Elf des Bundesliga-Spieltages:Künstler und Kaffeemäuschen

Die Bundesliga und ihre Charaktere: Ein Schalker Ästhet, der in aller Ruhe lupft, ein hyperaktives Hoffenheimer Trainermaskottchen mit Getränke-Leidenschaft und ein Wolfsburger Rumpelstilzchen, dem eine Runde Zen-Buddhismus und Bachblüten gut tun würden. Die Elf des Spieltages.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Luiz Gustavo

VfL Wolfsburg v FC Bayern Muenchen  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Die Bundesliga und ihre Charaktere: Ein Schalker Ästhet, der in aller Ruhe lupft, ein hyperaktives Hoffenheimer Trainermaskottchen mit besonderer Getränke-Leidenschaft und ein Wolfsburger Rumpelstilzchen, dem eine Runde Zen-Buddhismus und Bachblüten gut tun würden - die Elf des Tages.

Lange ist Luiz Gustavo noch nicht beim FC Bayern, ein halbes Jahr erst, doch er hat an diesem zweiten Spieltag in der Tat Wegweisendes vollbracht. Man stelle sich vor: Die Bayern hätten in Wolfsburg nicht gewonnen, die Stimmung wäre am Tiefpunkt gewesen, der Klub hätte sicher auch die Champions-League-Qualifikation gegen den FC Zürich vergeigt und würde bald in der Europa League herumdümpeln. Doch Luiz Gustavo schoss ein Tor, ein schönes sogar, in der 91. Minute gegen Wolfsburg. Nun ist die Stimmung wieder formidabel, der FC Bayern wird am kommenden Mittwoch Zürich aus der Arena ballern und selbstverständlich auch die Champions League gewinnen. Und alles wegen Luiz Gustavo. Toll. Er hat den FC Bayern gerettet!

Texte: Carsten Eberts, Jonas Beckenkamp und Thomas Bierling

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Toni Kroos

VfL Wolfsburg - FC Bayern München

Quelle: dpa

Der Bayern-Arzt blickte verdutzt hoch zu Schiedsrichter Knut Kircher, der ihm gerade die gelbe Karte präsentierte. Er zuckte mit den Schultern,  ganz die Unschuld in Person. Tatsächlich zeigte Kircher die Karte nicht dem Arzt, sondern dessen Patienten. Der lag in seinen Armen - und blickte gar nicht unschuldig drein. Denn Toni Kroos war nach einer unsportlichen, peinlichen Schwalbe - ähnlich schlimm wie Andi Möllers Jahrhundertschwalbe aus dem Jahr 1995 - auf seine Schulter gefallen und ließ sich deshalb behandeln. Als hoffe er auf das Mitleid des Schiedsrichters. Der hatte jedoch keines und wahrscheinlich wird ihm Kroos dafür noch dankbar sein:  Denn hätte Kircher auf Elfmeter entschieden, kein Mensch hätte mehr über Kroos' ansehnliche Leistung im Spiel gegen Wolfsburg gesprochen und darüber, dass der Nationalspieler unter Jupp Heynckes tatsächlich wieder aufzublühen scheint. So kam er mit blauem Auge davon. Und mit einem Zwicken an der Schulter.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Felix Magath

VfL Wolfsburg - FC Bayern Muenchen

Quelle: dapd

Wie gut, dass Felix Magath der Jahreszeit entsprechend stets gut gebräunt seiner Arbeit als Trainer des VfL Wolfsburg nachgeht, denn sonst wäre seine Gesichtsröte im Spiel gegen die Bayern noch weitaus drastischer ausgefallen. Die Magath'sche Färbung hatte wohlgemerkt nichts mit dem hochsommerlichen Sonnenschein zu tun, sondern selbstverständlich mit einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters: Knut Kircher hatte es gewagt, Patrick Helmes' regulären Kopfballtreffer in der ersten Halbzeit nicht anzuerkennen - was bei Magath einen solch veritablen Tobsuchtsanfall zur Folge hatte, dass man ihm am liebsten eine Woche Zen-Buddhismus mit Bachblütenkur verordnet hätte. "Wenn vier Schiedsrichter nicht in der Lage sind, eine Szene richtig zu bewerten, dann wird es Zeit für den Fernsehbeweis", polterte der Coach später - immer noch schwer gekennzeichnet von seinem Rumpelstilzchen-Teint.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Raúl

