Erste Einigung im NBA-Streit:Weihnachten ist gerettet

Die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA verkündet eine Einigung im Tarifstreit, ein verspäteter Saisonstart ist nun möglich. Einige Spieler reagieren aufgeregt wie kurz vor der Bescherung. Ganz im Gegensatz zu Europa: Dirk Nowitzki und Kollegen bleiben wohl in den USA.

Jürgen Schmieder, Detroit

LeBron James war natürlich einer der ersten, der einen Kommentar abgab. Am Sonntagmorgen um drei Uhr verkündete die nordamerikanischen Basketball-Liga eine vorläufige Einigung im Tarifstreit, nur wenige Minuten später stand ein Eintrag auf James' Twitter-Seite: "Ich bin gerade aufgewacht und sehe: Es gibt eine Einigung. Ich fühle mich wie meine Kinder an Weihnachten. Ich bin so aufgeregt!"

Miami Heat v Dallas Mavericks - Game Five

Es kann wieder losgehen: Jason Terry, Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks können vermutlich das Projekt Titelverteidigung starten.

(Foto: AFP)

Der Aufbauspieler der Miami Heat war während der Aussperrung zu einer Art Ein-Mann-Ersatz-Unterhaltung geworden: Er wolle Football in der NFL spielen, hatte er angekündigt - und trainierte sogleich bei seiner alten High School mit, um Profiklubs auf sich aufmerksam zu machen. Er hatte erklärt, auch beim Computerbasketball der beste Akteur der Welt zu sein. Er hatte 35 Dollar Eintritt für ein Trainingsspielchen zwischen ihm und Kollege Carmelo Anthony verlangt - die Hallen waren zu einer Überraschung nicht ausverkauft.

James fühlt sich nun also wie an Weihnachten. Das ist gar nicht mal unpassend, soll die kommende Saison doch - falls Teambesitzer und Spieler der Einigung in der kommenden Woche zustimmen - am 25. Dezember beginnen. In der regulären Saison soll es 66 statt der üblichen 82 Spiele geben, die Ausscheidungsrunde eine Woche später als geplant beginnen, jedoch ohne Kürzung stattfinden. Es heißt, dass die Finalisten der vergangenen Saison, die Dallas Mavericks und die Miami Heat, die kommende Spielzeit in Dallas eröffnen werden.

Ein Saisonstart um Weihnachten ist aber auch deshalb wichtig, weil die NBA in diesem Zeitraum traditionell außerordentlich hohe Einschaltquoten verzeichnet. Die Baseball-Saison ist lange genug vorbei, die reguläre Saison der Profi-Footballer beendet, am College wird erst an Silvester und Neujahr wieder gespielt. Wohl auch deshalb erhielten die Verhandlungen am Samstag nach 149 Tagen der Aussperrung einen zusätzlichen Schub: Eine Saison, die erst nach Weihnachten beginnt - wie in der Spielzeit 1998/99 -, würde das Image der Liga noch mehr beschädigen. 'Wir müssen vor Weihnachten beginnen, sonst ist diese Saison eine verlorene", hatte NBA-Boss David Stern stets betont.

Spieler und Teambesitzer haben nun seit fast zwei Jahren über einen neuen Tarifvertrag verhandelt. Zuletzt gab es die Aussperrung, gegenseitige Schuldzuweisungen, die Auflösung der Spielergewerkschaft, die Androhung zahlreicher Klagen. Es ging um komplizierte Einzelheiten, die der interessierte Basketballfan auf der offiziellen Homepage der Liga nachlesen kann.

Weniger Geld für die Top-Spieler

Die bedeutenden Eckpunkte der Einigung indes lassen sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Die Akteure werden künftig statt 57 Prozent der Gesamteinnahmen von etwa vier Milliarden Dollar nur noch zwischen 49 und 51 Prozent erhalten - was durchaus Sinn macht in einer Liga, in der die Vereine in der vergangenen Saison einen Verlust von insgesamt 300 Millionen Dollar verzeichnet hatten. Zudem soll die Laufzeit von Verträgen verkürzt werden, um zu verhindern, dass sich Spieler auf langfristigen und gut dotierten Verträgen ausruhen.

Die Vereine verpflichten sich im Gegenzug dafür, in den kommenden zwei Jahren mindestens 85 Prozent, danach mindestens 90 Prozent der Gehaltsobergrenze von 58 Millionen Dollar für Spielergehälter aufzuwenden (bisher 75 Prozent). Das bedeutet: Ein Verein muss den Spielern im Kader in der kommenden Saison mindestens 49,3 Millionen Dollar bezahlen, ein Billig-Team soll dadurch nicht mehr möglich sein.

Diese Regel soll dazu führen, dass die Gehaltsunterschiede zwischen den Topverdienern und den Nicht-ganz-so-viel-Verdienern nicht mehr so groß sind wie bisher - und dass es für talentierte Spieler durchaus lukrativ sein könnte, von den Vereinen in den Metropolen zu so genannten Small-Market-Teams wie den Indiana Pacers oder den Milwaukee Bucks zu wechseln. "Ich bin froh, dass die Spieler wenigstens einige ihrer Punkte durchsetzen konnten", sagt Miamis Spielmacher Dwayne Wade, "durch meinem Kopf schwirrt derzeit nur ein Wort: Endlich!"

Die Einigung vom Samstag ist ein wichtiger Schritt, damit die Saison am 25. Dezember starten kann - eine Garantie für ein Ende des Streits ist sie indes noch nicht. "Ich bin froh, dass die Aussperrung fast vorbei ist", sagt der derzeit vereinslose Jason Richardson, "aber ich hoffe, dass alle Spieler auch das Kleingedruckte lesen, bevor sie der Einigung zustimmen." Die Twitter-Nachricht von Dirk Nowitzki klang deshalb auch noch ein wenig zurückhaltend: "Die NBA ist zurück? Das sind gute Nachrichten!"

Nowitzki wird also vermutlich nicht für einen deutschen Klub auflaufen, auch Tony Parker dürfte sein Engagement beim französischen Erstligisten ASVEL Villeurbanne beenden, um am 9. Dezember das Training bei den San Antonio Spurs aufzunehmen. Delonte West von den Boston Celtics muss nicht mehr in einem Möbelhaus arbeiten, Lamar Odom von den Los Angeles Lakers nicht mehr so oft in der Trash-TV-Serie seiner Frau Khloe Kardashian mitspielen. Einer der schönsten Nebeneffekte der Einigung allerdings ist: LeBron James hört endlich auf zu twittern und spielt wieder Basketball.

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