England:Poltern im Duett

Premier League - Manchester City v Liverpool

Verbrüderung: Liverpools Trainer Jürgen Klopp und sein Kollege Pep Guardiola fäusteln freundlich vor dem Spiel in Manchester.

(Foto: Martin Ricket/Reuters)

Das Spitzenspiel zwischen Meister Liverpool und Manchester City trudelt ohne Sieger aus - die Trainer Jürgen Klopp und Pep Guardiola wettern anschließend über die Terminhatz in der Liga.

Von Sven Haist, London

Nacheinander kümmerten sich beide Trainer um Trent Alexander-Arnold. Mitfühlend streichelte Pep Guardiola dem humpelnden Verteidiger des FC Liverpool am Seitenrand über den Kopf, dann nahm Jürgen Klopp seinen Spieler in die Arme.

Nach einer Stunde hatte sich Alexander-Arnold, 22, mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Wade gefasst. Die Diagnose: Muskelprobleme, wochenlange Pause, Absage für die kommenden Länderspiele mit England. Die minutenlange Behandlung ließ die von Verletzungen gebeutelten Teams offenbar erkennen, dass es in dieser durch die Verwirbelungen der Corona-Pandemie hochstrapaziösen Saison wohl besser wäre, keine zusätzlichen Blessuren zu riskieren. Und so trudelte das Topspiel der Premier League zwischen dem Meisterschaftszweiten Manchester City und Meister FC Liverpool ohne weitere Torchancen (und Verletzungen) mit einem 1:1 aus.

Das Remis am Sonntag ermöglichte beiden Klubs, das Gesicht zu wahren - und gemeinsame Sache zu machen. Nach Abpfiff zog Klopp den Kollegen Guardiola heran, um seinen Ärger auf die Premier League zu teilen. Der Frontalangriff auf die Liga sorgte für mehr Nachhall als das Spiel selbst.

Vereint in Wort und Bild redeten sich Klopp und Guardiola auch vor den Mikrofonen in Rage wegen der abgelehnten Aufstockung von drei auf fünf Einwechslungen pro Spiel. Die kleineren Vereine hatten im August dagegen gestimmt, weil sie Vorteile für die reichen Klubs und deren ausgewogenen Kadern witterten. Das Wechselkontingent war zum Ende der Vorsaison erhöht worden, um Verletzungen vorzubeugen.

"Für mich ist das fehlende Führungsstärke", polterte Klopp, dessen Ärger sich auf Richard Masters, den Geschäftsführer des Ligaverbands, richtete: "Masters hat das komplett falsch verkauft. Fünf Wechsel sind kein Vorteil, sondern eine Notwendigkeit. In fast allen anderen Ländern wird das so gehandhabt." Alexander-Arnold ist nun schon Klopps zweiter Defensivspieler nach Fabinho, der wegen muskulärer Beschwerden ausfällt. Bis zu ihrer jeweiligen Verletzung hatten beide alle Spiele in Meisterschaft und Champions League absolviert: Alexander-Arnold stand nur neun Minuten nicht auf dem Platz.

Auch Guardiola beteuerte, ihm gehe es bei dieser Debatte nur um den Schutz der Spieler. Er kündigte deshalb an, sich auch in Zukunft für fünf Wechsel einzusetzen. Dabei nutzte Guardiola seine Optionen in den bisherigen sieben Ligaspielen gerade mal zu zwei Dritteln (14 von 21 möglichen Wechseln); gegen Liverpool brachte er lediglich Bernardo Silva für Ferran Torres.

Aus welchem Grund? "Weil ich der Trainer bin! Die Regel muss fünf Wechsel ermöglichen. Ob ich sie nutze oder nicht, ist mein Problem", zischte Guardiola genervt. Und warum der zur Einwechslung bereite Phil Foden doch nicht mehr ins Spiel kam? "Ich habe mich von Ja auf Nein umentschieden." Nach dieser Antwort verließ Guardiola grußlos die Pressekonferenz.

Tags zuvor hatte auch Ole Gunnar Solskjaer, der Trainer von Manchester United, die eng getaktete Spielansetzung der Liga attackiert. ManUnited musste nach dem Auswärtsspiel der Champions League am Mittwoch bei Basaksehir bereits am Samstag um 12:30 Uhr zum FC Everton. Trotz des 3:1-Erfolgs schimpfte Solskjaer: "Wir wurden zum Scheitern verurteilt." Zur Seite sprang ihm Klopp, der vor drei Wochen ähnliche Erfahrungen mit der frühen Anstoßzeit gemacht hatte. Das Spiel zur Mittagszeit sei ein Killer, sagte Klopp: "Normalerweise haben wir einen arbeitsreichen November und Dezember. Dieses Jahr gleicht der Oktober schon dem Dezember." Die Sender Sky, BT und die Premier League, so forderte Klopp, "müssen sich zusammensetzen". Das frühe Samstagsspiel ist der einzige Übertragungsplatz des Rechteinhabers BT Sport, dem eingeräumt wird, sich an mehreren Spieltagen jeweils eines der interessanten Duelle aussuchen zu dürfen. Momentan kassiert die Premier League knapp zwei Milliarden Euro pro Saison aus den nationalen Fernsehverträgen.

Der Streit über Wechselkontingent und Spielplan hat sich seit Saisonstart zum Politikum in England entwickelt. Den Favoriten ist nicht entgangen, dass die pausenlose Beanspruchung der Profis in nationalen und internationalen Wettbewerben zu einem engeren Tabellenbild führt. Am Wochenende standen vier Klubs (Liverpool, Southampton, Tottenham, Leicester) eine Zeit lang auf Platz eins. Vorige Saison hatte Liverpool nach acht Spielen einen Vorsprung von acht Punkten - jetzt befindet sich der Meister mit den drittmeisten Gegentoren (16) auf Rang drei, einen Punkt hinter Spitzenreiter Leicester. ManCity steckt mit einem Spiel weniger als Zehnter im Tabellenmittelfeld.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: