Enttäuschungen bei Olympia:Abgehängt, verzockt, verstolpert

Wer zu Olympia fährt, will meist Medaillen gewinnen. Es kann jedoch auch ganz anders laufen: Ein chinesischer Sprinter erlebt ein Drama wie 2008, die deutschen Beckenschwimmer gehen völlig leer aus - und ganz Spanien muss lernen, wie es ist, im Fußball zu verlieren.

Die größten Olympia-Enttäuschungen

1 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Maskottchen Wenlock

-

Quelle: AFP

Wer zu Olympia fährt, will meist Medaillen gewinnen. Es kann jedoch auch ganz anders laufen: Ein chinesischer Sprinter erlebt ein Drama wie 2008, die deutschen Beckenschwimmer gehen völlig leer aus - und ganz Spanien muss lernen, wie es ist, im Fußball zu verlieren. 

Die größten Olympia-Enttäuschungen.

Maskottchen Wenlock: So ein Maskottchen hat es nun wirklich nicht leicht. Die meisten Menschen erklären einen schon vor dem großen Auftritt für hässlich, unpassend und mit einem bescheuerten Namen ausgestattet. Die Leute machen sich lustig über fehlende Hosen und schlimme Frisuren. Doch dann, wenn eine Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele beginnen, dann mögen alle das Maskottchen. Es wird geknuddelt, ihm wird zugejubelt, man will unbedingt ein Foto mit ihm machen. Bei Wenlock ist das indes anders. Denn Wenlock ist einfach nicht da. Er hat sich offenbar schmollend zurückgezogen, schwimmt in der Themse oder hockt im London Eye herum. In den Arenen jedenfalls ist er kaum zu sehen - und wenn er doch mal vorbeischaut, dann bemerken es die Leute nicht, mal abgesehen vom Kurzauftritt zusammen mit Usain Bolt. Über ein Maskottchen darf man motzen und lästern. Es gibt jedoch kaum Schlimmeres für so ein Ding, als wenn es einfach ignoriert wird.

(jüsc)

2 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Liu Xiang

-

Quelle: AP

Liu Xiang: Es ist schon ein Drama, das Liu Xiang durchlebt, womöglich taugt es irgendwann einmal für einen melancholischen Film. Der Mann ist Hürdensprinter, seine Aufgabe in China besteht darin, eine gerade Strecke mit Hürden abzulaufen. Jeden Tag macht er das, seit mehr als zehn Jahren. Immer wieder über die Hürden. Wer jemals an einem Fließband gearbeitet hat, der weiß, wie Liu Xiang sich fühlen muss. Freilich ist der Chinese durch seine Tätigkeit zum Millionär geworden, er darf herausragen in einem Land, in dem nur wenigen Menschen herausragen dürfen. Nur: Bei den wichtigsten Ereignissen seiner Profession hat er kein Glück. 2008, bei den Spielen in seiner Heimat, da war er verletzt gewesen und hatte aufgeben müssen. Nun, in London, da blieb er an der ersten Hürde hängen und riss sich die Achillessehne. Immerhin kann sich Liu Xinag auf die chinesische Regierung verlassen: Die intervenierte beim Operationstermin und stellte klar, dass so eine Achillessehne sofort operiert gehöre. Das wurde dann auch gemacht.

(jüsc)

3 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Amerikanische Sprint-Männer

London 2012 - Leichtathletik

Quelle: dpa

Amerikanische Sprint-Männer: Es gab eine Zeit, da hießen die besten Sprinter der USA Leroy Burrell, Dennis Mitchell oder Carl Lewis - dagegen hatte der Rest der Welt wenig entgegen zu setzen. Bei den Frauen sah es nicht anders aus: Die US-Sprinterinnen Florence Griffith-Joyner oder Gail Devers dominierten die Rennen, auch sie galten einige Zeit lang als unschlagbar. Doch seit zwei Olympiaden geht gar nichts mehr. Die 100 Meter gingen 2008 in Peking und 2012 in London jeweils an Jamaika, bei den Männern siegte stets Usain Bolt. Das Schlimme für die stolze Sprintnation USA: Über die 200 Meter sieht es sehr ähnlich aus. Dass es am Sonntag über die 4x100-Meter-Staffel besser läuft, ist kaum zu erwarten. Es sei denn Usain Bolt, verliert vor lauter Übermut den Staffelstab, wenn er sich schon während des Rennens zu seiner Blitz-Siegespose hinreißen lässt.

