Endspiele des FC Bayern:Von Katsche bis Kahn

Sieben Mal stand der FC Bayern schon im Finale der europäischen Meisterklasse. Nach der goldenen Ära in den siebziger Jahren gab es zumeist Enttäuschungen - und die Mutter aller Niederlagen. Ein Überblick in Bildern.

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Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass dieser FC Bayern nicht nur der deutsche Rekordmeister, der deutsche Rekordpokalsieger und der deutsche Rekord-Doublegewinner ist - sondern auch die deutsche Mannschaft mit den meisten Final-Teilnahmen in der Champions League, die bis 1992 noch Europapokal der Landesmeister hieß. Sieben Mal standen die Münchner im Endspiel, vier davon gewannen sie. Ein Überblick über die Bayern-Finals.

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In der laufenden Saison wurde beim FC Bayern ja auch viel über modische Schnörkel geredet. Über graue Liebestöter etwa, über giftgrüne, gelbe oder gar pinke Schuhe. So gesehen, war Conny Torstensson seiner Zeit weit voraus. Denn als die Bayern im Herbst 1973 in einem schwedischen Dorf namens Åtvidaberg beinahe aus dem Wettbewerb geflogen wäre, spielte für die Åtvidabergs Fotbollförening (FF) jener Torstensson - und er trug, was damals eine Sensation war: feuerrote Stollenschuhe. Torstensson erzielte prompt zwei Tore beim 3:1 für Åtvidaberg im Rückspiel, das die Bayern in ein Elfmeterschießen zwang - ohne dessen schmeichelhaftes, gutes Ende es nie eine Ära mit drei Europapokal-Siegen in Serie gegeben hätte (1974/75/76).

Torstensson selbst wurde zum Begründer eines ehernen Münchner Transferprinzips: Wer gegen uns gut spielt, wird gekauft! Im Winter kam er für 580.000 Mark, den Landesmeister-Titel 1974 sicherte aber jemand, zu dem rote Schuhe gepasst hätten wie Nutella auf ein Salamibrot: Katsche Schwarzenbeck (im Bild, rechts), der brave Arbeiter, erzwang mit seinem 1:1 in der 120. Minute des ersten Finals gegen Atletico Madrid das 4:0 (zwei Mal Müller, zwei Mal Hoeneß) gewonnene Wiederholungsspiel. Es soll sich, schwören Zeitzeugen, um den einzigen Torschuss in Schwarzenbecks Karriere gehandelt haben.

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Weil in der Saison 1974/75 der erste Münchner Gegner nicht Åtvidaberg hieß, sondern 1. FC Magdeburg, war es eher schwierig, im Winter einen Spieler des ersten Gegners zu verpflichten - obwohl sich die DDR-Elf tapfer schlug (Bayern siegte im Hinspiel nach 0:2-Rückstand 3:2, im Rückspiel 2:1). Im Finale gegen Leeds United wirkte Conny Torstensson wieder mit, schoss aber wieder kein Tor. Für die Treffer zum 2:0-Sieg sorgten "Bulle" Roth (71.) und Gerd Müller (83., im Bild).

Interessantes Detail am Rande: Bereits in der vierten Minute musste Abwehrmann Andersson verletzt raus, in der 42. Minute auch noch Uli Hoeneß - in Zeiten, in denen das Wechselkontigent noch auf zwei Spieler beschränkt war, eine ungünstige Ausgangsbasis für die zweite Hälfte.

Noch ein interessantes Detail am Rande: Weil die Bayern offenbar alle Kraft in den Landesmeister-Cup steckten und die Bundesliga etwas vernachlässigten, wurden sie dort nur Zehnter - das bis dahin schlechteste Resultat.

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20 Jahre jung ist Karl-Heinz Rummenigge erst gewesen, man erkannte ihn aber schon damals an seiner Technik und gut durchbluteten Wangen. "Ich muss sehr blass gewesen sein", erinnert er sich an den 12. Mai 1976, als der FC Bayern im Europacup-Finale gegen St. Etienne stand. "Was ist los mit dir!?", habe ihn in der Kabine Manager Robert Schwan gefragt - der junge Rummenigge war vorm Anpfiff "sehr nervös". Schwan habe sofort für Beruhigung gesorgt, "wir hatten einen Medizinmann, den Richy Müller - der hat mir einen Cognac eingeflößt". Rummenigge versichert: "Das war kein Doping." Nur Weinbrand.

Gestärkt vom Cognac hielt Rummenigge die 90 Finalminuten durch, doch für den spielentscheidenden Moment sorgte ein anderer: Franz "Bulle" Roth erzielte in der 57. Minute das siegbringende Tor zum 1:0. Damit war der dritte Triumph im Europapokal der Landesmeister in Serie unter Dach und Fach. Dies war zuvor nur Real Madrid (die in den fünfziger und sechziger Jahren sogar fünfmal hintereinander siegten) und Ajax Amsterdam (dreimal zu Beginn der siebziger) gelungen. Nach dem FC Bayern gelang dies keinem Klub mehr.

Im Bild, von links: Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Udo Horsmann und Torschütze Franz Roth.

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In den Jahren nach dem Titel-Hattrick der Münchner beherrschten englische Mannschaften den Europapokal der Landesmeister. Dreimal triumphierte der FC Liverpool, zweimal siegte Nottingham Forrest. Auch 1982 stand mit Aston Villa ebenfalls ein Verein von der Insel im Finale - und der FC Bayern hatte die Chance, die Dominanz der Engländer zu brechen.

Doch im Finale von Rotterdam ist, so erinnert sich Klaus Augenthaler, "einfach alles schiefgelaufen". Zunächst einmal für Aston Villa, denn nach zehn Minuten mussten die Engländer ihren verletzten Torwart austauschen. Ersatztorhüter Nigel Spink hatte zuvor noch kein einziges Ligaspiel gemacht - doch an diesem Abend hielt er wie der Teufel. Bayern rannte an und vergab reihenweise Torchancen, besonders Karl-Heinz Rummenigge verzweifelte an Spink. In der 67. Minute konterte Aston, die Münchner Abwehr störte nur halbherzig, Augenthaler verlor seinen Gegenspieler Peter White aus den Augen - und auf einmal stand es 0:1. (Im Bild: White gewinnt ein Kopfballduell gegen Augenthaler und Dieter Hoeneß, Nr. 9).

So musste der FC Bayern im vierten Landesmeister-Endspiel seiner Vereinsgeschichte erstmals eine Niederlage hinnehmen. Und Augenthaler verbrachte viel Zeit bei der Dopingprobe und staunte über zwei Aston-Spieler, die nur 20 Minuten brauchten: "Die hatten einen Kasten Bier getrunken. Sauschnell." Später ging Augenthaler selbst "noch ein bisschen Frustsaufen, das ist ja klar nach so einem Spiel".

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Ganz lange sah es so aus, als könnte nichts schiefgehen im Finale von 1987. Im Endspiel gegen Porto war der FC Bayern hoher Favorit und führte durch ein Kopfballtor, das Ludwig Kögl Mitte der ersten Halbzeit erzielt hatte, mit 1:0. Nach einem souveränen 4:1 gegen Real Madrid im Halbfinal-Hinspiel strotzten die Münchner ohnehin vor Selbstvertrauen, als sie den Rasen im Wiener Praterstadion betraten.

Doch dann hatte ein gewisser Rabah Madjer (im Bild, Mitte, mit Bayern-Verteidiger Norbert Eder) seinen großen Auftritt. Der Algerier sorgte zunächst für den Ausgleich, indem er den Ball aus drei Metern aufreizend lässig und technisch vollendet mit der Hacke ins Tor beförderte. Drei Minuten später kam er mit Tempo über die linke Seite, machte drei Münchner Abwehrspieler nass und flankte präzise auf den zweiten Pfosten. Dort versenkte Juary unbedrängt zum 2:1.

Sündenbock war damals Lothar Matthäus, dem man vorwarf, kein Führungsspieler zu sein, weil er das Heft des Handelns im Finale nicht an sich gerissen habe. Ein Vorwurf, der sich zwölf Jahre später wiederholen sollte. "Immer wenn es ernst wird, verpisst der sich", soll Mehmet Scholl über Matthäus' Auswechslung im Finale 1999 gesagt haben.

