Erfolgsserie des FC Bayern:Phantasten auf allen Positionen

FC Bayern Muenchen - Training Session

Grübler, Revolutionär, Taktik-Nerd: Pep Guardiola beim Training.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Eine problematische Saison, wie im Sommer prophezeit? Von wegen! Die Bayern dominieren die Liga wie nie zuvor - auch, weil die Führung um Sammer und Guardiola vieles richtig macht. Fünf Gründe für die herausragende Hinrunde.

Von Benedikt Warmbrunn

Herr Sammer, jetzt, da bald Weihnachten ist, vielleicht ein paar lobende Worte über diese Hinrunde ihrer Mannschaft: 14 Siege, drei Unentschieden, keine Niederlage, der bisher größte Vorsprung in der Winterpause, eine fast schon unerhörte Dominanz des FC Bayern in der Bundesliga? Matthias Sammer, der Sportvorstand, drückte nach dem 2:1 am Freitagabend in Mainz die Augenbrauen zusammen, dann sagte er: "War okay."

War okay? Nun gut. Dann eben erst einmal kein Lob. Sondern eine SZ-Halbzeit-Analyse, so wie sie auch Sammer angehen würde. Als Aufzählung.

Matthias Sammer

Ganz Fußball-Deutschland rätselt über seine wahre Bedeutung für den FC Bayern. Sammer rätselt natürlich nicht. In der vergangenen Woche hat er in einem Interview einen kleinen Einblick gegeben. Er decke Seiten von jedem Spieler auf, "die zuvor nicht einmal der Spieler selbst als eine Stärke erkannt hat". Sammer mahnt, kritisiert, umarmt, motiviert. Und manchmal lobt er dann doch, so auch nach dem 2:1 in Mainz: "Phantastischer Trainer, phantastische Spieler, phantastische Mentalität und kluge Entscheidungen der Vereinsführung." Also weiter in der Aufzählung.

Phantastischer Trainer

Phantastischer Trainer Pep Guardiola: Grübler, Revolutionär, Taktik-Nerd. Vertieft sich tagelang in die unergründlichen Windungen seines Gehirns. Versteht dann jedes Mal die Fußball-Welt wieder ein bisschen besser. Und die Fußball-Welt staunt. Die Umstellung von einer Vierer- auf einer Dreierkette in der Abwehr hat die Dominanz im Mittelfeld noch weiter erhöht. Inzwischen wechseln die Spieler selbstständig während des Spiels ihre Positionen so fließend, dass nur noch schwer auszumachen ist, ob das Team nun mit drei oder vier Spielern verteidigt.

Selbst gegen Mainz, eine Elf, die mitspielte wie kaum ein Gegner in der Hinrunde, hatte der FC Bayern noch knapp 65 Prozent Ballbesitz. Weitere Ideen aus Guardiolas Gehirnwindungen: Robben als Spielmacher, der 17 Jahre alte Gaudino vor der Abwehr, Mittelstürmer Lewandowski als Linksaußen. Und so weiter. Ging alles auf, und wenn nicht, war's auch nicht schlimm.

Phantastische Spieler

Elf Spieler fehlten in Mainz verletzt, darunter Angreifer Lewandowski, Metronom Alonso und Martínez, der im Sommer einmal als Chef der Dreierkette eingeplant war. Zu sehen war hauptsächlich, wie der phantastische Alonso das Spiel der Mannschaft prägt, als geschickter Ballverteiler an der Mittellinie, mit unerhört vielen Ballkontakten. Er war nicht zu ersetzen. Warum der FC Bayern dennoch gewann? Ein Freistoßtor des phantastischen Schweinsteiger. Eine Glanztat des weitgehend phantastischen Torhüters Neuer. Ein spätes Last- Minute-Tor des phantastischen Robben (noch ein Sammer-Lob: "Weltklasse"). Die Verletzten, was hat das ausgemacht? Arjen Robben sagte, und das klang wie eine Drohung: "Wir haben nicht so viel rotieren können wie sonst in der Hinrunde."

Es kam anders als alle sagten

Phantastische Mentalität

Mentalität - ein wichtiges Sammer-Wort, fehlt in keiner Aufzählung. Dennoch besonders kennzeichnend für den FC Bayern in dieser Hinrunde, die ja unter so schlechten Voraussetzungen stand: langer Urlaub der WM-Teilnehmer, viele Verletzte (siehe: phantastische Spieler), neue Taktik (siehe: phantastischer Trainer), Transferpolitik (siehe: kluge Entscheidungen der Vereinsführung). Robben erinnerte am Freitag daher an den Start im August: "Alle haben gesagt: Die kriegen ein Problem." Dass es anders kam, liegt auch an der unerhörten Gier, mit der selbst die sechs Weltmeister aus dem Urlaub zurückkamen.

Die Mannschaft denkt wie ihr Trainer, sie will ein Spiel nicht gewinnen, sie will es dominieren. Von der ersten bis zur letzten Minute. Die Mannschaft schießt auch weiter Last-Minute-Tore wie in Mainz. Eigentlich ist sie dafür aber zu ungeduldig geworden. Sie weiß, dass sie ein Spiel bis zur Halbzeit bereits entschieden haben kann. Warum es also unnötig spannend machen? Dazu noch mal Sammer in Mainz: "Wir sind heute belohnt worden, weil wir lange Zeit überragend gearbeitet haben."

Kluge Entscheidungen der Klubführung

Lange eine Schwäche des FC Bayern: der Nottransfer. Weswegen er nun abgeschafft wurde. Im Verein sprechen sie stattdessen von "reaktiven" Transfers. Im Sommer etwa, nach all den Verletzungen. Es kam Xabi Alonso - und bestimmte von der ersten Minute an den Stil der Mannschaft. Dazu Medhi Benatia für angeblich 30 Millionen Euro - das Festgeldkonto ist so prall gefüllt, dass solche Summen auch bei reaktiven Transfers möglich sind.

Lange eine weitere Schwäche der Bayern: der Perspektivtransfer. Glückte nur selten, oft über den Umweg der Leihe. Nun aber hat sich der 21 Jahre alte Spanier Juan Bernat nach anfänglichen Schwierigkeiten als feste Größe im Team etabliert; im vorletzten Spiel 2014 gegen Freiburg war er der beste Mann auf dem Platz, im letzten Spiel 2014 in Mainz führte sein letzter gieriger Vorstoß zum Siegtreffer. Dazu Sammer: "Großes Kompliment. Er macht das phantastisch." So sehr gefallen der Vereinsführung nun diese Perspektivtransfers, dass sie sich ernsthaft gute Chancen ausrechnet im internationalen Werben um den 16 Jahre alten Norweger Ødegaard.

Fazit

Herr Sammer? "Wir sind überglücklich. Wir sind zufrieden." Herr Sammer, keine letzte Mahnung? Ein Lächeln. Mehr nicht.

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