Elf des Bundesliga-Spieltags:Absteigen ohne Abstiegskampf

Der Hamburger SV ist nur in der Mixed Zone ein Team, in Mainz wird in Krisenzeiten Geld verprasst - und in Berlin bekommt derzeit nur einer Beifall. Doch es gibt auch richtige Gewinner: Knut Kircher ist in Dortmund der perfekte Begleiter des Kuschel-Gipfels und Stuttgart erinnert sich an Krassimir Balakow.

Frieder Pfeiffer

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Mainzer Fan

FSV Mainz 05 v 1. FC Koeln  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Der Hamburger SV ist nur in der Mixed Zone ein Team. In Mainz wird in Krisenzeiten Geld verprasst und in Berlin bekommt derzeit nur einer Beifall. Doch es gibt auch richtige Gewinner: Knut Kircher ist in Dortmund der richtige Begleiter des Kuschel-Gipfels und Stuttgart erinnert sich an Krassimir Balakow.

Von Frieder Pfeiffer

Mainzer Fan: Lieber Mainzer Fan, wer Münzen in Richtung am Boden liegender Menschen wirft, will entweder helfen oder hat andere Beweggründe, die deutlich unsympathischer sind. Nun ist Lukas Podolski als Angestellter des 1. FC Köln in diesen Wochen zwar durchaus hilfebedürftig. Diese Notsituation erstreckt sich jedoch ausschließlich auf das Punkte- und nicht auf das Bankkonto. Deshalb - aber nicht nur - ist der Wurf eines Geldstücks auf Augenhöhe natürlich zu verurteilen. Auf die schwierigen wirtschaftlichen Zeiten wollen wir in diesem Zusammenhang jetzt gar nicht eingehen. Dafür auf den berühmten Spruch von George Best, der gesagt hat: "Ich habe mein Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst." Der gute George tätigte diesen Spruch lange vor dem 10. April 2012, als sinnloses Geldverprassen exemplarisch in Mainz vorgeführt wurde.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Pedro Geromel

1. FSV Mainz 05 - 1. FC Köln

Quelle: dpa

Pedro Geromel: Der Kapitän ist ja bekanntlich der letzte, der abhaut. In Köln würde mancher Fan die ganze Sache derzeit aber liebend gerne umdrehen. Pedro Geromel (rechts) erlebt schlimme Wochen beim FC - und das liegt nicht nur an der Gesamtsituation, mit der niemand zufrieden ist. Es ist nicht genau ersichtlich, ob der 26-Jährige als Hauptverursacher oder -opfer des Verteidigungsverständnisses von Trainer Stale Solbakken fungiert. In jedem Fall hat er seinen nicht unerheblichen Anteil. In Mainz beim 0:4 war er ein überzeugender Spieleröffner - des Gegners. Der Brasilianer bekam von den Lesern des Express gleich einmal die Schulnote 5,8 verpasst. Das ist ungefähr eine 6+. Im Zeugnis stand noch geschrieben: "konfus" und "grauenhaft". Geromels Hoffnung: Solange die Musik noch spielt, hat der Kapitän die Chance - verzeihen Sie das Bild -, das Schiff doch noch in ruhige Fahrwasser zu steuern.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Roman Hubnik

Hertha BSC - SC Freiburg

Quelle: dapd

Roman Hubnik: Geromels Rolle der traurigen Gestalt übernimmt bei den Berlinern, die derzeit mit den Kölner darum zu konkurrieren scheinen, wer schneller in der zweiten Liga landet, Roman Hubnik. Der Abwehrchef der Hertha tritt dabei jedoch deutlich prägender in Erscheinung. Gegen Freiburg entschied er sich dafür, erst ein über die Maßen kurioses Eigentor zu fabrizieren, dann Gegenspieler Sebastian Freis den Weg zum 0:2 zu weisen um schließlich höchstselbst im Sturm das 1:2 zu köpfen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man über den derzeitigen Lauf des Tschechen vielleicht schmunzeln. Doch Komödie und Drama liegen ja bekanntlich nah beieinander. Und so kam es noch schlimmer: Kurz vor Schluss verletzte sich Hubnik am Sprunggelenk. Er wird den Berlinern erst einmal fehlen. Was eine Abschiedsvorstellung.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Der Mann hinter der Anzeigetafel