(ebc)

4 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Österreicher

148073494

Quelle: AFP

Österreichische Olympia-Teilnehmer: Die Sportnation Österreich erlebte in London das, was man auch als wohlgesonnener Freund der Alpenrepublik als ziemliches Desaster bezeichnen kann. Erstmals seit 50 Jahren verfehlen Austrias Athleten bislang jegliche Medaillen - nicht einmal durfte Rot-Weiß-Rot mit aufs "Stockerl". Dabei hatte bis zuletzt noch Hoffnung bestanden, dass nach all den Enttäuschungen zumindest die Kanutinnen Yvonne Schuring und Viktoria Schwarz (im Bild) Schmachtilgung betreiben könnten. Als dann auch die beiden Frauen nur Fünfte wurden, war jede Medaillenhoffnung dahin. Den Österreichern erging es bei OIympia so, wie sie es sonst hauptsächlich vom Fußball kennen: Die anderen jubeln, sie selbst ertragen ihr Trübsal mit fatalistischem Schmäh. Wie gut, dass bald wieder der Winter kommt.

(jbe)

5 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Pascal Behrenbruch

Olympia 2012: Leichtathletik

Quelle: dapd

Pascal Behrenbruch: Der Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch hatte unbedingt an dieser Europameisterschaft in Helsinki teilnehmen wollen. Er war so wild entschlossen, dass er deshalb gar mit dem Verband brach und nach Estland zog. Er wurde tatsächlich Europameister, mit persönlicher Bestleistung sogar, plötzlich galt er - vor allem für sich selbst - als Kandidat für eine Medaille. Was bei den Olympischen Spielen passierte, beschreibt Behrenbruch so: "Die EM war super - aber hier kacke ich ab!" Er führte seine Leistung (8126 Punkte, Platz zehn) auf das harte Training und die Europameisterschaft zurück: "Vielleicht bin ich deshalb müde und ausgelaugt. Die EM war aber wichtig für mich, den Titel kann mir niemand mehr nehmen." Da hat er dann natürlich auch wieder Recht.

(jüsc)

6 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Deutsche Schwimmer

148073368

Quelle: AFP

Deutsche Schwimmer: 0-0-0. Was ein wenig wirkt wie eine große Rochade beim Schach, ist in Wirklichkeit die Bilanz der deutschen Beckenschwimmer bei den Olympischen Spielen. Erstmals seit 80 Jahren haben sie keine einzige Medaille gewonnen, sie erreichten auch nur acht der 32 Finalläufe, die Medaillenfavoriten Paul Biedermann und Britta Steffen scheiterten bisweilen schon vor den Finals. Wie gut, dass es da noch Steffen Deibler und Marco di Carli gibt: Deibler fand den sechsten Platz mit der Lagenstaffel "wunderschön", dass er zuvor das Finale über 100 Meter Schmetterling erreicht hatte, quittierte er mit der andauernden Wiederholung des Wortes "geil". Di Carli sagte über die Staffel, die Platz sechs erreicht: "Volle Rotze!" Ein wunderschöner sechster Platz. Geil, das Finale erreicht zu haben. Volle Rotze auf Platz sechs: Das ist derzeit das deutsche Schwimmen.

Nicht verschweigen wollen wir natürlich den zweiten Platz von Freiwasserschwimmer Thomas Lurz über zehn Kilometer. Allerdings ist dies - diese Ansicht kann man durchaus vertreten - bei Wind und Wellen fast schon eine andere Sportart. 

(jüsc)

7 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Spanische Fußballer

London 2012 - Fußball

Quelle: dpa

Spanische Fußballer: Nein, das Verlieren waren die spanischen Fußballer nicht mehr gewohnt. Iker Muniain stieß den Schiedsrichter weg, Jordi Alba (rechts im Bild) bestürmte den Linienrichter, alles half nichts: Spanien war nach dem völlig überraschenden 0:1 (0:1) gegen Honduras aus dem olympischen Fußball-Turnier ausgeschieden. Spanien? Richtig, das war doch die Mannschaft, die seit einigen Jahren den Weltfußball dominiert, die 2010 Weltmeister wurde, die 2012 ihren Europameistertitel aus dem Jahr 2008 sogar verteidigte. Das Echo in der Heimat viel unterschiedlich aus: "Skandalös! Lüge! Farce! Die Schiedsrichter haben die Olympischen Spiele beschmutzt", schimpfte die Zeitung As über den Referee. Mundo Deportivo gestand indes ein, Spaniens Fußballer hätten "ein Bild abgegeben, das eines Welt- und Europameisters unwürdig ist". Da kann der Deutsche Fußball-Bund (DFB) fast noch froh sein: Wer sich gar nicht erst für Olympia qualifiziert, kann sich auch nicht blamieren.

