Süddeutsche Zeitung

Eisschnelllauf:Personeller Umbau

Der Eisschnelllaufverband DESG hat den bisherigen Teamchef Helge Jasch zum Bundestrainer Mehrkampf befördert. Bei der Neuausrichtung folgt Präsident Matthias Große dem Motto: "Wer den Kurs mitgeht, wird in der DESG eine Zukunft haben."

Von Barbara Klimke, München

Der Startschuss zum zweiten Weltcup des Winters ist gefallen, und noch immer jagen die Eissprinter in Heerenveen ohne einen Disziplin-Bundestrainer durchs Oval. Dieser Posten im deutschen Verband ist weiterhin vakant. Fest steht nun aber, wer die Eisschnellläufer auf den Weg zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking bringen soll: Im Rahmen einer umfänglichen personellen Neuausrichtung des Wintersportverbands DESG gab Präsident Matthias Große die Beförderung des bisherigen Teamchefs Helge Jasch zum Bundestrainer Mehrkampf bekannt.

"Wenn jemand gedacht hat, wir können mit dem selben Personal weitermachen, hat er sich geirrt", sagte Große bei einer um eine Woche verschobenen Videopressekonferenz am Freitag und verwies auf zwei medaillenlosen Olympiazyklen 2014 und 2018. "Unsere Aufgabe ist es, für Spitzensportleistung zu sorgen: Das ist eine Strategieentscheidung." In dem Umstand, dass der neue Mehrkampf-Bundestrainer Jasch schon seit Jahren Leitungsfunktionen im Verband innehat, erkennt Große keinen Widerspruch: Dieser sei "als Teamchef schon immer eine Säule des Verbandes" gewesen.

Jasch ist auf dieser Position bereits der dritte Verantwortliche binnen eines Jahres: Dem früheren Bundestrainer, dem Niederländer Erik Bouwman, hatte Große nach einem persönlichen Zerwürfnis bereits im Sommer gekündigt. Dagegen, sagt Bouwman, habe er geklagt, beide Seiten hätten sich auf eine Abfindung geeinigt. Im September übernahm dann die frühere Weltmeisterin Jenny Wolf das Amt, ehe sie es nach wenigen Wochen im Dezember freiwillig wieder abgab: Sie wollte den "sehr harten und geradlinigen" Kurs der neuen DESG-Verbandsführung unter Große nicht mittragen.

"Wer den Kurs mitgeht, wird in der DESG eine Zukunft haben", sagt der Präsident

Für den Juniorenbereich wird künftig der Niederländer Aart van der Wulp zuständig sein, nachdem der Vertrag mit seinem Vorgänger Daan Rottier ist zum Jahresende nicht verlängert wurde. Der ehemalige Langstreckenläufer Frank Dittrich (Chemnitz) wird Leistungssportreferent. Der frühere Aktive Samuel Schwarz (Berlin) soll als "Advisor" für den Sprint arbeiten. Ausschlaggebend für die Stellenbesetzungen seien "die fachliche Ausrichtung, die Integrität, die Loyalität, die Erfahrung", zählte Verbandspräsident Große, Lebensgefährte von Olympiasiegerin Claudia Pechstein, auf: "Wer den Kurs mitgeht, wird in der DESG eine Zukunft haben."

Zur Vergangenheit rechnet Große den früheren Sprint-Bundestrainer Danny Leger, der bis zum 31. Dezember in Inzell unter anderem den 25-jährigen Joel Dufter betreute: den herausragenden DESG-Athleten der vergangenen zwei Wettkampfwochen in Heerenveen. EM-Dritter war Dufter zunächst überraschend geworden, anschließend sprintete er beim ersten Weltcup über 1000 Meter als Vierter nur knapp an einer weiteren Medaille vorbei. Auch Legers Engagement im Verband hat das Präsidium nicht verlängert, ausschlaggebend gewesen sei eine "Gesamtbetrachtung", sagte Große, ohne Details zu nennen. Die Stelle ist ausgeschrieben.

Dufter indes lässt keine Zweifel daran, dass er seine Erfolge eben diesem Coach verdankt. In Heerenveen ist nun übergangsweise der Erfurter Trainer Andreas Behr für die Sprinter zuständig, doch Dufter vertraut noch auf jene Trainingspläne, die ihm der frühere Sprint-Bundestrainer Danny Leger, auf seine Bitten hin, schrieb. Der im Sommer geschasste Bundestrainer Bouwman, ebenfalls ein Mann der Vergangenheit, sagt rückblickend über sein Engagement: "Wir hatten sehr gute Arbeit geleistet." Als Team mit dem damaligen Personal sei man "auf einem guten Weg mit klaren Vorstellungen und guten Konzepten für die Zukunft" gewesen; das habe sich auch in den guten Ergebnissen gespiegelt.

Über die Umstände der Nichtweiterbeschäftigung von Leger hatte sich ein Sprinter-Quartett zuletzt in einem kritischen Offenen Brief beklagt. Die Verbandsspitze wertete dies verbandsschädigend, wie Große am Freitag erneut betonte. Zwar sei verständlich, dass Sportler den Verlust eines Trainers bedauerten - "aber jede Handlung eines mündigen alimentierten Sportlers in einem Spitzenverband hat immer eine Konsequenz". Ein Gespräch mit den Athleten werde nach der Saison erfolgen.

Abschließend kündigte Große am Freitag an, dass die DESG eine Strafanzeige "wegen des Verdachts der Veruntreuung von Vereinsgeld" gestellt habe. Dies hänge "mit einer ehemaligen Immobilie der Geschäftsstelle zusammen", sagte er, ohne auf Einzelheiten einzugehen.

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