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Mario Basler steht neben der Bayern-Bank, er trägt eine Basebalkappe mit dem Aufdruck "Champions-League-Sieger 1999". In der sechsten Spielminute hatte er den Ball per Freistoß um die Mauer ins Tor von Manchester United gezirkelt, die 1:0-Führung hat noch Bestand, als er in der 89. Minute ausgewechselt wird. Basler fühlt sich als Matchwinner. Wenige Meter neben ihm hebt der Linienrichter eine schwarze Tafel in die Höhe. Als dort die Zahl drei aufleuchtet, denkt sich Basler nichts Böses. Sein Trainer Ottmar Hitzfeld schon. "Verdammt", soll Hitzfeld in diesem Augenblick gemurmelt haben, unbewusst hatte ihn ein mulmiges Gefühl beschlichen.

Bayern hatte das Spiel immer unter Kontrolle, aber das zweite Tor, das dem Gegner wohl den Todesstoß versetzt hätte, gelang nicht. Mehmet Scholl schlenzte an den Pfosten, Carsten Jancker traf per Fallrückzieher die Latte. Dann beginnt die Nachspielzeit, und mit ihr jene 103 Sekunden, die wohl die grausamsten in der Geschichte des FC Bayern sind. David Beckham, Manchesters Kunstschütze, schlägt einen Eckball in den Strafraum, Thorsten Fink will klären - doch der Ball rutscht ihm über den Spann und kommt auf Umwegen zu Teddy Sheringham, der ihn über die Linie drückt. Die Bayern sind noch geschockt, als es nochmals Ecke gibt. Wieder Beckham, wieder Sheringham und schließlich spitzelt Ole Gunnar Solskjær die Kugel ins Tor. 1:2 - Schlusspfiff.

Während der glatzköpfige Sturmkoloss Jancker bitterlich weinend zusammensackt und Samuel Kuffour vor Verzweiflung auf den Rasen trommelt, sitzt Mario Basler schon in der Kabine des Camp-Nou-Stadions von Barcelona - gemeinsam mit Franz Beckenbauer. "Es herrschte Totenstille. Wir ließen einander einfach in Ruhe leiden", erinnert sich Basler. Draußen schleichen die anderen Bayern-Spieler zur Siegerehrung, sie holen sich ihre Silbermedaillen ab und applaudieren dem Gegner, der ihnen die "Mutter aller Niederlagen" zugefügt hat.

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"Sport ist, wenn man wegsteckt und gerade so eine bittere Niederlage als Antriebsfeder nimmt, es das nächste Mal besser zu machen", sagte Hitzfeld über das verlorene Finale von 1999. Die Bayern-Mannschaft von 2001 lebt von dem unbedingten Willen, diese Bosheit des Schicksals, die ihnen widerfahren ist, vergessen zu machen. Die Bayern sinnen nach Revanche: Teil eins gelingt im Viertelfinale mit dem Sieg über Manchester United, Teil zwei im Halbfinale mit dem Sieg über Real Madrid (die Spanier hatten die Münchner im Jahr zuvor ebenfalls im Halbfinale ausgeschaltet).

Teil drei, das Finale gegen Valencia in Mailand, gerät zu einem Spiel der Elfmeter. Nach drei Minuten bringt Gaizka Mendieta die Spanier per Strafstoß in Führung, nach sieben vergibt Scholl vom Punkt. Es folgen von Wut und unbändigem Willen getragene Angriffe der Münchner, die aber wirkungslos verpuffen. Nach der Pause gleicht Effenberg aus, natürlich per Elfmeter. Sonst passiert nicht viel in der zweiten Halbzeit, auch in der Verlängerung nicht, also: Elfmeterschießen.

Paulo Sergio, der erste Münchner Schütze, läuft äußerst lässig an - und setzt den Ball über die Latte. Oliver Kahn hält zwei Mal, doch weil auch Bayerns Patrik Andersson vergibt, steht es nach zehn Schützen unentschieden.

Erst der insgesamt 17. Elfmeter des Spiels bringt die Entscheidung: Kahn hält gegen Mauricio Pellegrino und rennt los, wild, schreiend, die Fäuste ballend, irgendwann prallt er gegen Jancker und reißt ihn zu Boden. Auch Effenberg rennt, bis er von Ko-Trainer Michael Henke eingefangen und vor Freude gewürgt wird. Auch Hitzfeld rennt los, alle rennen - dabei sind die Bayern endlich am Ziel. "1999 war vergessen", sagt Hitzfeld später. "Wir spielten zwei Jahre am Limit. So lange, bis es endlich wir waren, die dort oben standen."

dav/Foto: AP

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