EishockeySie müssen vorbei am Zirkusclown

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Hartes Ringen in den Spielen nach dem Ingolstädter Kantersieg zum Auftakt: Ingolstadts Mathew Bodie (li.) kämpft gegen Kölns Gregor MacLeod um den Puck.
Hartes Ringen in den Spielen nach dem Ingolstädter Kantersieg zum Auftakt: Ingolstadts Mathew Bodie (li.) kämpft gegen Kölns Gregor MacLeod um den Puck. (Foto: Maximilian Koch/Imago)

Ingolstadt steht nach seinem 7:0-Auftakterfolg und zwei Folge-Niederlagen gegen die Kölner Haie im Playoff-Halbfinale unter Druck. Schwer macht es ihnen vor allem einer: der außergewöhnliche gegnerische Goalie Julius Hudacek.

Von Christian Bernhard

Wer die These vertritt, dass Eishockey-Torhüter spezielle Typen sein müssen, da sie sich freiwillig einer bis zu 170 km/h schnellen Hartgummischeibe entgegenstellen, fühlt sich bei Julius Hudacek bestätigt. Der Torhüter der Kölner Haie hat sich über die Jahre nicht nur mit seinen Paraden einen Namen gemacht, sondern auch als Showman, der die Fans auch nach Spielende noch begeistert. Bei der sogenannten „Huda-Show“ heizt er dem Publikum zu den Klängen des Opus-Klassikers „Live is Life“ immer wieder mal nach Siegen ordentlich ein, die Fans wandeln den berühmten Refrain des Liedes dabei in „Hu-da-cek“-Chöre um. Der 36-Jährige hat sich dabei schon als Superheld oder Zirkusclown verkleidet, und es kann auch schon mal vorkommen, dass er seine Torhütermaske gegen Partyhut und Partybrille tauscht, auf sein Tor klettert und dort eine Konfetti-Kanone knallen lässt. Passend zu seinem Motto „Jedes Eishockeyspiel ist wie eine Show“ sagte der Slowake, nachdem er seine Show erstmals als Haie-Torwart abgezogen hatte: „Ich nehme keine Drogen, aber so ähnlich muss es sich anfühlen.“

Dieser Tage steht Hudacek auch im Fokus, und zwar rein sportlich, denn er ist einer der Hauptakteure der Playoff-Halbfinalserie zwischen den Haien und dem ERC Ingolstadt. Die Oberbayern waren mit einem 7:0-Sieg fulminant in die Best-of-seven-Serie gestartet und hatten dafür gesorgt, dass Hudaceks Arbeitstag nach nur einem Drittel und vier Gegentoren schon zu Ende war. Auf diese Höchststrafe, die einen Eishockey-Torhüter ereilen kann, reagierte der Slowake brillant, indem er die Kölner zu zwei Siegen in den Spielen zwei und drei der Serie führte. Herausragend war er am vergangenen Sonntag beim 2:0-Erfolg in Ingolstadt, bei dem er alle 39 ERC-Schüsse auf seinen Kasten entschärfte. Zum Vergleich: Auf das Ingolstädter Tor kamen nur zwölf Schüsse, und dennoch verließen die Haie das Eis als Sieger. Es war im 61. Ingolstädter Saisonspiel erst das zweite Mal, dass der Hauptrundensieger der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ohne eigenen Treffer blieb.

Die Ingolstädter liegen vor Spiel vier am Mittwoch in Köln (19.30 Uhr) also erstmals in diesen Playoffs in einer Serie zurück. „Wir laufen jetzt hinterher, das mussten wir bisher noch nicht“, konstatierte ERC-Angreifer Wayne Simpson. Und die Ingolstädter haben es jetzt mit Haien zu tun, die sich auf das ERC-Spiel eingestellt haben. „Wir haben so gut wie alles anders gemacht als im ersten Spiel“, sagte Kölns Angreifer Maximilian Kammerer nach Spiel zwei, in dem er zwei Tore zum 5:2-Sieg der Haie beigesteuert hatte.

„Wir müssen irgendwie auf die Anzeigetafel kommen“, sagt Ingolstadts Trainer Mark French

Die Ingolstädter hatten in den zwei Partien, die sie verloren, nicht mehr so viel Raum wie noch zum Halbfinal-Auftakt. Die Haie machen es seit dem 0:7 vor dem eigenen Tor sehr eng, verteidigen diszipliniert und schrauben die ERC-Umschaltsituationen, bei denen die laufstarken und spritzigen Oberbayern das Maß der Dinge in der Liga sind, nach unten. „Wenn die ihr Momentum haben, müssen wir verteidigen“, sagte Köln-Stürmer Frederik Storm mit Blick auf seine ehemaligen Ingolstädter Teamkollegen bei Magentasport. „Wir verteidigen so lange, wie wir es brauchen, und dann nehmen wir, was wir können, offensiv.“ So lange wie nötig, war in Spiel drei ziemlich lang: Haie-Trainer Kari Jalonen gestand auf der Pressekonferenz ein, dass seine Mannschaft unter dem konstant hohen Ingolstädter Druck bereits zur Hälfte des Spiels aufgehört habe, „offensiv zu spielen.“

Nicht nur Showman, sondern in den jüngsten Spielen gegen Ingolstadt auch herausragend im Tor: Kölns Goalie Julius Hudacek, der am Sonntag beim 2:0-Erfolg alle 39 ERC-Schüsse auf seinen Kasten entschärfte.
Nicht nur Showman, sondern in den jüngsten Spielen gegen Ingolstadt auch herausragend im Tor: Kölns Goalie Julius Hudacek, der am Sonntag beim 2:0-Erfolg alle 39 ERC-Schüsse auf seinen Kasten entschärfte. (Foto: Revierfoto/Imago)

Für die Ingolstädter bedeutet das: noch mehr Zug zum und Präsenz vor dem gegnerischen Tor zeigen, und so idealerweise mehr Schüsse abfälschen, denn das haben Torhüter nicht gerne. „Vielleicht haben wir etwas zu viel drum herum gespielt“, sagte Simpson, der in den Playoffs bereits fünfmal getroffen hat, nach Spiel drei. Geheimnisse zwischen den Mannschaften gibt es nach drei Spielen binnen fünf Tagen jedenfalls nicht mehr. „Wir kennen uns jetzt, die Angriffslinien kennen sich, PP und PK (Powerplay und Penaltykilling, d. Red.) kennen sich“, erklärte Jalonen.

ERC-Trainer Mark French, der vor dem Playoff-Start zum DEL-Trainer des Jahres gekürt wurde, war mit der Art und Weise, wie seine Mannschaft am Sonntag trotz der Niederlage auftrat, zufrieden. „Der Prozess war gut“, sagte er. „Wir haben einige gute Dinge gemacht“, fand auch Simpson, „aber wir müssen einfach irgendwie auf die Anzeigetafel kommen.“ Und das bedeutet: vorbei an Julius Hudacek.

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