Süddeutsche Zeitung

Euroleague:Ins ferne Tatarstan

Die Basketballer des FC Bayern München stehen mit den Partien in Kasan und St. Petersburg innerhalb von drei Tagen vor dem ersten Härtetest der Saison.

Von Ralf Tögel

Es sind Dienstreisen wie diese, die einen Basketballprofi, sofern dieser beim FC Bayern München seinen Lebensunterhalt bestreitet, an den Rand seiner Kräfte führen können. Denn der Münchner Klub verdingt sich neben dem Alltagsgeschäft, der Basketball-Bundesliga (BBL), zusätzlich in der Euroleague. Dieser elitärste europäische Wettbewerb wird ebenfalls in einem Ligaformat ausgetragen, in 34 Hauptrundenpartien können sich die besten acht Mannschaften für die Playoffs qualifizieren. Und weil die 18 besten Mannschaften des Kontinents mitwirken, führt der Weg eben kreuz und quer durch Europa. Unter anderem nach Russland, wo die Münchner aus ökonomischen Gründen gleich zwei Auswärtsspiele in einer Woche austragen.

Erster Gegner ist an diesem Dienstagabend (18 Uhr) Unics Kasan, dafür muss der Münchner Tross in den Südwesten Russlands reisen; die Hauptstadt der halbautonomen Republik Tatarstan liegt knapp 2700 Kilometer Luftlinie von München entfernt. Weil diese Strecke mit einem Heißluftballon mehr als 50 Stunden Fahrzeit beanspruchen würde, haben sich die Münchner für ein handelsübliches Passagierflugzeug entscheiden, mit dem sie den Münchner Flughafen am Montag zur Mittagszeit verlassen haben. Die Rückkehr ist erst für den Freitag geplant, denn am Donnerstagabend führt die Bayern ihr zweites Euroleague-Gastspiel innerhalb von drei Tagen in das knapp 1200 nordwestlich von Kasan gelegene St. Petersburg (Spielbeginn 19 Uhr). Auch nach der Heimkehr bleibt keine Zeit zum Relaxen, denn bereits am Sonntag gastiert BBL-Konkurrent Gießen im heimischen Audi Dome (15 Uhr).

Trainer Andrea Trinchieri sieht sein Team angesichts der personellen Situation weiter im Überlebensmodus

Für dieses fordernde Programm haben die Münchner ihren Kader sowohl quantitativ wie auch qualitativ verstärkt, was aufgrund einiger Verletzter und an Corona erkrankter Spieler nur langsam zum Tragen kommt. Immerhin darf Trainer Andrea Trinchieri im fernen Russland auf alle Zugänge zurückgreifen, denn im europäischen Wettbewerb ist die Zahl der ausländischen Akteure nicht wie in der BBL auf sechs limitiert. Und gerade diese Spieler waren es, die auch beim jüngsten 96:80-Erfolg in der BBL gegen Braunschweig wieder vorangegangen waren: Darrun Hilliard, Deshaun Thomas, Corey Walden und Ognjen Jaramaz punkteten zweistellig. Auch die Rückkehr des lange verletzten Kapitäns Nihad Djedovic ist gelungen, der sich zwar selbst "noch nicht bei 100 Prozent" sieht, aber ebenfalls zweistellig traf.

Kasan hat sich als Eurocup-Finalist des Vorjahres die Qualifikation für die europäische Königsklasse verdient, war allerdings in zwei engen Spielen im zweithöchsten europäischen Wettbewerb Monaco unterlegen. Wie die Münchner haben auch die Russen die beiden ersten Partien verloren und werden bemüht sein, diesen Trend aufzuhalten. Zumal Trainer Trainer Velimir Perasovic etwas vollmundig das Final Four als Ziel ausgegeben hat. Trinchieri wähnt die Seinen angesichts der personellen Situation weiterhin im Überlebensmodus, man müsse weiter "von Spiel zu Spiel schauen". Freilich zählt Kasan nach den Niederlagen gegen Tel Aviv und Barcelona zu den vermeintlich leichteren Gegnern. Zwar stehen auch dort einige Akteure mit NBA-Erfahrung im Kader, was aber in der Euroleague Standard ist. In St. Petersburg dürfte die Aufgabe ungleich schwerer sein, denn das Team aus der Fünf-Millionen-Metropole scheiterte in der vergangenen Saison in der ersten K.-o.-Runde nur knapp am späteren Finalisten Barcelona und wurde weiter verstärkt. Außerdem haben beide Teams einen Vorteil: Sie werden die Bayern ausgeruht empfangen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5436695
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/lein
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.