Elf des Spieltags:Thiago sticht aus dem Gebolze hervor

Bayerns ewig verletzter Stratege erlebt ein emotionales Comeback, sein Kollege Manuel Neuer holt sich deshalb ein feuchtes Trikot ab. Ein Saarländer aus Gladbach träumt von der Nationalelf.

Die Elf des 27. Bundesliga-Spieltags

André Schürrle

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(Foto: Stuart Franklin/Getty)

André Schürrles Mitspieler Kevin De Bruyne hat vor Kurzem der Zeitschrift 11Freunde ein Interview gegeben. Darin sagte der Belgier über seinen Ex-Trainer José Mourinho beim FC Chelsea. "Mourinho erklärt nicht, Mourinho entscheidet." Ein schöner Satz, vor allem, wenn man José Mourinho kennt. André Schürrle war auch bei Chelsea, er war auch bei Mourinho und er hat auch - wie De Bruyne - selten gespielt. Er wechselte also zum VfL Wolfsburg, schließlich wollte er an seiner Situation etwas ändern. Doch auch in Niedersachsen saß der Weltmeister zuletzt öfter draußen. Ob Dieter Hecking nun entscheidet und erklärt, weiß man nicht so genau. Jedenfalls entschied er an diesem Samstag, Schürrle erst in der 62. Minute zu bringen. Eine Erklärung dazu? "Er hat einen Riesenrucksack mitgeschleppt", sagte Hecking und meinte damit die 32 Millionen Euro Ablöse. Also brachte der Trainer den Stürmer in seiner Lieblingsrolle: als Joker. Das klappte hervorragend, nach einem Abschlag von Diego Benaglio schoss Schürrle sein erstes Bundesliga-Tor für den VfL. Ob er in Zukunft weiter als Kurzarbeiter im Dienst ist, entscheidet Dieter Hecking. (schm)

Peter Knäbel

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(Foto: dpa)

Der neue HSV-Trainer Peter Knäbel sagte nach dem 0:4 gegen Bayer Leverkusen viele interessante Dinge - es gab ja auch reichlich Redebedarf. Er wisse nun, auf wen er sich verlassen könne und auf wen nicht. Gemeint kann er im positiven Sinne höchstens Torwart René Adler haben - der Rest legte nämlich einen erschütternden Vortrag hin. Und Knäbel sagte: "In der zweiten Hälfte haben wir es nicht geschafft, den Ball vom einen zum anderen zu spielen." Und damit hatte er das Spiel, den Hamburger SV und sowieso die ganze Situation um den Traditionsverein in aller Kürze auf den Punkt gebracht. (schm)

David Abraham

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(Foto: AFP)

Samuel Kuffour war in dieser Disziplin Spezialist. Kaum jemand konnte so gut mit dem eigenen Torwart kollidieren, wie der Ghanaer es mehrfach mit Oliver Kahn tat. Der verschluckte dabei sogar mal seine eigene Zunge. So schlimm erwischte es Hoffenheims Torhüter Oliver Baumann nach der Kollision mit Teamkollege David Abraham zwar nicht, aber er wurde noch auf dem Platz am Haaransatz getackert und später genäht. Viel schlimmer aus Abrahams und Baumanns Sicht: Nach der Kollision kippte das Spiel. Weil Abraham nicht nur Baumann, sondern auch Gladbachs Fabian Johnson erwischte, gab es Elfmeter. Kurze Zeit später kamen die Crashpiloten Baumann und Abraham gegen Patrick Herrmann zu spät. Dann fielen noch zwei Tore nach Kontern. Bei denen war in der Hoffenheimer Hälfte wenigstens so viel Platz, dass Abraham und Baumann nicht Gefahr liefen, nochmal gegeneinander zu purzeln. (schm)

