EM-Qualifikation: Kasachstan - DFB:Schrauben aus deutscher Produktion

Pflichtaufgabe erfüllt: Die deutsche Elf tut sich gegen Kasachstan lange schwer und vergibt viele Chancen - am Ende trifft beim 3:0 aber sogar Mario Gomez und Lukas Podolski ist an allen drei Toren beteiligt.

Die deutschen Fußball-Nationalspieler hatten eine Menge erstklassiger Tricks angewandt in den letzten Tagen, damit sich die Welt um sie herum nicht wie Kasachstan anfühlt. Das lag keinesfalls daran, dass ihnen das Länderspiel vorigen Freitag nicht gefallen hätte, das sich wie Türkei anfühlte, obwohl es in Berlin stattfand. Es lag vielmehr daran, dass die Dienstreise des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in die mittelasiatische Steppe schlicht zu kurz war, um sich - quasi als Staatsbürger in Sportuniform - noch um ein paar gesellschaftspolitische Belange vor Ort zu kümmern; eine Schule zu eröffnen oder ein Armenviertel zu besuchen zum Beispiel.

Kasachstan - Deutschland

Lukas Podolski und Miroslav Klose (re.) waren mit ihren Toren maßgeblich am 3:0 der  Deutschen in Astana beteiligt.

(Foto: dapd)

Die Uhren nicht umstellen, sich nachts um drei Schlafen legen, einfach die vier Stunden Zeitverschiebung ignorieren - das waren angesichts des Gegners die wichtigsten taktischen Vorgaben an Joachim Löws Elf. Hin, drei Punkte, zurück, so dachte sich das der Bundestrainer. Da war es ein freundlicher Zug, dass dieses EM-Qualifikationsspiel in Astana gegen Kasachstan nicht nur um 23 Uhr Ortszeit - 19 Uhr deutscher Zeit - angepfiffen wurde (sich also nur für die armen Kasachen wie ein Kick zur Geisterstunde anfühlte).

Löws Hin-Sieg-weg-Plan

Sondern dass rund um die DFB-Elf auch alles aussah wie Deutschland. Auf den Stadion-Werbebanden wurde den Einwohnern der kasachischen Hauptstadt Schokoladencreme, Bundesligafernsehen, Zeitschriften sowie Tapeten, Schrauben und Garagentore aus deutscher Produktion offeriert, die sie im Fachmarkt ihres Vertrauens demnächst vergebens suchen dürften.

Manchmal wird die Vormachtstellung des deutschen Fußballs durch die Rahmenbedingungen so eines Spiels deutlicher als durch die Vorstellung auf dem Rasen. Löws Hin-Sieg-weg-Plan jedenfalls ist am Dienstagabend nicht ganz so mühelos aufgegangen, wie es angesichts eines Gegners, der auf Weltranglistenrang 126 ganz gut aufgehoben ist, zu erwarten war. Die Deutschen taten sich lange schwer, ehe sie ihre Gastgeber auf kasachischem Kunstrasen 3:0 (0:0) bezwingen konnten - und so ihre vierte Qualifikationsbegegnung mit dem vierten Sieg abschlossen. Miroslav Kloses Treffer aus der 48. Minute stand bis kurz vor Schluss unerwartet alleine in der Ergebnisliste. Erst als den fleißigen Kasachen alle Kraft aus den Beinen gewichen war, trafen noch Mario Gomez (76.) und Lukas Podolski (85.).

Man tritt der vom deutschen Trainer Bernd Storck angeleiteten Auswahl Kasachstans nicht zu nahe mit der Feststellung, dass sie es nicht alleine waren, die den Deutschen das Leben schwer machten. Die standen sich lange auch selbst im Weg. Nach dem 3:0-Sieg gegen die Türkei am Freitag ist Deutschland schon so gut wie qualifiziert für das Turnier in Polen und der Ukraine im Sommer 2012.

Viele vergebene Chancen

Die Konzentration dennoch weiter auf jenem Niveau zu halten, das die DFB-Elf nach der furiosen WM in den Alltag hinübergerettet hatte, fällt da naturgemäß schwer. Vor dem Gehäuse des kasachischen Torhüters Sidelnikov waren die Deutschen zwar von Anfang an regelmäßig zu Gast, um den Ball aber über die Linie zu befördern, fehlte zunächst die Zielstrebigkeit. Lukas Podolski beförderte die Kugel mit rechts über die Latte (6.), Thomas Müller mit links (9.), Klose mit dem Kopf (16). Mesut Özil schoss, nachdem Sidelnikov einen Versuch von Toni Kroos nach vorne hatte abprallen lassen, deutlich daneben (36.).

Kasachstan - Deutschland

Nach seiner Verletzung im Spiel gegen die Türkei war Mesut Özil (li.) auch auf dem kasachischen Kunstrasen wieder von Anfang an mit dabei.

(Foto: dapd)

Khedira verspringen die Bälle

Zu dieser Zeit fiel noch auf, dass zum Beispiel Sami Khedira auf groteske Weise die Bälle versprangen. Das führte bisweilen zu eifrigen aber hilflosen Angriffen der Kasachen, die das Publikum in schrille Entzückung versetzen, ohne die deutsche Abwehr vor unlösbare Aufgaben zu stellen.

Khedira hatte dann aber auch die beste Gelegenheit vor der Pause, als er den Ball nach einer erneuten Faustabwehr des kasachischen Torwarts mit der Stirn abnahm - von wo er auf die Latte tropfte (42.). Es bedurfte dann einer heftigen Ansprache des Bundestrainers in der Kabine, um in die Erfolgsspur zu finden: Özil passte den Ball durch einen Irrgarten aus blauen Abwehrspielern hindurch in den Lauf von Lukas Podolski, der legte zu Klose ab - 1:0.

Die Zuschauer und die deutsche Elf lernten dann noch den Zweitligaspieler Heinrich Schmidtgal von Rot-Weiß Oberhausen kennen, der mit gleich zwei Volleyschüssen den deutschen Schlussmann Manuel Neuer erschreckte (52.,57.). Dann schickte Podolski den eingewechselten Gomez, der den Ball so zielsicher zum 2:0 neben den Pfosten setzte (76.), als mache er das mit dem Toreschießen beruflich. Das 3:0 erzielte der starke Podolski schließlich selbst.

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