Hertha BSC Berlin v SC Freiburg  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Der Mann hinter der Anzeigetafel: Otto Rehhagel kam nach Berlin und das (Fan-)Volk lag ihm zu Füßen. Sie hatten auch wirklich keinen, zu dem sie sonst hätten aufschauen können im harten Abstiegskampf. Ein paar Pleiten später sind jedoch auch die Otto-Oden verstummt. Beifall bekommt nach neun Heimpleiten in dieser Saison nur noch einer in der Hauptstadt. Es gehört zur Ironie tragischer Geschichten, dass die schönen Seiten kein Gesicht besitzen - und so sitzt der letzte Berliner Held, so vermuten wir, in einer kleinen Kammer und bedient die Anzeigetafel. Dafür bekam er beim 1:2 gegen Freiburg jede Menge Applaus. Er meldete Tore der Stuttgarter gegen Augsburg und berichtete auch von der Niederlage der konkurrierenden Kölner. "Wir haben Glück, dass die anderen auch verloren haben", sagte Rehhagel. Wie recht er hatte. Er klatschte jedoch nicht.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:David Jarolim

1899 Hoffenheim - Hamburger SV

Quelle: dpa

David Jarolim: In Erfolgsteams, so heißt es, kann sich einer auf den anderen verlassen. Beim Hamburger SV, wo man lange nichts von Abstiegskampf wissen wollte, hielt man sich viel zu lange für eines - mit dem Ergebnis, dass man sich aufeinander verließ und niemand etwas tat. Auch das 0:4 in Hoffenheim war ein Musterbeispiel des Fallenlassens ohne Auffangen. Doch zumindest abseits des Platzes funktioniert es noch manchmal mit dem "einer für den anderen". So zog sich David Jarolim in der Mixed Zone wie in den 90 Minuten zuvor schnell mal aus der Affäre und meinte: "Der Heiko sagt was, er ist der Kapitän." Und, welch Überraschung, Heiko Westermann tat es wirklich. Er sagte: "Es war eine Katastrophe." Ob das David Jarolim so gut hinbekommen hätte?

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Frank Arnesen

1. FC Kaiserslautern v Hamburger SV  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Frank Arnesen: Der HSV-Sportdirektor konnte der Pleite in Hoffenheim noch etwas Gutes abgewinnen. "Ich bin glücklich, dass es nur ein 0:4 geworden ist", sagte Arnesen dem TV-Sender Sky. Er hätte auch sagen können: "Ist doch alles gut, Augsburg, Köln und Berlin haben doch auch verloren." Oder: "Wir haben immer noch zwei Punkte Vorsprung auf die Relegationsplätze." An einem guten Tag hätte er vielleicht gesagt: "Wir schauen immer noch nach oben." Diese Verdrängungstaktik hat man in Hamburg lange verfolgt. Doch jetzt merkt auch Thorsten Fink: "Das war kein Abstiegskampf." Vielleicht finden die Hamburger noch hinein. Sonst könnte es tatsächlich sein, dass der HSV absteigt, ohne gegen den Abstieg gekämpft zu haben.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Daniel Didavi

Daniel Didavi

Quelle: AP

Daniel Didavi: Es ist nicht bekannt, wie der 1. FC Nürnberg seine Scouting-Abteilung strukturiert. Es sei jedoch geraten, falls noch nicht geschehen, einen freien Mitarbeiter in Stuttgart zu stationieren. Im vergangenen Jahr beglückte der Stuttgarter Julian Schieber auf Leihbasis den Club, nun schwingt sich der nächste Leihspieler des VfB zum neuen Hoffnungsträger auf. Beim 4:1 gegen Schalke schoss Daniel Didavi die Saisontore fünf und sechs und bereitete eines vor. Im offensiven Mittelfeld definiert er inzwischen das gefestigte Nürnberger Offensivspiel. Es ist nicht verwunderlich, dass der 22-Jährige eigentlich nicht mehr weg will. Im schwäbischen Singsang Stuttgarter Internatsschüler schwärmt er: "Es lief perfekt heute." Die Aussichten auf solche Abende sind in Stuttgart weniger gut, in dieser Verfassung jedoch nicht ausgeschlossen. Die Verhandlungen zwischen Nürnberg und Stuttgart laufen. Und kehrt er doch zurück, hat Nürnberg sicher schon einen neuen VfB-Bankspieler im Auge.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Tamás Hajnal