Ömer Toprak

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wer schon einmal Fußball gespielt hat, kennt diese Situationen, in denen man seinem Gegenspieler weh tun kann, ohne dass es der Schiedsrichter merkt. Meistens spielen dabei ein Eckball (kurzes Gewimmel), ein Ellenbogen (kurzer Schlag) oder ein Stollen auf einem großen Zeh (langer Schmerz) eine Rolle. Oder man kann es so aussehen lassen, als sei es eine "normale" Bewegung. Ömer Toprak rutschte an diesem Wochenende in einen Zweikampf mit HSV-Außen Ivo Illicevic, sein rechter Fuß landete auf der Wade des Hamburgers, dann trat der Deutschtürke zweimal zu. Im Fernsehen sah es nach Absicht aus. Schiedsrichter-Experte Markus Merk sah das ähnlich ("Eine klare Tätlichkeit."). Bei Bayer waren sie natürlich anderer Meinung. Rudi Völler griff zu Superlativen ("Ömer ist der fairste Spieler der Liga") und auch Toprak selbst erteilte sich selbst eine Absolution - er meinte: "Da war alles in Ordnung". Na dann. (schm)

Patrick Herrmann

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(Foto: dpa)

Das Saarland erlebt gerade einen Nationalspieler-Boom. Na gut, aktuell spielt ein Saarländer in der Nationalelf (Jonas Hector), aber für ein Bundesland, das so klein ist, reicht das für einen Boom. Zwei Saarländer in der Nationalelf, das war zuletzt gefühlt der Fall, als das Land noch eine eigene Nationalmannschaft hatte (1950-1956). Und jetzt kommt der Saarländer Patrick Herrmann, der bei der Borussia seit Wochen herausragt. Gegen Hoffenheim war Herrmann schneller am Ball als David Abraham (beim 2:1) und im Sprint flinker als Jin-Su Kim (beim 4:1). Herrmann hat seinen Vertrag in Mönchengladbach gerade bis 2019 verlängert. Einer seiner Sätze direkt danach: "Mein Ziel ist das Nationalteam." Im Saarland würden sie sagen: "Allemool". (schm)

Didier Ya Konan

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(Foto: KAI PFAFFENBACH/REUTERS)

Didier Ya Konan ist ein Spieler, bei dem mittlerweile der Satz "Spielt der immer noch?" hinterhergeschoben wird, wenn man ihn in Diskussionen nennt. Dabei ist er erst 30 Jahre alt. Die Unsicherheit liegt an der Tatsache, dass er eine Saison in Saudi-Arabien bei Al-Ittihad gespielt hat, wo normalerweise Kicker kurz vorm Fußball-Rentenalter hinwechseln. Er spielte fünfmal und schoss zwei Tore. Seit Januar ist er aber wieder bei Hannover 96, wo er in 125 Spielen 39 Tore geschossen hat. Jetzt ist ein Spiel und ein Tor hinzugekommen. In der 82. Minute hob Ya Konan einen Ball sehr fein über Frankfurts Torhüter Kevin Trapp hinweg zum 2:2 ins Tor. Gerade in der aktuellen Situation sind sie in Hannover wohl ganz glücklich, dass Ya Konan sich das mit der Fußball-Rente nochmal überlegt hat. (schm)

Christian Streich

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Eine spezielle Eigenart von den vielen speziellen Eigenarten des Christian Streich ist der Drang zum Hadern. Der Trainer des SC Freiburg hadert gerne, meistens mit dem Schiedsrichter, dem DFB oder dem Pech im Allgemeinen. Diesmal haderte er auch. Aber mit dem Glück. Das war neu. Es kommt ehrlich gesagt auch nicht so oft vor, dass der SC Freiburg unverdient gewinnt, meistens verliert der Sportclub eher unverdient. Aber die Leistung beim 1:0-Sieg gegen Köln, sagte Streich, die "reicht nicht, um in der Bundesliga noch einmal zu gewinnen." Köln sei die bessere Mannschaft gewesen und Freiburg habe keinen Rhythmus bekommen. Bevor Streich dann auf das Mahn-Niveau von Matthias Sammer kam, sagte er noch schnell: "Wir dürfen uns über den Erfolg freuen." Immerhin. (schm)

