EishockeyDer große Traum endet abrupt

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„Sehr gut gemacht“: ERC-Trainer Mark French ist trotz des Halbfinal-Ausscheidens gegen Köln mit der Saison zufrieden.
„Sehr gut gemacht“: ERC-Trainer Mark French ist trotz des Halbfinal-Ausscheidens gegen Köln mit der Saison zufrieden. (Foto: Märkl/Beautiful Sports/Imago)

Nach einer DEL-Saison voller Rekorde bleibt der Meistertitel für den Hauptrundensieger ERC Ingolstadt unerreicht. Trainer Mark French ist dennoch stolz auf seine Spieler. Zahlreiche von ihnen bleiben für die kommende Spielzeit an Bord.

Von Christian Bernhard

Die Pressemitteilung, die der ERC Ingolstadt am Mittwoch dieser Woche veröffentlicht hat, lag bereits länger in der Schublade. Das unausgesprochene Ziel war, sie so lange wie möglich zurückzuhalten – idealerweise bis Ende April, nach dem Finale. Doch sie musste bereits Mitte April herausgezogen werden. Der Titel: Wer soll ERC-Spieler des Jahres werden?

Die Ingolstädter Saison war am späten Montagabend in der mit mehr als 18 000 Zuschauern voll besetzten Kölner Arena geendet, als Justin Schütz in der Verlängerung ERC-Torhüter Christian Heljanko die Scheibe durch dessen Beine schob. Das Tor des Nationalspielers brachte die Kölner Haie dorthin, wo die Ingolstädter unbedingt hin wollten: ins Finale der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Für die Oberbayern war nach der vierten Niederlage in der Playoff-Halbfinalserie Schluss. Die „Schinderei“, wie ERC-Verteidiger Morgan Ellis die Playoffserie bezeichnet hatte, endete abrupt – und nur einen eigenen Treffer von einem alles entscheidenden siebten Halbfinalspiel entfernt. Der „letzte große Termin“ dieser Saison, wie der ERC es formulierte, findet jetzt am Ostermontag in der heimischen Arena statt. Dort, wo die Eisfläche mittlerweile bereit abgetaut ist, wird zusammen mit den Fans der offizielle Saisonabschluss über die Bühne gehen.

Bis dahin versuchen die ERC-Spieler zu verkraften, was nur schwer zu verkraften ist. Es werde eine ganze Weile dauern, bis er das verdaut habe, sagte der erfahrene Stürmer Daniel Pietta nach dem Halbfinal-Aus und fügte an: „Dieses Jahr war eine sehr, sehr große Chance.“ Er meinte damit die Chance auf den ganz großen Wurf, auf das ultimative Ziel: den Meistertitel. Piettas Gefühlslage deckte sich mit der von Kapitän Fabio Wagner, der von einer „extremen Enttäuschung“ sprach, da „wir alle einen Traum hatten“.

Dieser Traum war im Verlauf der DEL-Saison immer greifbarer geworden: Der ERC hatte sich nicht nur zum ersten Mal in seiner Klubgeschichte den DEL-Hauptrundensieg und damit die Qualifikation für die Champions Hockey League gesichert, sondern dabei auch mehrere Vereinsrekorde aufgestellt: Noch nie hatte er so viele Hauptrundenpunkte geholt (113), so viele Hauptrundenspiele gewonnen (38 von 52) und so viele Tore erzielt (im Schnitt fast vier pro Spiel). Nach einer „unglaublichen Saison“ sei „wahrscheinlich noch gar nicht bei uns angekommen, wie gut wir waren“, sagte Pietta im Moment des bitteren Ausscheidens dem Donaukurier. Die Ingolstädter Hauptrundendominanz schlug sich auch bei der DEL-Gala vor dem Playoffstart nieder, wo Trainer Mark French nach 2023 erneut zum Trainer des Jahres gekürt wurde und Alex Breton die Trophäe des Verteidigers des Jahres entgegennahm. „Ingolstadt ist eine unglaubliche Mannschaft“, betonte auch Kölns Kapitän Moritz Müller nach dem Playoff-Halbfinale.

„Wir haben Spiele gewonnen, in denen Ingolstadt einfach besser war“, erklärt Kölns Kapitän Müller

ERC-Trainer Mark French trat auch im Moment der großen Enttäuschung so auf, wie man es von ihm seit Tag eins in der DEL gewohnt ist: elegant und smart. „Wir hatten vor dem Beginn der Playoffs eine Sache intern angesprochen“, sagte French, dessen Playoffbart deutlich weißer war als noch 2023, als er erstmals zum DEL-Trainer des Jahres gewählt worden war. „Wir wollten stolz sein, wie wir uns präsentieren. Und ich kann sagen: Ich bin sehr stolz auf meine Spieler.“ Manchmal erreiche man eben nicht das Ergebnis, das man sich ausgemalt hat, aber es gehe auch darum, wie man sich präsentiere und spiele. „Und das haben die Jungs das ganze Jahr über sehr gut gemacht.“

Im Halbfinale fehlte es dem ERC nach dem furiosen 7:0-Auftaktsieg an Kaltschnäuzigkeit vor dem Haie-Tor, speziell in den Spielen zwei, drei und vier der Serie, die allesamt eng waren – und allesamt an die Haie gingen. „Wir haben Spiele gewonnen, in denen Ingolstadt einfach besser war“, erklärte Kölns Kapitän Müller. „Das brauchst du in den Playoffs.“ Was in den Playoffs auch hilft, ist eine gewisse Titelroutine; Spieler, die wissen, wie man Meisterschaften gewinnt. Und da hat der ERC noch Aufholbedarf, denn bis auf Morgan Ellis hat kein Spieler aus dem aktuellen Kader DEL-Titel gewonnen.

Die Basis für die kommende Saison hat der Klub bereits gelegt. Mit Schlüsselspielern wie Alex Breton oder dem 26-jährige Austen Keating, mit 52 Scorerpunkten eine der größten positiven Überraschungen der DEL-Saison, konnte schon frühzeitig in der Saison verlängert werden, obwohl die Konkurrenz um die ERC-Juwelen geworben hatte. Pietta, Ellis und der aufstrebende Verteidiger Philipp Preto haben ihre Verträge ebenso wie Trainer French verlängert. Die deutschen Leistungsträger Leon Hüttl, mit elf Scorerpunkten einer der offensivstärksten Verteidiger der Playoffs, und Wojciech Stachowiak haben auch noch gültige Arbeitspapiere für die kommende Spielzeit. Speziell der 24-jährige Hüttl hat in dieser Saison erneut einen ordentlichen Entwicklungsschritt gemacht und schlüpft trotz seines jungen Alters immer mehr in eine Führungsrolle. Er könnte in die Fußstapfen von Kapitän Wagner treten, der Ingolstadt nach elf Jahren verlässt und nach München wechselt.

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