Erfolg im Ryder Cup:Und dann macht Kaymer die Säge

Singles Matches - 2014 Ryder Cup

Martin Kaymer: Wichtig beim Erfolg im Ryder Cup

(Foto: Getty Images)

Der Schrei von Tausenden Fans füllt das sanfte Tal von Gleneagles: Europas Golfer sichern sich in Schottland den Ryder Cup und demütigen das US-Team zum sechsten Mal seit 2002. Selbst Martin Kaymer entlockt das Gefühle.

Von Gerald Kleffmann, Gleneagles

Natürlich standen sie seit dem frühen Morgen hinter Abschlag eins, die "Guardians of the Ryder Cup", wie sich die Gruppe schottischer Männer in den gelben Hemden und blauen Westen nannte, die Behüter des Ryder Cups. Zur Melodie von "That's Amore" sangen sie: "That's Garcia", statt "Glory, Glory Halleluja" stimmten sie "Glory, Glory, Gallacher" an, Ian Poulter bekam den modifizierten Hit "The Eye of the Poulter" zu hören. Das Wetter zeigte sich wieder stabil, wenngleich die Sonne etwas weniger schien als an den herrlichen Herbsttagen zuvor. Die Bedingungen waren ideal für den packenden Schlusstag des 40. Kontinentalkampfes zwischen Europa und den USA. 45 000 Zuschauer und Fans freuten sich erwartungsfroh. Ja, ein Halleluja für die Golfwelt.

Zwei Tage lang, am Freitag und Samstag, hatten sich die Golfer beider Teams in 16 Partien aufgerieben, in den Formaten Vierer und Vierball, es hatte großartige Momente gegeben, typische Ryder-Cup-Momente. Zauberschläge von Poulter, freches Spiel der US-Neulinge Jordan Spieth und Patrick Reed, dominante Vorstellungen von Duos wie Justin Rose und Henrik Stenson (Europa). Ein Hin und Her der Gefühle, Freude und Frust im selben Moment, das zeichnet dieses Spektakel aus, seit 1927 schon und alle zwei Jahre. 10:6 führte Europa vor den zwölf Einzeln am Sonntag, was bedeutete: Die USA mussten 8,5 Punkte holen. Bei einem Remis von 14:14 würde der Gastgeber seinen Titel verteidigen.

Die große Frage lautete daher: Würde Amerika diesmal kontern können, so wie Europa 2012 das "Wunder von Medinah" fabriziert hatte, in Illinois, als ein 6:10-Rückstand in ein 14,5:13,5 gedreht wurde? "Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon", das hatte US-Kapitän Tom Watson, 65, betont, der wegen falscher Aufstellungen an den ersten beiden Tagen bereits in die Kritik zu Hause geraten war und tatsächlich zerknirscht Fehler einräumte. Am Ende blieb das Mirakel aus und Europa brachte die Führung ins Ziel. Der Waliser Jamie Donaldson schaffte den Punkt zum uneinholbaren 14,5:9,5. Das 16,5:11,5 bedeutete den sechsten europäischen Ryder-Cup-Triumph in den letzten sieben Duellen.

Die Amerikaner immerhin bewiesen Moral und kämpften verbissen. Frühe Punkte waren das Ziel, um Europa unter Druck zu setzen, so hatte Watson die Spieler als erste losgeschickt, die mutmaßlich die beste Form hatten. Spieth eröffnete um 11.36 Uhr gegen Graeme McDowell, Reed folgte zwölf Minuten später, statt wie Boxer in den Ring wurden die Akteure nun mit Schlägern auf einen hügeligen Golfplatz geschickt, Mann gegen Mann im Lochspielformat; nicht die gesamte Schlagzahl entscheidet, sondern nur, wer wie viele Bahnen gewinnt. Bei Gleichstand wird der Punkt halbiert. Vier Punkte also würden Europa reichen, doch "wir sind weit davon entfernt, dass es vorbei ist", hatte Paul McGinley, Ire und Europas Teamchef, gewarnt. Er sollte lange recht behalten.

Spieler voller Leidenschaft

Spieth, 21, ging gegen McDowell schnell in Führung, Reed, 24, gegen den Schweden Stenson auch, immer öfter leuchtete die US-Flagge bei den Zwischenständen auf, Hunter Mahan punktete gegen Rose, Phil Mickelson gegen den Schotten Stephen Gallacher, Matt Kuchar gegen den Dänen Thomas Björn, Jim Furyk gegen den Spanier Sergio Garcia, Webb Simpson gegen den Engländer Poulter. Überall führten Amerikaner mit Lochgewinnen. Für Europa glänzten erst mal nur Rory McIlroy aus Nordirland (gegen Ricky Fowler) - und Martin Kaymer, der Bubba Watson dank vier Birdies (eins unter Par) rasch mit vier Lochgewinnen ("4 up") auf Distanz hielt; bei seinen drei Einsätzen seit Freitag hatte der deutsche US-Open-Sieger einmal verloren (mit Björn gegen Reed/Spieth) und zweimal remis (mit Rose gegen Reed/Spieth, mit Björn gegen Fowler/Jimmy Walker) gespielt. Aber, das ist das Herrliche: alles Wasserstandsmeldungen im Ryder Cup. Ein paar Birdies hier, Bogeys da, schon könnte Europas Flagge aufleuchten.

Die Stimmung war noch aufgeheizter als an den Vortagen, die Fans ekstatischer, die Spieler voller Leidenschaft. Reed, ein leicht fülliger Texaner, zeigte wiederholt den Veitstanz (er besiegte Stenson 1 auf), das Adrenalin stieg allseits und führte zu exzellenten Schlägen. Rose zirkelte den Ball, der hinter einem Baum lag, neben die Fahne. Mickelson, der später auf der Pressekonferenz des US-Teams Watson harsch kritisieren sollte, weil das Team nicht in Entscheidungen einbezogen worden sei, lochte einen langen Putt. McIlroy sicherte im ICE-Tempo mit fünf Birdies und einem Eagle (zwei unter Par) als erster einen fixen Punkt gegen Fowler (5&4)

. Der Schlagabtausch hielt weiter an, doch dann fuhr McDowell Punkt zwei ein. Nur zwei Punkte fehlten für die blaue Flagge mit den goldenen Sternen. Als nächstes siegte Kaymer, zum dritten Mal beim Ryder Cup, er lochte einen Chip zum 4&2 und machte die eingesprungene Säge mit Faust, ein schöner Gefühlsausbruch bei dem sonst ruhigen Rheinländer. "Das war einer der besten Ryder Cups, die ich erlebt habe", sagte er, was bemerkenswert war. Beim Wunder von Medinah war ihm ja der Siegputt geglückt. Ein Punkt also nur noch.

Rose teilte das Match mit Hunter Mahan, 0,5 fehlten zur Verteidigung, einer zum Gesamtsieg. Mickelson und Kutchar siegten, 13,5:9,5, es wurde enger. Aber Donaldson, Ryder-Cup-Debütant, bezwang Bradley (4&3). Der Schrei von Tausenden Fans auf Bahn 15 füllte das sanfte Tal von Gleneagles, ab da begann das Umarmen, Knutschen, Champagnerspritzen. Nachvollziehbar war der Wunsch Butch Harmons, der berühmte US-Trainer sprach aufgekratzt: "Es war fantastisch. Könnten wir nächste Woche wieder einen Ryder Cup haben?"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: