Erfolg der DFB-Elf gegen Algerien:Dank Schürrles Hacke ins Viertelfinale

Germany v Algeria: Round of 16 - 2014 FIFA World Cup Brazil

Nach 92 Minuten endlich ein Tor: Schürrle trifft per Hacke

(Foto: Getty Images)

Die DFB-Elf gewinnt im Achtelfinale erst durch zwei Tore in der Verlängerung 2:1 gegen Algerien. Lange spielt die Mannschaft jedoch unsicher und ungenau. Nur einer verteidigt zuverlässig: Torwart Manuel Neuer. Der schwerelose Hackentreffer von Schürrle passt nicht zu diesem Abend.

Noch einmal ein Antritt, die Beine waren schwer, aber Thomas Müller dribbelte in den Strafraum hinein. Sah, dass André Schürrle vor das Tor rannte. Müller flankte, und auf einmal wirkte alles so leicht: Der Ball flog flach über den Rasen, Schürrle lief mit leichten Schritten. Und traf. Mit der linken Hacke. Ein kunstvolles, schwereloses Tor. Ein Tor, das nicht zu diesem Abend passte.

Zunächst einmal ging es an diesem Montagabend wieder um: das Wetter. In Porto Alegre im Süden Brasiliens war es windig, es war bewölkt, es regnete. Und es war deutlich kälter als an den Spielorten der Vorrunde. 14 Grad. Das Wetter wurde dann ganz schnell besonders für Bundestrainer Joachim Löw ein Thema - Innenverteidiger Mats Hummels meldete sich krank, aufgrund eines grippalen Infekts. Er drücke "aus dem Bett die Daumen", teilte er später auf Twitter mit. Statt Hummels stellte Löw Shkodran Mustafi auf, den verletzten Lukas Podolski ersetzte Mario Götze. Da im Mittelfeld erneut Bastian Schweinsteiger statt Sami Khedira spielte, vertraute Löw insgesamt sieben Spielern des FC Bayern, erstmals bei einer WM überhaupt. Ein sicheres Gerüst. Vermeintlich.

Im windigen, bewölkten, kalten Porto Alegre traf die deutsche Nationalmannschaft im Achtelfinale auf Algerien, den Außenseiter. Vermeintlich.

Deutschland gewann 2:1 nach Verlängerung, trifft nun am Freitag (18 Uhr MESZ) in Rio de Janeiro im Viertelfinale auf Frankreich. Durch das Hackentor von Schürrle in der 92. Minute, das erinnerte an jenes des Algeriers Rabah Madjer, der 1987 im Finale des Europapokals der Pokalsieger zum 1:1 für den FC Porto traf, gegen den FC Bayern. Ein Künstlertor. Und durch einen Treffer von Mesut Özil in der 119. Minute - der bitter nötig war: Denn in der Nachspielzeit der Verlängerung erzielte Abdelmoumene Djabou noch den Anschlusstreffer für den Außenseiter.

Es war ein Tor, das für Algerien zu spät kam. Aber es war auch ein Tor, das bezeichnend war für diesen wenig glanzvollen Auftritt der deutschen Nationalmannschaft. Es war kein künstlerisch feiner, kein souveräner Auftritt. Es spielte eine deutsche Elf mit einem unsicheren Gerüst. Gegen einen Gegner, der überzeugt von sich selbst war. Und lange entsprechend mutig auftrat.

Vahid Halilhodžić, der bosnische Nationaltrainer Algeriens, stellte seine Elf im Vergleich zum letzten Gruppenspiel, dem 1:1 gegen Russland, auf fünf Positionen um. Er wählte eine Startformation wie im ersten Spiel. Nach dem 1:2 gegen Belgien wurde Halilhodžić stark kritisiert, Algerien habe verloren, weil er das Team zu defensiv eingestellt habe, weil es nicht die Stärken in der Offensive ausspielen konnte. Gegen Deutschland funktionierte Halilhodžić' Plan. 92 Minuten lang.

Seine Spieler stellten sich nicht nur vor das eigene Tor, sie attackierten aggressiv, meist schon an der Mittellinie. Löws Spieler dagegen bewegten sich kaum, der Spielaufbau war geprägt von zahlreichen Fehlpässen, selbst der zuletzt so passsichere Toni Kroos leistete sich einige schlampige Zuspiele. Und nach jedem Fehlpass konterte Algerien. Schnell, ohne langes Ballgeschiebe, kein Aufenthalt im Mittelfeld, sofort vor das Tor. Und das ging ziemlich einfach.

Bis Löw brüllt

Es gab lange lediglich einen deutschen Spieler, der zuverlässig verteidigte: Torwart Manuel Neuer. In der neunten Minute schlug Mustafi eine schwache Flanke. Und Algerien konterte. Langer Ball auf Islam Slimani, Neuer klärt mit einer Grätsche, außerhalb des Strafraums. Die deutsche Defensive offenbarte Lücken, stand zu weit von den Gegenspielern entfernt, vermied Zweikämpfe. Sofian Feghouli dribbelte im Strafraum Benedikt Höwedes und Jérôme Boateng aus, er schoss drüber (14.). Drei Minuten später traf Slimani mit einem Kopfball, Boateng stand zu weit weg - der Treffer zählte allerdings nicht. Abseits. Eine Minute später lief Faouzi Ghoulam Mesut Özil davon, schoss am Tor vorbei. Zwei Minuten später stand Löw auf. Und brüllte.

Doch gefährlicher blieb der Außenseiter Algerien. Neuer klärte erneut mit einer Grätsche gegen Slimani (28.). Boateng fälschte mit dem Hintern den Ball nach einem Schuss von Mehdi Mostefa ab, knapp am Tor vorbei (39.).

Es dauerte bis zur 40. Minute, bis die deutsche Elf etwas Struktur in ihr Spiel brachte. Klare, schnellere Zuspiele. Und: Torschüsse. Die beste Chance hatte Mario Götze. Distanzschuss Kroos, der algerische Torwart Raïs M'Bolhi ließ den Ball abprallen, Götze stand frei vor dem Tor. Und schoss M'Bolhi an (41.). In der Halbzeit wechselte Löw Götze aus. Es kam André Schürrle. Der Mann, der das Spiel entscheiden sollte. Wenn auch erst viel später.

Der Angreifer des FC Chelsea sorgte sofort für Unruhe, er bewegte sich, und er bewegte sich sogar in den gegnerischen Strafraum hinein. Überhaupt kontrollierte nun die deutsche Elf die Partie, sie war ruhiger und sicherer im Passspiel, drängte Algerien nach hinten. Der Außenseiter lauerte nun meist vergeblich, für die schnellen Konter fehlte zunehmend die Kraft. Doch Chancen erspielte sich der Favorit weiter kaum. Die beste hatte Philipp Lahm, seinen Distanzschuss lenkte M'Bolhi mit den Fingerspitzen zur Ecke ab (55.).

Nach 70 Minuten musste der angeschlagene Mustafi ausgewechselt werden, hinein kam Sami Khedira, Lahm spielte nun als Rechtsverteidiger. Und plötzlich stand die deutsche Defensive wieder unsortiert. Und sofort konterte Algerien. Langer Ball, Slimani sprintete. Und verlor erneut den entscheidenden Zweikampf. Gegen Neuer. Der Torwart klärte mit einem Kopfball. Es folgten einige Minuten, in denen sich die Mannschaft wieder unsicher präsentierte, ungenau im Passspiel, verhalten in den Zweikämpfen. Einmal musste Neuer sogar einen Schuss von Slimani fangen (75.).

Die besten Gelegenheiten erspielte sich Deutschland erneut in den letzten Minuten. Flanke Khedira, Kopfball Müller - M'Bolhi klärt mit einem starken Reflex (80.). Dribbling Müller im Strafraum, er schoss am Tor vorbei (82.). Flanke Lahm, Kopfball Schweinsteiger, ohne Druck, M'Bolhi fing den Ball (89.). Es ging in die Verlängerung.

Dann lief Müller von links in den Strafraum hinein, er sah , dass Schürrle vor das Tor lief, Müller flankte, ein bisschen zu weit nach hinten. Vermeintlich. Die Flanke kam perfekt auf Schürrles Hacke.

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