Basketballer des FC BayernEin Sieg gegen schlechte Verlierer

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Nach oben soll es gehen: Nick Weiler-Babb will die Basketballer des FC Bayern in die Playoffs führen. Kleines Hindernis: Am Freitag muss bei Real Madrid gewonnen werden.
Nach oben soll es gehen: Nick Weiler-Babb will die Basketballer des FC Bayern in die Playoffs führen. Kleines Hindernis: Am Freitag muss bei Real Madrid gewonnen werden. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Der FC Bayern ringt Roter Stern Belgrad in einem nervenaufreibenden Spiel 97:93 nach Verlängerung nieder und kann nun gegen Real Madrid das Viertelfinale erreichen. Die Serben suchen die Schuld überall, nur nicht bei sich.

Von Ralf Tögel

Ioannis Sfairopoulos gab sich wirklich Mühe, als schlechter Verlierer dazustehen. Mit akkurat nach hinten gegeltem Haupthaar und grimmigem Blick saß der griechische Trainer von Roter Stern Belgrad empört in der Pressekonferenz und schob alle Schuld für die gerade erlittene 93:97-Niederlage nach Verlängerung gegen die Münchner Basketballer von sich und den Seinen. Das Foul an Bayern-Center Devin Booker, 16 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit? Eine Farce, eigentlich ein Foul von Booker. Hätten die Schiedsrichter richtig entschieden, „das Spiel wäre gelaufen gewesen“. Zu seinen Gunsten selbstredend. Die vier verworfenen Freiwürfe der Belgrader allein in der Verlängerung, die zum neuerlichen Ausgleich genügt hätten? Kein Thema. Die Botschaft des Belgrader Trainers war klar: Der ganze Verein mitsamt den tollen Fans war betrogen worden.

Seltsamerweise waren auch diese Fans kein Thema in der larmoyanten Einlassung des Griechen. Dass der harte Kern der serbischen Anhängerschaft schon vor dem Spiel Bierbecher auf die Zuschauer vor ihnen geworfen hatte? Geschenkt. Dass sie sich nach dem ersten Viertel sogar untereinander prügelten? War da was? Wenn es schon keine Entschuldigung von Offiziellen für diese Krawallbrüder gab, deren Verhalten in ganz Europa bekannt ist, hätte der Belgrader Coach doch ein Lob an die hiesigen Polizeikräfte aussprechen können. Die zeigten mit mehreren Dutzend Beamten angemessen Präsenz, hielten sich aber nach ihrem Eingreifen deeskalierend im Hintergrund. Etwa als sie die Prügelei schnell und unkompliziert beendeten, indem sie die größten Randalierer herauspickten und abführten – und danach wieder aus dem Sichtbereich der Störer gingen.

Stattdessen legte Zeljko Drcelic in einem serbischen Sender nach, wie das Internetportal Basketball World erfuhr. Der Präsident von Roter Stern fabulierte von einer Verschwörung, sein Team werde immer benachteiligt. Wie aggressiv sich die serbischen Offiziellen am Spielfeldrand gegenüber den Referees benahmen, verschwieg er. Dafür nannte er das Verhalten von Bayern-Trainer Gordon Herbert eine Schande, der sich nach der Schlusssirene mit dem serbischen Nationalspieler Nikola Kalinic ein Wortgefecht geliefert hatte. Dass dem Bayern-Trainer kurz vorher ein Bierbecher an den Schädel gescheppert war, erwähnte er nicht. Auch nicht, dass Kalinic von Teamkollegen zurückgehalten werden musste, damit er dem Bayern-Coach nicht an den Kragen geht.

FCB-Trainer Gordon Herbert will nicht nachtreten. Das Wortgefecht mit Kalinic? Es ging um die Eishockey-Playoffs

Herbert indes wollte partout nicht nachtreten. Die Eskalation mit Kalinic? „Was? Wir haben uns über die Eishockey-Playoffs unterhalten.“ Thema erledigt. Viel lieber wollte der Kanadier über seine Mannschaft reden, als sich mit Nebenschauplätzen zu beschäftigen. Etwa über den überragenden Nick Weiler-Babb, der 15 Punkte und die Pointe der Partie beisteuerte. Sekunden vor dem Ende warf er in höchster Not den Ball über den Kopf und mit dem Rücken zum gegnerischen Korb über das gesamte Spielfeld, wo ihn Booker in Empfang nahm und vor den serbischen Fans mit wilder Geste in den Korb hämmerte. Münchens Topscorer (26 Punkte) wähnte sogar höhere Mächte im Spiel: „Ich wusste einfach, er wirft diesen Ball. Etwas hat mir gesagt, geh nach vorn, der Ball findet dich schon irgendwie. Nick hat mich gefunden, ich hab ihn gestopft.“ Es war die Vorentscheidung zum 94:89, als noch 16 Sekunden zu spielen waren.

Herbert redete auch lieber über Münchens Toptalent Ivan Kharchenkov, der in der ersten Halbzeit maßgeblich daran beteiligt war, dass die Serben nicht zu weit enteilten: „Ivan gab uns Energie, als wir sie dringend benötigten.“ Und elf Punkte, die den Rückstand zur Pause mit 39:46 Punkten im überschaubaren Bereich hielten. So konnte Herbert jene „Resilienz dieses Teams“ loben, die den verdienten Sieg sicherstellte: „Wir waren am Boden, sind zurückgekommen, waren wieder down und sind wieder aufgestanden. Um dann noch mal alles zu geben in der Overtime – dieser Sieg bringt uns noch näher zusammen.“

Münchens Unterschiedsspieler: Carsen Edwards (vorn) ist nicht nur Topscorer, er kämpft auch um jeden Ball.
Münchens Unterschiedsspieler: Carsen Edwards (vorn) ist nicht nur Topscorer, er kämpft auch um jeden Ball. (Foto: Sportworld/Imago)

Für die Serben, für deren Furor Münchens serbischer Spielführer Vladimir Lucic eine simple Erklärung hatte, ist die Euroleague-Saison beendet. Lucic spielte jahrelang für den ungeliebten Lokalkonkurrenten Partisan, kennt die meisten Spieler aus dem Nationalteam: „Roter Stern hat viel Geld investiert und gute Spieler geholt. Das erklärte Ziel waren die Playoffs, das haben sie noch nie geschafft. Sie hatten viel Druck, und dann so zu verlieren, da kochen die Emotionen schon mal über. Ich habe das oft erlebt.“

Über Carsen Edwards musste FCB-Trainer Herbert erst gar nicht reden. Der flinke US-Guard ist in dieser Saison der Unterschiedsspieler, ohne ihn und seine 17 Punkte hätten die Bayern auch das erste Playin-Spiel in der Euroleague ihrer Vereinsgeschichte nicht erfolgreich überstanden.

Bereits am Karfreitag steht die zweite und entscheidende Playin-Partie bei Real Madrid an, das überraschend zu Hause gegen Paris verlor. Genug Zeit, um sich von diesem kräfteraubenden Drama zu erholen, findet Lucic: „Das sind wir gewohnt. Nach einem freien Tag werden wir uns langsam vorbereiten“. Coach Herbert hofft auf einen Schub aus dem Triumph: „Die Spieler müssen sich erholen, entspannen, sich behandeln lassen. Mental können wir nach dem Sieg nicht erschöpft sein.“

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