VFB Stuttgart - 1. FSV Mainz 05

Quelle: dapd

Tamás Hajnal: VfB-Manager Fredi Bobic hat in seiner nun bald zweijährigen Tätigkeit in Stuttgart einige Spieler gekauft. Zu Beginn war auch ein Mauro Camoranesi dabei, den der frühere Torjäger aber lieber nicht selbst verantwortet haben will. Ansonsten verzeichnet Bobic bald so viele Transfertreffer wie Vedad Ibisevic Tore seit Januar. Tamás Hajnal war bislang ein eher unauffälliger Treffer, quasi ein Abstauber zum 3:1. Gut, er gab dem Fast-Absteiger gleich in der vergangenen Rückserie Struktur und Kreativität. Doch richtig gewürdigt wurde es selten. Dennoch spielt er unter Bruno Labbadia nahezu immer. Am Wochenende schoss er nun endlich sein erstes Saisontor. In Augsburg am Dienstag (3:1) bereitete Hajnal die ersten beiden Treffer vor. Einen Pass wie den zum 2:1 hat Fredi Bobic früher auch gerne bekommen. Damals schickte ihn Krassimir Balakow. Und schon erkennt man, wie unterschätzt dieser kleine Ungar immer noch ist.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Roman Weidenfeller

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Roman Weidenfeller: "We have a grandios Saison gespielt", erzählte Roman Weidenfeller in his grandios Schulenglisch im vergangenen Jahr nach der Meisterschaft englischen Journalisten. Es liegt nicht an fehlender Sprachkenntnis, dass der Torhüter der Dortmunder nicht auch anmerkte: "I have", ich habe. Er tritt eher selten in den Vordergrund, was für einen Schlussmann auch nicht schlecht sein muss. Weidenfeller macht wenig Fehler, brilliert dafür aber auch seltener als die von Bundestrainer Löw geschätzte Konkurrenz. Das ist vorerst vorbei. Schon in Wolfsburg zeigte der 31-Jährige eine sensationelle Parade gegen Mario Mandzukic, nun entschied er den Gipfel aller Gipfel mit einem gehaltenen Elfmeter. Trainer Jürgen Klopp staunte: "Und der hält den auch noch fest." Es fehlte nur: "He has a grandios Partie gespielt."

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Arjen Robben

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Arjen Robben: Natürlich findet sich der Niederländer in dieser Liste. Nicht einmal Roman Hubnik hat in dieser Woche ein Spiel so geprägt wie der Außenläufer der Bayern. Lange Zeit blass, machte Arjen Robben in der Schlussviertelstunde so richtig mit. Und packte in diese 15 Minuten bis auf eine rote Karte und - genau - ein Tor fast alles, was Fußball kann. Er hob das Abseits beim 0:1 auf, weil er sich nur zögernd von der Torlinie wegbewegte, holte einen Elfer raus, verschoss diesen und drosch kurze Zeit später den Ball aus zwei Metern über das Tor. Er machte den Gomez, könnte man höhnisch anfügen. Dem Teamkollegen ist so ein Malheur hingegen schon sehr lange nicht mehr passiert.

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Elf des Bundesliga-Spieltags:Knut Kircher

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Knut Kircher: Ein Spiel, das die Meisterschaft entscheidet und Franz Beckenbauer sagt: "Es wird viel vom Schiedsrichter abhängen." Es ist nicht überliefert, wie Knut Kircher mit dieser Art Druck umgeht. Sicher ist aber, dass er mit Veröffentlichung seiner Techniken jede Menge Geld machen könnte. Ein Unparteiischer, der nicht auffällt, ist ein guter Unparteiischer, sagt man. Der Mann aus Rottenburg war besser. Er war auffallend präsent, autoritär, jedoch nie arrogant, blieb, sofern das möglich ist, fehlerlos und zeigte - mit Hilfe beider Teams - keine gelbe Karte. Und bei all dem lächelte er unentwegt. Er war der ideale Begleiter dieses schon im Vorfeld sehr kuscheligen Gipfels. Auch Franz Beckenbauer wird sicherlich zufrieden gewesen sein.

© SZ.de/fred/bero
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