Eröffnung des Fußballmuseums:Wundern über Theo Zwanziger

Gala zur Eröffnung des Deutschen Fußballmuseums

Steht weiter zu Wolfgang Niersbach: Bundestrainer Joachim Löw

(Foto: dpa)
  • Bei der Eröffnungsgala des Fußballmuseums gibt sich die deutsche DFB-Familie vereint und wundert sich über die neuesten Aussagen von Theo Zwanziger in der Affäre um die WM 2006.
  • Franz Beckenbauer und Günter Netzer bleiben der Feier fern.
  • DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wirkt gelöster als in den Tagen davor.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Mit fiependen Megafonen und schrillen Trillerpfeifen standen wütende Menschen vor dem neuen Fußballmuseum am Dortmunder Hauptbahnhof. Sie demonstrierten mit Lärm und überdimensionalen Plakaten gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Doch diese Demonstranten hatte andere Motive als all jene, die sich derzeit um die Rechtmäßigkeit bei der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland sorgen. Diese Demonstranten hatten etwas dagegen, dass der DFB auf dem dafür auserkorenen Areal in Frankfurt sein neues Hauptquartier bauen will. "Finger weg von der Galopp-Rennbahn", stand auf den Plakaten. Dieser Widerstand, mit Verlaub, juckt beim DFB zurzeit niemanden so richtig.

Auf einem von Blitzlicht und lächelnden Gesichtern geprägten roten Teppich des deutschen Fußballs war am Freitagabend "Entschlossenheit" das meistgebrauchte Wort. Vermutlich auch deshalb, weil der DFB diesen Eindruck zuletzt vermissen ließ. Mit aller Entschlossenheit wolle man die Korruptionsgerüchte um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 ausräumen, sagten die Mitglieder des Präsidiums wie auswendig gelernt.

Löw sagt: "Ich vertraue Niersbach zu 100 Prozent"

Als der Präsident Wolfgang Niersbach das Museum zur Eröffnungsgala betrat, blitzten die Lichter wie in einem heftigen Gewitter. Niersbach hatte am Nachmittag in einem Dortmunder Hotel eine dreistündige Krisensitzung des Präsidiums unbeschadet überstanden und ausdrücklich das Vertrauen ausgesprochen bekommen. "Unsere Freude wurde in den letzten Tagen getrübt, weil man versucht, einen Schatten auf unsere WM 2006 zu werfen", sagte Niersbach in seiner Eröffnungsrede vor etwa 500 herausgeputzten Ehrengästen mit meist klangvollem Namen. "Das tut weh, aber wir wollen diese Dinge mit aller Entschlossenheit aufklären." Bundestrainer Joachim Löw sagte auf dem roten Teppich: "Ich vertraue Wolfgang Niersbach zu 100 Prozent."

Prominente Hüllen der deutschen Fußballgeschichte schmücken das Fußballmuseum, doch drei Helden, die diese Devotionalien einst mit Leben ausfüllten, blieben der Eröffnungsgala am Freitagabend fern. Ein Trikot von Franz Beckenbauer, Schuhe von Günter Netzer und ein Sombrero von Uwe Seeler hängen, romantisch beleuchtet, im zweiten Stock des Museums, doch Beckenbauer, Netzer und Seeler mieden die Eröffnungsgala im Untergeschoss. Der deutsche Fußball, der hier mit 1600 exklusiven Exponaten gefeiert wird, steckt ausgerechnet zur Eröffnung seines Museums als kollektivem Gedächtnis in seiner vielleicht schwersten Krise. "In der über einhundertjährigen Geschichte des deutschen Fußballs gibt es ein paar schwarze Punkte, und durch einen davon gehen wir momentan", sagte Oliver Bierhoff als Manager der Nationalmannschaft.

Niersbach wirkt gelöster als in den Tage davor

Bierhoff findet Zwanzigers Vorpreschen "seltsam"

Das DFB-Präsidium hatte zuvor nach dreistündiger Krisensitzung euphemistisch verkündet, "den eingeschlagenen Weg der umfassenden, lückenlosen Aufklärung konsequent weiterzuverfolgen". Im Rahmen dieser "umfassenden, lückenlosen Aufklärung" hatte Niersbach am Donnerstag im Frankfurter DFB-Hauptquartier eine mysteriöse und nebulöse Pressekonferenz gegeben, die kontraproduktiv war und noch viel mehr Ungereimtheiten evozierte. Die Erklärungskompetenz liegt jetzt primär bei Beckenbauer, der die Eröffnungsgala deshalb ebenso sausen ließ wie Netzer. Beide wollten dem Vernehmen nach der Thematik rund um die WM-Vergabe 2006 entgehen, Seeler hat offiziell aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Die heftigsten Reaktionen riefen im Fußballmuseum die neuesten Aussagen des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger hervor, der dem Spiegel gesagt hat, es habe damals im Vorfeld der WM 2006 definitiv eine schwarze Kasse gegeben und nach seinem Dafürhalten lüge Niersbach diesbezüglich. "Seltsam", findet Bierhoff, "dass Herr Zwanziger das in seiner Amtszeit nicht thematisiert hat, aber wahrscheinlich hatte er da auch noch andere Interessen zu verfolgen."

Generalsekretär Helmut Sandrock wurde noch deutlicher: "Ich muss wirklich an mich halten, wenn ich nur daran denke, dass Doktor Zwanziger jene Vorwürfe, die er heute erhebt, schon in seiner Amtszeit hätte angehen können - ich frage mich, warum er das nicht getan hat."

Angstkultur unter Zwanziger

Sandrock erinnerte sich zudem mit demonstrativem Schrecken an die Amtszeit des Präsidenten Zwanziger: "Wir hatten unter Zwanziger so etwas wie eine Angst- und Vertrauenskrise im DFB, das war keine Mitarbeiterkultur, das war eine Angstkultur, und die haben wir auch dank Wolfgang Niersbach überwunden." Schon deshalb stehe man geschlossen hinter dem Präsidenten Niersbach.

Vielleicht auch deshalb wirkte der 64-Jährige am Freitagabend ein kleines bisschen gelöster als zuvor im Laufe der Woche, als er sowohl bei der Präsentation des Museums für die Medien am Montag als auch bei seiner Pressekonferenz am Donnerstag äußerst zerknirscht ausgesehen hatte. Zum Abschluss der Woche sprach Niersbach dann - natürlich - noch einmal von Entschlossenheit. "Wir werden diese Dinge mit aller Entschlossenheit aufklären", sagte er, "das sind wir Deutschland, dem deutschen Fußball und uns selbst schuldig."

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