich war für Fulham zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaft - und er bremste den Schwung der Madrilenen.

In der zweiten Hälfte sah es dann so aus, als hätten die beiden Mannschaften die Rollen getauscht: Madrid war plötzlich vorwiegend mit Verteidigen beschäftigt, während Fulham aufs Tempo drückte. Nach einem langen Pass in die Spitze lief Gera alleine auf das Tor zu, er legte sich den Ball allerdings so weit vor, dass er nicht zum Abschluss kam. Wenig später kam Davies im Strafraum zum Schuss, Atléticos Torhüter de Gea tauchte allerdings blitzschnell in die Ecke ab und parierte.

So endete die beste Phase des FC Fulham ohne Torerfolg. Zwanzig Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit wurde das Spiel ruhiger. Fulham stand wieder so tief wie in der ersten Hälfte, Madrid agierte nicht mehr mit dem Tempo, dass nötig gewesen wäre, um Lücken in die kompakte Verteidigung zu reißen.

Nach 90 Minuten stand es 1:1, das Spiel ging in die Verlängerung - und Madrid bestimmte weiterhin das Geschehen. Weil Fulham aber nicht daran dachte, die defensive Grundordnung aufzugeben, ließ die erste klare Torchance bis zur 105. Minute auf sich warten: Forlan drang in den Sechzehner ein und legte von der Grundlinie zurück, doch weder Eduardo Salvio noch Agüero schafften es, den Ball ins Tor zu stochern.

Vier Minuten vor dem Ende der Verlängerung gelang Madrid dann der entscheidende Angriff: Agüero passte den Ball von der linken Seite nach innen, Forlan war einen Schritt schneller als sein Bewacher Brede Hangeland und spitzelte den Ball in die lange Ecke. Danach folgten die Jagdszenen - und hätte Forlan nicht von selbst gestoppt, hätte wohl einer der Ersatzspieler ein Lasso zücken müssen, um den zweifachen Torschützen einzufangen.

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