Elf des Bundesliga-Spieltags:Vom Bulldozer geplättet

Arjen Robben beschert dem Hamburger SV schmerzhafte bis peinliche Momente. Heung-Min Son durchlebt alle Gefühle - und Huub Stevens bittet Menschen um Rat, die er früher nie gefragt hätte. Die Elf des Spieltags

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Marco Reus

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Quelle: AP

Wer Marco Reus nur im Bauch der Fußball-Arenen begegnet, würde niemals auf die Idee kommen, dass dieser schmächtige und scheue Kerl ein ganzes Stadion zum Ausflippen bringen könnte. Auch nach dem 4:2 gegen Mainz verließ er die Katakomben geräuschlos, ohne Worte, sein Gesicht tief unter Kapuze vergraben. Er überließ wie so oft seinen Dortmundern Mitspielern das Ringen um Superlative. "Was Marco spielt, ist Weltklasse. Dass er sich für uns entschieden hat, war auch für ihn eine Erlösung", sagte Nuri Sahin. Reus mag das grelle Scheinwerferlicht nicht, er meidet es sogar, als habe er eine Augenkrankheit. Dabei ist er auf dem Rasen der Hauptdarsteller, die prägende Figur, die mit seinen Pässen, mit seinen Tricks und Toren jede Mannschaft des Planeten besser macht. Nach dem Spiel gegen Mainz hätte man gerne erfahren, warum er seinen Vertrag beim BVB bis 2019 verlängert hat.

(schma)

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Elkin Soto

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Quelle: AFP

Super-genialer-Wahnsinns-Schuss, das wäre eine Bezeichnung gewesen, die Elkin Sotos Tor gegen den BVB gut umschrieben hätte. Sowas kann ja nicht jeder, was der Kolumbianer da präsentierte: Von der linken Ecke des Strafraums nahm er den Ball hoch aus der Luft und schickte ihn mit dem Fuß erneut steil Richtung Stratosphäre - der Ball verschwand aus dem Fernsehbild - und dann war er plötzlich im Tor. Bogenlampiger ging es nicht. Doch da die Abwehr des BVB so wirr umherwuselte wie ein Haufen aufgeregter Welpen, bleibt das Versagen mehr in Erinnerung, für Jürgen Klopp war das 0:1 lediglich "Slapstick". "Super-genialer-Wahnsinns-Schuss", hätte Soto aus dem Mund des BVB-Trainers sicher lieber gehört.

(ska)

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Huub Stevens

1899 Hoffenheim v VfB Stuttgart - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Der Niederländer hat beim VfB Stuttgart einen klar formulierten Auftrag. Er hat das Team übernommen, um es vor dem Abstieg zu bewahren - damit war er schon einmal erfolgreich, um nichts anderes geht es auch diesmal. Hört man nun Stevens zu, verfestigt sich jedoch der Eindruck, dass er selbst nicht gerade zu 100 Prozent an diese Unternehmung glaubt. "Haben Sie vielleicht einen Rat für mich?", blaffte Stevens nach dem 1:2 in Hoffenheim die Reporter an. Auf die vorsichtige Nachfrage, wie es nun weitergehen könne, sagte Stevens: "Ich weiß es auch nicht im Moment. Irgendwas müssen wir versuchen." Das sind nicht gerade die Worte eines Übungsleiters, der vorangeht und fest an den Klassenverbleib glaubt.

(ebc)

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Son und Dost

Bayer Leverkusen - VfL Wolfsburg

Quelle: dpa

Drei Tore in elf Minuten in nur einer Hälfte reichen normalerweise in der Bundesliga aus, um ein Held zu sein. Dem Leverkusener Heung-Min Son gelang dieses seltene Spektakel im Heimspiel gegen Wolfsburg, doch er schlich anschließend mit hängenden Schultern vom Rasen, das Strahlen war aus seinem Gesicht verschwunden. Im ausgetauschten Trikot des Wolfsburgers Kevin De Bruyne musste er ertragen, wie sich dessen Teamkollege Bas Dost feiern ließ. Der Niederländer war jener Held, der Son sein wollte. Dost erzielte sogar noch ein Tor mehr als der Koreaner, das letzte zum 5:4 für Wolfsburg. Son hat innerhalb eines Spieles alle Gefühlswelten durchlebt. Er weiß jetzt auch, wie deprimierend sich drei Tore in elf Minuten anfühlen können.

