Eisschnelllauf:Signale aus dem Eis

Sprinter Nico Ihle wird in einem Wettkampf mit sehr knappem Ausgang Achter über die 500-Meter-Strecke. Er ist nicht enttäuscht, sondern sieht das Resultat als gutes Zeichen für das nächste Rennen.

Von Barbara Klimke

Er war zurück unter der hohen weißen Decke im weiten Oval. Jeder Sportler kennt Stätten, die ihn inspirieren, und für Nico Ihle zählt Südkoreas Eisschnelllauf-Arena in Gangneung dazu, in der er vor einem Jahr den größten Erfolg seiner Laufbahn feierte. Er kennt das Eis, die Atmosphäre, die trockene Luft, und er hat sich diesmal exakt so vorbereitet wie bei seinem letzten Besuch, als er WM-Zweiter über die 500-Meter-Distanz wurde.

Wieder ist er so spät wie möglich angereist, um in Chemnitz und Berlin noch in aller Ruhe zu trainieren, wieder hat er versucht, alle Ablenkungen, alles Störende auf ein Minimum zu reduzieren. Dann ging er am Montagabend um 21.32 Uhr Ortszeit auf die Bahn, trat auf schnellen Kufen an, verstärkte den Druck in der Innenkurve und musste nach 34,89 Sekunden erkennen, dass sich Erfolg doch nicht bis ins letzte Detail reproduzieren lässt.

Speed Skating - Winter Olympics Day 10

Erstmal Ernüchterung: Sprint-Hoffnung Nico Ihle wurde über 500 Meter Achter. Jetzt ruhen die Hoffnungen der deutschen Eisschnellläufer auf Ihles Rennen über 1000 Meter am Freitag.

(Foto: Harry How/Getty)

Rang acht belegte Ihle, 32, im 500-m-Sprint, aber das hieß für ihn noch lange nicht, dass seine Planungen fehlgeschlagen sind. "Es war kein schlechter Lauf", sagte er später, einen Fehler konnte er auf Anhieb nicht erkennen, und auch ein Fehlstart in seinem Lauf-Duell hatte ihn nicht nervös gemacht: "Achter muss man erst mal werden in so einem Wettkampf, in dem es zehn Kandidaten gibt, die gewinnen können." Tatsächlich haben sich die 500 Meter in dieser Saison als die am heftigsten umkämpfte Distanz erwiesen, 17 Läufer haben im Weltcup Plätze von eins bis drei erstritten, auch Ihle gehörte in Heerenveen dazu. Und so nahm er zunächst erfreut zur Kenntnis, dass er den niederländischen Weltmeister Jan Smeekens hinter sich ließ. Ausnahmsweise hat sich Hollands Kufen-Kompanie am Montag sogar ganz ohne Medaillen ins Olympische Dorf zurückgezogen: Gold sicherte sich der Norweger Havard Lorentzen (34,41) vor dem Südkoreaner Cha Min-kyu (34,42) und dem Chinesen Gao Tingyu (34,65). Vor allem Cha Min-kyu verzückte die heimischen Besucher im ausverkauften Rund, denn es gelang ihm, den Olympischen Rekord zu egalisieren, den Lorentzen dann umgehend verbesserte.

Eisschnelllauf: Nur noch zwei Chancen gibt es, dann ist Olympia wieder vorbei: Das Frauenteam um Claudia Pechstein landete nur auf Rang sechs. Pechstein startet am Samstag noch im Massenstart.

Nur noch zwei Chancen gibt es, dann ist Olympia wieder vorbei: Das Frauenteam um Claudia Pechstein landete nur auf Rang sechs. Pechstein startet am Samstag noch im Massenstart.

(Foto: AFP)

Nico Ihle stellte zufrieden fest, dass er sich locker und frisch fühlte. Das Rennen hätte für ihn hinter der Ziellinie sogar noch ein Stückchen fortgeführt werden können. Das sei immer ein gutes Zeichen, zumal das längere Rennen über 1000 Meter am Freitag noch folgt: "Ich hatte Kraft und Saft weiterzulaufen", erklärte er: "Das macht Laune auf das nächste Rennen." Außerdem war er bei den Spielen 2014 ebenfalls über die längere Sprintstrecke zu seinem besten Resultat, Rang vier, übers Eis gesaust: Noch ein guter Fingerzeig.

Das frühe Scheitern der Frauen in der Team-Verfolgung ist bitter für den Bundestrainer

Weit weniger fröhlich packten am Montag Gabriele Hirschbichler, Roxanne Dufter und Claudia Pechstein ihre Schlittschuhe in die Taschen: Sie verpassten die Chance, sich in der Teamverfolgung für das Halbfinale zu qualifizieren. Die viertbeste Zeit hätten sie laufen müssen; am Ende blieb vorerst der sechste Rang unter acht Nationen. Bei einer Zeit von 3:02,65 fehlten drei Sekunden zum angestrebten Platz, und das ist über sechs Runden dann doch mehr als ein Wimpernschlag. "Wir haben gekämpft, aber es hat nicht gereicht", sagte Gabriele Hirschbichler: An ihr hat es am wenigsten gelegen: Sie hatte noch am Vortag auf ihr Einzelrennen verzichtet, um sich auf die Mannschaftsleistung zu konzentrieren, und gab als Sprinterin den schnellen Takt vor. Als die Führung im Trio an ihre Inzeller Teamkollegin Dufter und dann an Pechstein wechselte, vergrößerte sich der Rückstand. Vielleicht wären die Anstrengungen eher von Erfolg gekrönt gewesen, hätte sich Roxanne Dufter nicht vor den Olympischen Spielen schwer erkältet: "Hätte, hätte, Fahrradkette. Wir haben jetzt eine Sechs", sagte Pechstein dazu; allerdings bietet sich dem Trio in den Trostrunden am Mittwoch noch die Gelegenheit, sich auf fünf vorzuschieben.

"Wir haben halt nur diese drei Frauen", sagte Bundestrainer Jan van Veen, als er das "enttäuschende Ergebnis" erklärte sollte. In dieser Notlage müssten alle in Bestform sein, um mit den anderen Nationen mitzuhalten - was im Weltcup mitunter sogar gut gelang. Der Bundestrainer ist erst vor zwei Jahren angetreten, um die einst so erfolgreichen deutschen Kufenflitzer, die in Sotschi komplett aus den Medaillenrängen rutschten, wieder in die Spur zu führen. Für ihn ist das frühe Scheitern in der Team-Verfolgung auch deshalb bitter, weil es sein Prestigeprojekt war: Das Windschatten-Fahren und die Wechsel hatte er mit den Athletinnen schon im Sommer im Trainingslager trainiert, weil dieser Wettbewerb bei Olympia den meisten Erfolg versprach. Aber die Bilanz wird erst zum Schluss gezogen: Claudia Pechsteins Massenstartrennen und Nico Ihles zweiter Versuch kommen noch.

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