Wer für 120 Millionen Euro neue Spieler einkauft, macht sich nicht bei allen beliebt. Einen "kleinen Klub mit kleingeistiger Mentalität" nannte Manchester-United-Trainer Alex Ferguson die Lokalrivalen von Manchester City nach deren Kauf von Carlos Tévez für knapp 30 Millionen Euro. Die seit dem vergangenen September von der Herrscherfamilie aus Abu Dhabi unterfütterten Citizens hatten die Verpflichtung des zuvor zwei Jahre bei United beschäftigten Argentiniers mit einem frechen, hellblauen Werbeplakat in der Innenstadt gefeiert, auf dem über dem Antlitz des Spielers stand: "Welcome to Manchester" - in Anspielung auf Uniteds Firmensitz in der Nachbargemeinde Trafford.

Auch als City-Trainer Mark Hughes Ende Juli mit dem Versuch scheiterte, Chelsea-Kapitän John Terry ins Stadion in den Eastlands zu locken ("ein Wechsel war keine Sekunde lang eine Option", sagte Terry - nach einem Monat Bedenkzeit), spotteten die Medien auf der Insel. Der englische Nationalverteidiger hatte sich sich hinter Kaká und Ronaldinho in die minütlich länger werdende Liste prominenter Absagen eingereiht. Aus City, dem sympathischen Versagerklub, der vor zehn Jahren in der dritten Liga kickte und seit 1976 nichts gewonnen hat, war - so die öffentliche Meinung - ein kaufwütiger Emporkömmling geworden, der sich auf der blinden Hatz teure Durchschnittsspieler andrehen ließ. Den Niederländer Nigel de Jong, zum Beispiel, für 20 Millionen Euro vom HSV.
Trainer Hughes (45) der früher bei United und dem FC Bayern als Torjäger beschäftigte Waliser, habe - so die Meinung vieler Experten - vor lauter teuren Stürmern (Tévez, Emmanuel Adebayor, Roque Santa Cruz, Craig Bellamy, Robinho, Benjani Mwaruwari) die Defensive vergessen und drohe, mit dem Luxusdampfer kopfüber abzusaufen. "City ist heute da, wo Chelsea vor fünf Jahren war", sagte Frank Lampard über Terrys "Nein" zu den Scheichs - und verdeutlichte damit, wie stark der englische Fußball dem Klassendenken verhaftet ist. Nichts ist billiger, als einem neureichen Klub Konzept- und Maßlosigkeit vorzuwerfen; in Wahrheit hat City seit dem enttäuschenden Saisonende auf Platz zehn im Mai sehr viel richtig gemacht.
Die wichtigste Veränderung war gar keine: Hughes, der oft ein wenig schüchtern wirkende Übungsleiter, wurde im Amt bestätigt und mit größeren Kompetenzen ausgestattet. Er ist heute der einzige City-Funktionär, der zu Transfers und sportlichen Dingen Auskunft gibt. Geschäftsführer Gary Cook, der im Vorjahr von Manchester-City-Fastfood-Ketten in Asien schwadronierte und sich in der Causa Kaká extrem unbeholfen angestellt hatte, bleibt zusammen mit den bemerkenswert geduldigen Eigentümern aus den Emiraten im Hintergrund.
"buy local"-Strategie
Man könnte Hughes' Entschluss, seine Verstärkungen in diesem Sommer ausschließlich bei anderen Premier-League-Vereinen zu suchen, als mangelnde Risikobereitschaft abtun. Nach zwei souveränen Siegen zum Saisonauftakt (2:0 bei den Blackburn Rovers, 1:0 gegen Wolverhampton am Samstag) sieht man jedoch, dass diese "buy local"-Strategie gleich drei entscheidende Vorteile birgt. Zum einen konnte man, ganz im Stile einer etablierten Großmacht, direkte Konkurrenten um die Plätze im vordersten Tabellenviertel gezielt schwächen. Aston Villa verlor Gareth Barry (13,8 Millionen Euro), seinen Schlüsselspieler in der Zentrale an City, Everton musste trotz heftiger Gegenwehr und einer Beschwerde bei den Behörden Verteidiger Joleon Lescott (29 Millionen Euro) ziehen lassen. Die Akklimatisationsphase fällt für die Insel-erprobten Neuen kurz aus.
"Eine neue Aura"
Der entscheidende Clou aber ist, dass Hughes den Druck von sich an die Einkäufe weitergegeben hat. Spieler wie Tévez oder der Togoer Emmanuel Adebayor (29 Millionen Euro, FC Arsenal), die von Champions-League-Teilnehmern zu City wechselten, müssen sich und der Öffentlichkeit nun beweisen, dass ihr demonstrativer Optimismus ("Ich bin nur wegen dem Fußball hier, wir können schon diesen Sommer der größte Verein in Manchester sein", sagte Adebayor) mehr als Geflunker war, um von den nachdrücklich verbesserten Bezügen abzulenken. Adebayor, der dem Vernehmen nach 9,5 Millionen Euro verdient, wirkt nach seinen zuletzt beschämend lethargischen Auftritten in Nord-London in der Tat wie ausgewechselt; er traf in beiden Partien zum 1:0.
"Eine neue Aura", spürte der Observer bereits am Samstag; Sir Alex kann da die gut durchblutetet Nase rümpfen, soviel er will. Bei den kleinen Nachbarn duftet es. Nach Größe.