(schma)

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Jaroslav Drobny

FC Bayern München - Hamburger SV

Quelle: dpa

Der Tscheche ist ein erfahrener Mann. Er ist 35 Jahre alt, spielte schon für Klubs mit klangvollen Namen wie SK České Budějovice, Panionios Athen und Ipswich Town. Seit 2010 spielt er beim HSV, zuletzt verdrängte er René Adler von dem ihm zugedachten Stammplatz. Wozu all diese Informationen? Drobny ist wirklich ein erfahrener Mann, dem normalerweise keine acht Gegentore in einem Spiel unterlaufen. Beim beschämenden Auftritt in München wurde Drobny von seinen Vorderleuten allerdings so sehr alleine gelassen, dass er einem leidtun musste. Als Trainer Zinnbauer seine Spieler nach dem Schlusspfiff zu einem Kreis versammelte, fehlte Drobny. Er war zu deprimiert. "Wer Drobny kennt, weiß, der ist schon bei einem 0:1 stinkig", sagte Zinnbauer. Und irgendwie bekam man den Torwart auch nicht aus dem Kopf, als Sportdirektor Peter Knäbel später zur HSV-Gesamtsituation am Sky-Mikrofon den Satz sagte: "Wir hatten ein zartes Pflänzchen, über das jetzt ein Bulldozer gefahren ist."

(ebc)

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Arjen Robben

FC Bayern München - Hamburger SV

Quelle: dpa

Das ehrlichste Lob ist das, das vom Gegner kommt, heißt es. Also war es ein gigantisches Lob, das Arjen Robben am Samstagnachmittag von Dietmar Beiersdorfer erhielt. Der Vorstandsboss des Hamburger SV hatte sein eigenes Team gerade 0:8 untergehen sehen, und hätte er sich im Bällewagen unbemerkt aus der Arena schmuggeln lassen - niemand hätte es ihm verdenken können. Doch Beiersdorfer blieb - er wollte über Robben sprechen. Der "war das Eintrittsgeld heute alleine wert", urteilte Beiersdorfer. Als Robben ausgewechselt wurde, klatschte er mit den übrigen knapp 70 000 Zuschauern Beifall. In der Tat hatte fast jede Aktion, die Robben initiierte, zu einem Tor geführt. Das kann man als HSV-Sympathisant blöd finden - oder sich eben in Bewunderung erheben.

(ebc)

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Ribéry und Badstuber

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Quelle: AFP

Nach mancher Larifari-Woche gerät die Saison des FC Bayern in die vorentscheidende Phase, insbesondere in der Champions League. Umso wertvoller, dass sich gegen den HSV zwei Langzeitverletzte zurückmeldeten: Franck Ribéry und Holger Badstuber. Der Applaus für Ribéry war bei seiner Einwechslung etwas lauter ("Ribéry, Ribéry, Ribéry), auch bei seinem Tor zum finalen 8:0. Doch die Verantwortlichen wussten auch die Leistung Badstubers zu würdigen. "Badstuber, I love you", hatte Trainer Pep Guardiola einst über ihn gesagt. Nach den 90 Minuten gegen den HSV lobte er: "Er hat eine überragende Qualität, er erkennt, wo der freie Mann ist." Jetzt gelte für Badstuber: "Trainieren, trainieren, trainieren", damit er nicht nur bei einem lockeren Trainingsspielchen gegen Hamburg, sondern auch in der finalen Phase der Champions League eine echte Option wird.