(ebc)

8 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Kampfrichter

London 2012 - Kampfrichter

Quelle: dpa

Kampfrichter: Was war nur los mit den Kampfrichtern in London? Unvergessen bleiben zahlreiche Irrungen und Wirrungen, die für ein ganzes Buch reichen würden. Zum Beispiel beim Siebenkampf: Hier wurde Lilli Schwarzkopf beim 800-Meter-Lauf verwechselt und disqualifiziert. Irgendeine blonde Athletin war schließlich auf die Linie getapst. Nur welche? Trotz toller Deckenkamera hatten sich die Offiziellen verguckt - erst nach bangem Warten korrigierten sie dann ihr Urteil: Schwarzkopf bekam Silber. Ähnliches spielte sich beim Turnen ab: Die Deutsche Janine Berger bekam nicht die ihr zustehende Bronzemedaille, sondern musste sich mit Platz vier begnügen. Tränen der Wut flossen. Die Kampfrichter hatten der russischen Bronze-Gewinnerin für einen missratenen Sprung weniger Punkte abgezogen, als üblich. Pech für Berger. Beispiel Leichtathletik: Silke Spiegelburg wurde kurz vor dem Anlauf vom Kampfrichter gebremst, weil er dachte, es käme noch eine andere Springerin. Aber die hatte längst abgesagt. Und schließlich Betty Heidler, die Hammerwerferin, deren Wurf zunächst nicht gemessen wurde - ehe sie doch noch Bronze gewann. In vielen Wettbewerben kam es zu unnötigen Kontroversen. Schade eigentlich.

(ske)

9 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Deutsche Springreiter

London 2012 - Pferdesport Springen

Quelle: dpa

Deutsche Springreiter: Wenn es mit dem Medaillengewinnen bei den Spielen einmal nicht so klappte bei den Deutschen, dann war wenigstens auf die Springreiter Verlass. So die Historie. Allein der Name Ludger Beerbaum steht für so viele Triumphe, dass die Sportart immer einen gewissen Erfolgscharakter ausstrahlte. Deutsche Springreiter, das hieß: Hier sind wir gut, da muss man zuschauen, es gibt was zu feiern. Doch damit scheint es jetzt vorbei. In London sprang für die deutschen Reiter in dieser Disziplin keine Medaille heraus. Erst verpassten Janne-Friederike Meyer, Meredith Michaels-Beerbaum (im Bild), Christian Ahlmann und Marcus Ehning den Einzug ins Teamfinale, dann wurde es auch nichts mit der ersehnten Einzelmedaille. Bleibt die Frage: Lag es an den Pferden oder an den Menschen, die auf ihnen ritten?

(jbe)

10 / 10

Enttäuschungen bei Olympia:Deutsche Sportpolitiker

London 2012 - Michael Vesper und Thomas Bach

Quelle: dpa

Deutsche Sportpolitiker: Von Sportfunktionären ist zumindest zu erwarten, dass sie sich auskennen. Dass sie die wesentlichen Dinge im Blick haben und im Zweifelsfall Unklarheiten aufklären können. Im Fall der Ruderin Nadja Drygalla, deren Beziehung zu einem (vermutlich ehemaligen) Neonazi während der Spiele bekannt wurde, wirkten die deutschen Offiziellen aber mächtig verschlafen. Dass die junge Frau Kontakte in die rechte Szene pflegte sei zwar irgendwann einmal thematisiert worden - aber dann? Richtig interessiert scheint es keinen zu haben. Und so saß DOSB-Generaldirektor Michael Vesper (rechts) etwas ratlos auf einer Pressekonferenz. Sehr wohl bewusst waren dagegen Olympia-Verbandschef Thomas Bach (links) die Zielvorgaben für das deutsche Team in London. Allein, er wollte nicht, dass an die Öffentlichkeit gelangte, mit wie vielen Medaillen eigentlich geplant wurde. Weil diese Auskunft wegen der Sportförderung aber durchaus auch den Steuerzahler betrifft, entschied ein Gericht auf Offenlegung der Zahlen. Und siehe da: Die Vorgaben wurden haushoch verfehlt. Gute Außendarstellung sieht sicher anders aus.

(jbe)

© Süddeutsche.de/ebc/jbe
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: