Eklat im Regensburger Kreispokal:Umwerfendes K.-o.-Spiel

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Vorübergehend ruht der Ball - bis das Gericht entschieden hat. (Foto: Kirchner-Media/imago images/Kirchner-Media)

Im Duell zwischen dem SV Breitenbrunn und dem FSV Prüfening steht es kurz vor Schluss 4:4 - dann streckt ein Breitenbrunner Zuschauer auf dem Platz einen Gästespieler nieder. Wie es nun weitergeht, wird vor Gericht entschieden.

Von Frederik Kastberg

Es war ein packendes Fußballspiel, dieses Halbfinale zwischen den Kreisligisten SV Breitenbrunn und FSV Prüfening am 28. Juli. Für den Finalisten ging es um die Chance, für den Kreis Regensburg in den bayerischen Toto-Pokal einzuziehen. Mit 4:0 hatten die Gäste Anfang der zweiten Halbzeit bereits geführt, ehe die Breitenbrunner eine furiose Aufholjagd starteten und sich mit zwei Treffern in der Nachspielzeit tatsächlich noch ins Elfmeterschießen kämpften. Ein an Dramatik kaum zu überbietender Spielverlauf. Doch zum finalen Akt, der Entscheidung aus elf Metern, sollte es nicht mehr kommen.

Der Grund dafür ist auf einem Handy-Video festgehalten. Ein weiter Freistoß ist zu erkennen, der zu kurz abgewehrte Ball, der Torschuss, Jubel im Publikum und auf dem Rasen. Breitenbrunns Spieler und Betreuer, wie sie zusammenströmen - und am Bildrand noch etwas anderes: Ein Zuschauer der Gastgeber nämlich - er ist Spieler der zweiten Mannschaft des SVB -, der nach dem Ausgleich in eine andere Richtung auf den Platz torkelt, trunken vor Freude und vermutlich dem einen oder anderen Bier, wie er geradewegs auf den Gästespieler Maximilian Röhrl zuläuft und diesen ungebremst umreißt. Dabei trifft er ihn mit dem Unterarm am Kopf, so steht es im Spielbericht. Seine eigene Mannschaft jubelt währenddessen fernab des Geschehens am Mittelkreis.

Spieler mit Schädel- und Augenhöhlenprellung im Krankenhaus

Nach kurzer Beratung mit allen Beteiligten bricht Schiedsrichter Sebastian Beer das Spiel ab, die Mannschaft des FSV sei nicht bereit gewesen, weiterzuspielen. Im Krankenhaus wird bei Röhrl eine Schädel- und Augenhöhlenprellung diagnostiziert, das Kreissportgericht wertet die Partie 2:0 für den FSV Prüfening. Neun Tage später schießen die Regensburger den klassenhöheren Stadtrivalen FC Kosova im Kreisfinale mit 7:0 vom Platz und qualifizieren sich so für die erste Runde des Verbandspokals gegen den Mitte-Landesligisten SC Ettmannsdorf. Der Kantersieg kommt vor allem deshalb zustande, weil der ersatzgeschwächte Bezirksligist den Ersatztorwart als Feldspieler aufstellen muss, als frische Kraft von der Bank einen 60-Jährigen einwechselt und mit der Devise antrat, "nicht zweistellig zu verlieren" - Dinge, die Amateurfußballern in Bayern bekannt vorkommen dürften.

Doch das Finalergebnis könnte bald Makulatur sein. Der SV Breitenbrunn hat gegen die Wertung des Halbfinals Berufung eingelegt - und vom Bezirkssportgericht Recht bekommen. "Es ist schlimm, dass sich der Spieler verletzt hat, das wollen wir nicht relativieren", sagt Martin Kobl, zweiter Vorsitzender des SVB, "unserer Meinung nach hätte das Spiel aber sportlich zu Ende gebracht werden können. Der Verein und die Mannschaft tragen keine Schuld." Der Zuschauer sei in einem "völlig verwirrten und sturzbesoffenen Zustand" auf den Platz gerannt, habe die zweite Halbzeit bis zu diesem Zeitpunkt schlafend verbracht. "Es war nicht klar, ob er dann mit der eigenen Mannschaft jubeln oder den Gegenspieler umarmen wollte, sich aber nicht mehr kontrollieren konnte", bewertet Kobl den Vorfall, den er nichtsdestotrotz bedauert: "Es ist tragisch, dass das passiert ist. Bis dahin war es ein tolles Pokalspiel." Er könne sogar nachvollziehen, dass die Spieler des FSV nicht weitergespielt hätten, weil "man in die Leute nicht reingucken kann, inwieweit die das geschockt hat". Von der Berufung gegen die Gerichtsentscheidung hat ihn diese Einsicht aber augenscheinlich nicht abgehalten.

Prüfening kann die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen

Zu einer anderen Einschätzung kommt erwartungsgemäß der FSV Prüfening. Von einem "überraschenden und völlig aggressiven Angriff" spricht Rainer Reißfelder, zweiter Vorsitzender des Vereins, der nun wiederum selbst gegen die Entscheidung des Gerichts Revision eingelegt hat. Nun wandert der Fall wohl vor das Verbandssportgericht. Reißfelder habe die Berufung der Breitenbrunner schon nicht nachvollziehen können, als dann aber die Entscheidung des Gerichts kam, sei man im Verein "aus allen Wolken gefallen", erzählt er. "Das war ein klarer gewalttätiger Akt. Unser bester Torschütze lag zehn, fünfzehn Minuten benommen auf dem Platz, die Spieler waren schockiert. Was soll denn noch passieren?" Das Bezirksgericht argumentiert, dass ein Spielabbruch "absoluten Ausnahmecharakter" haben müsse und kommt zu dem Schluss, dass "eine ernsthafte Störung, welche eine Fortsetzung des Spiels nicht ermöglichte, zum Zeitpunkt des Spielabbruchs nicht vorlag". Auch eine schwere Verletzung eines Mitspielers mache die Fortsetzung des Spiels nicht unzumutbar, heißt es in der Begründung.

Ursprünglich waren die Wiederholungsspiele, Halbfinale und Finale, für dieses Wochenende angesetzt. Doch ehe es kein endgültiges Urteil gibt, wird nicht wieder gespielt; Spiele unter Vorbehalt solle es nicht noch einmal geben. So wartet also auch der SC Ettmannsdorf weiter auf seinen Gegner in der ansonsten bereits beendeten ersten Runde, was den Landesligisten inmitten englischer Wochen in Terminnot bringt. Dass es aus dem Fußballkreis Regensburg keinen Teilnehmer für den Verbandspokal gibt, schließt dessen Spielleiter Andreas Mayländer aus. "Man redet nur über Termine, aber dass sowas passiert ist, ist die Katastrophe an der ganzen Geschichte", sagt er. "Ich bin schon lange im Geschäft. Mir ist nicht bekannt, dass es sowas mal gegeben hat." Nach der Entscheidung des Gerichts "werden wir irgendwann wieder zum Fußballspielen kommen", sagt er, "das ist das Wichtigste an der ganzen Geschichte".

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