Jürgen Klopp

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Schmähgesänge im eigenen Stadion? Der BVB-Trainer jedenfalls bescheinigte Sky-Moderator Sebastian Hellmann eine "Riesenidee", sein Fernsehinterview nach dem 0:1 gegen die Bayern direkt vor der grölenden Kurve der Münchner abzuhalten. Recht ideenlos wirkte dagegen Klopps Strategie gegen eine Bayernelf, die diesmal frecherweise tiefer stand als gewohnt. Gegen Dortmund würden die Bayern ohnehin immer tiefer stehen als gegen jeden anderen Gegner, moserte Klopp weiter. Nach dem zweiten torlosen Heimspiel in Serie muss Klopp aufpassen, mit seinem BVB nicht bald selbst wieder tief unten in der Tabelle zu stehen. Damit es noch für einen Europa-League-Platz reicht, braucht Klopp demnächst einen Schwung eigener Riesenideen. (koei)

Manuel Neuer

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(Foto: dpa)

Den Samstagabend verbrachte der Bayern-Keeper überwiegend beschäftigungslos auf dem Dortmunder Rasen. Nach dem Sieg seiner Bayern handelte sich der Nationaltorhüter dennoch ein feuchtes Trikot ein, was weniger an den vorangegangenen 90 Minuten lag. Eher daran, dass sein genesener Mannschaftskollege Thiago nach dem Schlusspfiff erste zarte Glückstränen auf Neuers Dress hinterließ. Später grölte Neuer mit den Kollegen in der Kabine Thiago-Sprechgesänge - und vergaß dabei sogar fast, sich über seinen eigenen Auftritt zu freuen. Immerhin hatte er Jürgen Klopp endgültig den Abend vermiest, als er in der 87. Minute die Riesenidee hatte, einen Reus-Freistoß in Weltklasse-Manier aus dem unteren Eck zu fischen. Mit einer Hand!! (koei)

Thiago Alcántara

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(Foto: AP)

Wenn es einem nicht an Ideen mangelt, dann ist es in aller Regel Thiago Alcántara. Kreativität konnte dem Gebolze in Dortmund wahrlich nicht schaden, als der Assistent in der 69. Minute seine Tafel hob. Erstmals seit 371 Tagen zeigten die Digitalziffern bei einem Münchner Wechsel wieder die Rückennummer "6" an. Dann war der Moment gekommen: Um 20.01 Uhr trabte Philipp Lahm vom und Thiago auf den Platz. Seinen ersten Pass spielte der 23-Jährige dann artig Juan Bernat in die Füße, den zweiten Xabi Alonso und den dritten Jérôme Boateng. "Nach zehn Minuten war ich schon ganz müde", sagte Thiago, doch sein lange beschädigtes Innenband im Knie hielt bis zur 94. und letzten Minute durch. Von seinen 24 Pässen in Dortmund (20 kamen bei Mitspielern an) wird zwar keiner als Riesenidee in die Annalen eingehen. Seine ehrlichen Tränen nach Spielschluss dürften dagegen deutlich länger als 371 Tage in Erinnerung bleiben. (koei)

Xabi Alonso

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(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Der Baske hob in der 65. Minute kurz den rechten Arm, die Handfläche nach oben, der Blick nach unten. In der Fußballzeichensprache bedeutet das: "Mein Fehler, sorry. Glück gehabt." Kurz davor hatte er einen Pass von Dante in zentraler Position nicht gestoppt, Pierre-Emerick Aubameyang nahm ihm den Ball ab, sprintete los, Alsono hinterher aber natürlich erwischte der 33-Jährige den Sprinter aus Gabun nicht mehr. Aubameyang verzog, der Fehler hatte keine Konsequenzen. Kurze Zeit später: Alonso kam zu spät, trat Aubameyang im Sechzehner auf den Fuß. Jürgen Klopp nannte das einen "klaren Elfer" und damit analysierte er die Szene ganz gut. Schiedsrichter Kircher sah den Tritt aber nicht. Es gab keinen Elfmeter, es blieb beim 1:0 für die Bayern. Man kann schon sagen, dass Xabi Alonso in diesem Spiel Glück hatte. (schm)

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