Süddeutsche Zeitung

Zusammenbruch von Christian Eriksen:"Es war ein Herzstillstand"

Der dänische Mannschaftsarzt gibt Details zum Zusammenbruch von Christian Eriksen bekannt. Der Nationalspieler ist ansprechbar und bleibt im Krankenhaus. Trainer Hjulmand bedauert mit einem Tag Abstand die Spielfortsetzung.

Dänemarks Nationalspieler Christian Eriksen geht es einen Tag nach seinem Zusammenbruch im EM-Spiel gegen Finnland "den Umständen entsprechend okay. Sein Zustand ist weiter stabil", sagte der dänische Mannschaftsarzt Morten Boesen am Sonntag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Trainer Kasper Hjulmand und dem Sportdirektor Peter Möller. Alle medizinischen Tests beim 29-jährigen Mittelfeldspieler von Inter Mailand seien bereits absolviert worden. "Sie waren gut", sagte Boesen.

Auf dem Platz schwebte Eriksen allerdings in akuter Lebensgefahr. "Er war schon weg. Es war ein Herzstillstand", sagte Boesen und verwies dabei auf Herzspezialisten. "Wir haben ihn mit Hilfe eines Defibrillator-Einsatzes zurückbekommen. Und das relativ schnell", berichtete Boesen weiter. Der Mannschaftsarzt von Christian Eriksens Arbeitgeber Inter Mailand sagte, dass es keine Hinweise auf Vorerkrankungen gegeben habe. "In Italien gibt es sehr strenge Kontrollen", sagte Piero Volpi der Gazzetta dello Sport am Sonntag.

Sportdirektor Möller erzählte, dass das gesamte dänische Team am Sonntag eine Videokonferenz mit Eriksen im Krankenhaus abgehalten habe. "Das war eine riesige Erleichterung für die Spieler, die Möglichkeit zu haben, mit Christian zu sprechen", sagte er. "Es war das Schönste für mich, Christian lächeln zu sehen", ergänzte Trainer Hjulmand.

Dänemarks Trainer Hjulmand kritisiert Spielfortsetzung

Im EM-Vorrundenspiel zwischen Dänemark und Finnland (0:1) war Eriksen kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit auf dem Rasen zusammengebrochen und regungslos liegengeblieben. Sofort herbeigerufene Helfer leiteten lebensrettende Maßnahmen ein. Eriksen wurde ins Krankenhaus transportiert, wo sich sein Zustand nach Angaben des dänischen Verbandes stabilisierte.

Hjulmand bereute mit einem Tag Abstand, das EM-Spiel noch am Samstagabend fortgesetzt zu haben. "Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass wir wieder auf dem Platz hätten sein sollen", sagte der frühere Bundesliga-Coach von Mainz 05. "Es war die falsche und eine harte Entscheidung, die Spieler zwischen diesen beiden Dingen entscheiden zu lassen: Am selben Abend oder am nächsten Tag um 12 Uhr zu spielen. Vielleicht hätten wir einfach in den Bus steigen sollen und dann gucken, was am nächsten Morgen ist. Das ist mein Gefühl."

Ähnlich hatten sich bereits die dänischen Fußball-Legenden Michael Laudrup und Peter Schmeichel geäußert. Auch Sportdirektor Möller teilte diese Kritik auf dem Podium. "Ich habe keinen Druck der Uefa verspürt. Aber Fußball ist nicht die Welt."

Am Sonntag heißt es nach SZ-Informationen im Uefa-Führungszirkel, die Verbandsspitze habe zunächst die Fortsetzung der Partie am Sonntag vorgeschlagen, nicht: entweder oder. Explizit, um keinen Druck auszuüben. Aber dann seien Uefa-Matchdelegierte und auch Generaldirektor Theodor Theodoridis in persönlichen Gesprächen mit den Spielern überzeugt worden, dass diese lieber direkt weiterspielen wollten. Die finale Entscheidung sei dann telefonisch mit Uefa-Präsident Aleksander Ceferin erfolgt, der beim Spiel in Sankt Petersburg weilte.

Eriksens Lächeln gibt Spieler "einen riesigen Boost"

Die dänische Nationalmannschaft wird weiter an der EM teilnehmen. "Die Spieler möchten das Turnier zu Ende spielen", sagte Peter Möller. Trainer Hjulmand führte aus, dass die Mannschaft nun "für Christian spielen" wolle. Man werde ab Montag versuchen, wieder so gut es geht zur "Normalität" zurückzukehren, so der Coach weiter: "Wir werden versuchen, alles so normal wie immer zu machen. Dann werden wir unser Bestes gegen Belgien geben."

Die Gespräche mit Krisenpsychologen hätten dem Team enorm geholfen, am wichtigsten sei aber der Kontakt zu Eriksen gewesen. "Das Gespräch mit Christian hatte großen Einfluss auf die Spieler. Alle haben einen riesigen Boost erhalten, als sie ihn lachen gesehen haben", sagte Möller. Hjulmand ergänzte: "Wir haben sein Lächeln auf dem Bildschirm gesehen, und er hat uns gefragt, wie es uns geht. Das ist typisch Christian, dass er mehr an andere denkt als an sich."

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