(ebc)

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Sebastian Rudy

1899 Hoffenheim - VfB Stuttgart

Quelle: dpa

Wenn ein Spieler, der als Kind früher in der Bettwäsche seines Lieblingsklubs geschlafen hat, später das entscheidende Tor gegen eben diesen schießt, muss viel in der Zwischenzeit passiert sein. Bei Sebastian Rudy ist viel passiert. Mit 13 Jahren war er zum VfB Stuttgart gewechselt, mit 18 Jahren unterschrieb er dort seinen ersten Profivertrag, mit 20 Jahren verließ er den Klub seines Herzens. Er hatte nie die Wertschätzung erfahren, die er seiner Meinung nach verdient hätte. In Hoffenheim reifte er dann zum Nationalspieler, in Hoffenheim verlor er nach der Winterpause wieder seinen Stammplatz. Bis er jetzt in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 2:1 traf, es war der erste Sieg für Hoffenheim in diesem Jahr. Lässiger Auftritt, Herr Rudy.

(schma)

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André Breitenreiter

Hannover 96 v SC Paderborn 07 - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Er trug unter der Jacke einen roten Pullover, wie damals, bei Hannover 96. André Breitenreiter ist bei den Niedersachsen groß geworden, sein kleiner Sohn schläft noch immer in 96-Bettwäsche - von daher war das 2:1 seines SC Paderborn bei seinem alten Klub ein besonderes Ereignis. Der Sieg war auch dem Trainer zu verdanken: Breitenreiter hatte das Team so eingestellt, dass dem Favoriten aus Hannover wenig Räume blieben. Nach dem Rückstand wechselte er Srdjan Lakic ein - der traf prompt zum Ausgleich. Und dann zahlte sich auch noch die Nominierung von Alban Meha aus, noch einem alten Hannoveraner, der zum Sieg traf. Weshalb er einen roten Pullover trug, etwa aus Gründen der Provokation? Mitnichten, sagte Breitenreiter, er wollte "nur eine Signalfarbe setzen".

(ebc)

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Ron-Robert Zieler

Hamburger SV - Hannover 96

Quelle: dpa

Ein schöner Rekord, natürlich. 129 Spiele in Serie stand Ron-Robert Zieler in der Startelf von Hannover 96 - das ist die längste Serie aller Bundesligaspieler. Zieler würde sich trotzdem am liebsten ein Ei drauf backen. Denn: Eine andere Serie besagt, dass sein Team - trotz hochgesteckter Ziele - seit fünf Spielen nicht gewonnen hat. Am 1:2 gegen Paderborn war auch Zieler beteiligt, der beim entscheidenden Gegentor durch Meha die Fluglaufbahn des Balles nicht unbedingt eines Weltmeisters würdig berechnete. Zieler war bedient: "Das ist schon mein Anspruch, so einen Ball zu halten."

(ebc)

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Thomas Schaaf

Eintracht Frankfurt v FC Schalke 04 - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Clever getimed war das schon: Das 500. Spiel als Bundesliga-Trainer am Valentinstag zu absolvieren - auf seine Romanze mit dem Fußball lässt Thomas Schaaf nichts kommen. Folgerichtig gab es auch Blümchen, die er als Erinnerung an seine Chefcoach-Jahre mit Sicherheit liebevoll in einer geschmackvollen Vase geparkt hat. 1999 gab er sein Debüt bei Werder Bremen: Eine Zeit, in der sich die Deutschen gerade an diese komischen Euro-Münzen gewöhnten - und dabei Britney Spears hörten. "Klar, die 500 ist eine stolze Zahl und etwas Besonderes", sagte Schaaf nach dem 1:0 gegen Schalke 04, nun als Trainer von Eintracht Frankfurt. Nach 16 Jahren noch immer Erste Liga: Das hat nicht mal Britney Spears geschafft.

(ska)

© Süddeutsche.de/ebc/schma/ska
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