FC Schalke 04 v 1. FC Koeln  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Es ist ja nicht so, als hätte dieser Raúl nicht schon des öfteren bewiesen, dass er ein Künstler, ja ein Ästhet des Fußballs ist. Aber ein solch wunderbares Tor wie sein 4:1 gegen den 1. FC Köln - das hat es selten gegeben. Mit rechts hatte der Spanier einen Pass angestoppt und beinahe wirkte es, als würde er sich mit seinem Ideenreichtum verzetteln. Aber eben nur beinahe, denn Raúl, dieses geniale Schlitzohr, weiß immer, was er macht. Mit links? Mit rechts? Vorbeischieben? Tunneln? Von allen möglichen Varianten wählte der Stürmer seelenruhig die komplizierteste: Er hob den Ball mit links in Zeitlupentempo über den Kölner Keeper Michael Rensing ins Tor. Ein einmaliger Glückmoment? Mitnichten, wenn man seinem Mitspieler Lewis Holtby glaubt - der sagte nach dem Spiel: "Er macht von acht Schüssen im Training sieben so. Das ist einfach ein Weltklassespieler, von dem wir uns alle eine Scheibe abschneiden können."

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Ståle Solbakken

FC Schalke 04 v 1. FC Koeln  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Es war erst der zweite Spieltag der Saison - doch Kölns neuer Trainer macht sich bereits zu diesem Zeitpunkt unentbehrlich. Nicht, weil seine Kölner bislang so fulminante Leistungen brachten, gut Fußball spielten oder viele Tore schossen. Wirklich nicht. Sondern wegen seiner Art. Weil er einfach ein Typ ist. Nach der 0:3-Auftaktpleite gegen Wolfsburg nahm er ehrenmännisch die gesamte Schuld auf sich. Und nun? Nach dem 1:5 gegen Schalke? "Es ist immer der Trainer", sagte Solbakken wieder, "und es ist immer der Trainer, der die Konsequenzen ziehen muss." Das klingt danach, als hätte er die Mechanismen der Bundesliga und insbesondere beim 1. FC Köln bereits verinnerlicht. Hoffentlich darf er noch ein paar Spieltage bleiben.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Sejad Salihovic

TSG 1899 Hoffenheim - Borussia Dortmund

Quelle: dapd

Roman Weidenfeller hüpfte hinterher, auch wenn er wohl wusste, dass daraus nicht mehr als ein Alibihopser werden konnte - zu präzise war der Freistoß von Hoffenheims Sejad Salihovic aus 35 Metern getreten. Anscheinend hat es sich noch nicht bis zum Dortmunder Torhüter rumgesprochen, dass Salihovic einer der besseren Bälletreter der Liga ist. Kein aktueller Bundesligaspieler hat mehr direkte Freistöße verwandelt als der Bosnier (sieben). Weidenfeller beorderte trotzdem nur zwei Männer in die Mauer - und dann das: Ohne großes Flattern nahm die Kugel erst Kurs auf die Mitte des Tores, bog jedoch dann seitlich ab und donnerte ins Netz. "Den hätte ich nicht einmal gehalten, wenn ich in der Ecke gestanden hätte", gab der geschlagene Keeper nach dem Spiel zu. Vielleicht sollte Weidenfeller beim nächsten Salihovic-Geschoss gar nicht mehr abspringen, sondern sich gleich anerkennend nickend neben den Kasten stellen.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Holger Stanislawski

TSG 1899 Hoffenheim - Borussia Dortmund

Quelle: dapd

Es ist nicht böse gemeint, aber hatte Holger Stanislawski nicht schon immer etwas Maskottchenhaftes an sich? So schien es zumindest bei St. Pauli, wo "Stani" 18 Jahre als Spieler, Vizepräsident, Sportchef und schließlich als Trainer auf und neben dem Platz herumturnte. Jetzt tut er dies auch als Coach bei 1899 Hoffenheim. Zwar haben die Kraichgauer bereits einen Glücksbringer (einen Elch namens "Hoffi"), aber so wie Stanislawski an der Seitenlinie umher wuselt, macht er ihm ganz schön Konkurrenz. Wie anstrengend das ist, offenbarte er nach dem Spiel gegen den BVB: "Ich habe fünf oder sechs Flaschen leer getrunken und geschwitzt - ich bin durch", sagte Stanislawski: "Jetzt brauche ich erst einmal einen Kaffee." Die Sportschau beeilte sich daraufhin zu erwähnen, dass er in seiner Hamburger Zeit täglich drei Kannen konsumiert habe und bezeichnete ihn daher als "Kaffeemäuschen". Eigentlich ein treffender Name für ein Maskottchen.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Mario Götze

