Es war wie in alten, den besseren Zeiten: Mehr als 25 000 Menschen pilgerten am Sonntagabend zum Saisonauftakt ins Maksimir-Stadion, um Dinamo Zagreb gegen Hajduk Split zu sehen. Komplette Familien und sogar die Bad Blue Boys bevölkerten die Ränge, die mächtige Fanvereinigung von Dinamo. Dieses Bild gab es seit Jahren nicht mehr. Aus Protest gegen die Umtriebe der Spitzenfunktionäre des Traditionsklubs waren Dinamos Heimspiele gemieden worden; dort verloren sich wenige hundert Fans. Doch wenn am Mittwoch der CS Fola Esch aus Luxemburg zur Qualifikation für die Champions-League-Gruppenphase in Zagreb gastiert, wird es mehr Zuschauer geben. Es gibt ja nun Hoffnung auf Veränderung - sie lockt die Dinamo-Fans zurück ins Maksimir.
Seit zehn Tagen sitzen die mächtigsten Männer des kroatischen Fußballs in Untersuchungshaft. Nicht mal das Angebot, seine 2,5 Millionen Euro teure Villa als Kaution zu geben, bewahrten Zdravko Mamic und seinen Bruder Zoran vor dem Gefängnis: Das Gericht befürchtet Zeugenbeeinflussung. Zdravko Mamic, seit 2003 Präsident des Serienmeisters Dinamo Zagreb, Vizepräsident und Exekutivdirektor im kroatischen Fußballverband (HNS), gilt als stiller Patron des nationalen Fußballs. Zoran, ehemals Bundesligaprofi bei Bayer Leverkusen, war Manager Dinamos und ist nun Trainer.
Die Justiz wirft dem Duo Bereicherung, Steuerhinterziehung und weitere kriminelle Machenschaften vor. Sie sollen vor allem bei Auslandstransfers von Dinamo-Profis Millionen veruntreut haben. In Haft sitzt auch ein Finanzbeamter, der bestochen worden sein soll. Ermittelt wird zudem gegen HNS-Generaldirektor Damir Vrbanovic, der einst an der Dinamo-Spitze arbeitet. Doch im Verband gilt er ebenso als Marionette Zdravko Mamics wie der Verbandschef: Davor Suker.
Verknüpfungen mit dem Fifa-Bestechungsskandal
Kroatische Ermittler spüren Mamic seit langem nach. Ernst wird es jetzt auch, weil Teile der zuständigen Korruptions-Sondereinheit USKOK von amerikanischen Spezialisten trainiert werden. Die nationale Polizeispitze soll über die Zugriffe Anfang des Monats spät informiert worden sein; Premierminister Zoran Milanovic erklärte sogar, nichts von Ermittlungen gegen Mamic gewusst zu haben.
Das passt ins Bild: Insidern zufolge spielen die seit etwa 2010 laufenden Ermittlungen des FBI gegen Funktionäre des Weltverbands Fifa auch im Kontext des Mamic-Falles eine Rolle. Frühzeitig sind bei den weltumspannenden Untersuchungen der US-Bundespolizei Geschäfte in Osteuropa ins Visier geraten. Nach SZ-Informationen prüft das FBI auch Aktivitäten im Glücksspielgeschäft, Kasino-Beteiligungen kroatischer Hinterleute in Spanien und anderswo sowie Geldflüsse bei Spielmanipulationen. Auch solche, die im Zuge der Bochumer Ermittlungen auftraten.
Bei diesen Arbeiten rückte die zentrale Geldquelle des Profibetriebs in den Fokus der Fahnder: der Transfermarkt. Schon lange steht der Mamic-Clan im Verdacht, sich bei Dinamo systematisch zu bereichern. Der Verkauf von Stars wie Luka Modric, Mario Mandzukic, Ivica Olic, Vedran Corluka und anderer spielte seit Mamics Amtsantritt mehr als 120 Millionen Euro ein; insgesamt soll der Bruder-Clan laut kroatischen Medien Klub und Staat um rund 30 Millionen Euro geprellt haben.