Dortmund's Goetze reacts during their German Bundesliga soccer match against Hoffenheim in Sinsheim

Quelle: REUTERS

Wer Mario Götze am Mittwoch gegen Brasilien zaubern sah, konnte sich kaum vorstellen, dass sich dieser kleine Wirbelwind nur kurze Zeit später in eine beträchtliche Leistungsflaute manövrieren würde. Gewiss waren die Superlative unter der Woche übertrieben - und gewiss musste damit zu rechnen sein, dass der Überflieger irgendwann auch wieder auf dem harten Bundesliga-Boden aufprallt, doch dass es ausgerechnet schon im kommenden Spiel passieren sollte? Gegen Hoffenheim nahm Jürgen Klopp seinen Lieblingsschüler nach 54 Minuten vom Platz, weil er müde wirkte. Waren dem 19-Jährigen die dauernden Vergleiche mit einem gewissen argentinischen Wuselmann zu Kopf gestiegen? Nein, versicherte Klopp genervt: "Ich weiß nicht, wie man mentale Müdigkeit misst. Wir haben eine körperliche Müdigkeit festgestellt." Mario Götze selbst schlich indessen wortlos davon - vielleicht war er einfach zu schlapp.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Sascha Mölders

FC Kaiserslautern - FC Augsburg

Quelle: dpa

Groß, kräftig und kantig kommt er daher, dieser Sascha Mölders. Mit mächtigen Schritten galoppierte er in Kaiserslautern unaufhaltsam Richtung Tor, um dann - am Strafraum angelangt - mit einem eleganten Schlenker den Gegenspieler zu verladen und den Ball mit bemerkenswerter Präzision in den Winkel zu dreschen. Das 1:0 des Augsburgers beim FCK war bereits sein drittes Tor im zweiten Spiel dieser Saison.  Dabei war Mölders, die Urgewalt aus dem Ruhrgebiet (geboren in Essen), ein echtes Schnäppchen: Für nur 175.000 Euro wechselte er vom FSV Frankfurt in die Bundesliga zu den Augsburgern. Nach den ersten beiden Spieltagen darf man bei den Schwaben nun getrost fragen: Wer war eigentlich nochmal dieser Michael Thurk?

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Lennart Thy

Werder Bremen's Thy tries to score against Bayer Leverkusen during the German first division Bundesliga soccer match in Leverkusen

Quelle: REUTERS

Lennart Thy wird eine große Zukunft vorausgesagt. Torschützenkönig bei der U-17-Europameisterschaft war er, mit 18 Jahren dann Debüt in der Bundesliga und seit Beginn der Saison Stammspieler (sic!) bei Werder Bremen. Thy könnte der Nachfolger von Miroslav Klose und Mario Gomez werden. Deswegen hat er in jungem Alter gleich vollbracht, was die beiden anderen schon hinter sich haben: Der Stürmer brachte es gegen Leverkusen fertig, den Ball aus einem Meter Entfernung über die Latte zu bolzen. Klose führte dieses Kunststück in der vergangenen Saison gegen Stuttgart vor, Gomez glänzte damit bei der Euro 2008 gegen Österreich. Freilich hätte Thy in dieser Situation sein erstes Bundesligator machen können, ja müssen - aber wahren Ruhm erlangen Stürmer doch auch im Scheitern.

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Elf des Bundesliga-Spieltages:Klaas-Jan Huntelaar

FC Schalke 04 v 1. FC Koeln  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Klaas-Jan Huntelaar schrie, gestikulierte und trat wütend gegen den Pfosten - wohlgemerkt, beim Stand von 4:1 für seinen Verein. Unbedingt wollte der Holländer ein drittes Tor erzielen, aber Julian Draxler hatte den Ball zu schlampig abgespielt. Mit Leid kennt sich Huntelaar aus: Als große Stürmerhoffnung gehandelt, wechselte er von einem Top-Klub zum nächsten (Ajax, Real, Milan), stand aber häufig in der Kritik. Mittlerweile ist Huntelaar 28 Jahre alt und spielt seit einem Jahr für Schalke 04 - richtig angekommen ist er aber vielleicht erst an diesem Wochenende. Gegen Köln erzielte er ein Tor per Elfmeter, eines per Kopf und, kurz nach der Szene mit Julian Draxler, auch noch eines mit dem Fuß. Drei Treffer in einem Spiel sind eigentlich ziemlich heldenverdächtig - aber trotzdem war später vor allem von Raúls herrlichem Heber die Rede. Fußball kann so gemein sein.

© sueddeutsche.de/hum
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