Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Zukunft mit Klauseln

Die Nürnberg Ice Tigers stünden auch ohne das Coronavirus vor einer einschneidenden Saison, die Pandemie erschwert die Lage zusätzlich.

Von Christian Bernhard

Wolfgang Gastner hat dieser Tage viel zu besprechen. Der Geschäftsführer der Nürnberg Ice Tigers muss eine Saison abschließen, die es so noch nie gegeben hat und eine vorbereiten, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie noch in den Sternen steht. Die Stimmung in Gesprächen mit Spielern, Beratern und anderen Klubs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sei anders, weil keiner wisse, wo die Reise hingehe, sagt er: "Jeder hat Respekt, nennen wir es auch Angst, was die Zukunft betrifft." Bei den Ice Tigers sei Kurzarbeit ein Thema, die Spieler sind dem Verein bereits entgegengekommen: Bei den April-Gehältern gebe es einen "kleinen Verzicht aller Profis". Der Dauerkartenverkauf für die neue Saison, der regulär in den Playoffs gestartet wäre, ist erst einmal aufgeschoben. Gastner spricht auch hier von einer "schwierigen Situation" und will den April abwarten.

Trotz der schwer zu prognostizierenden langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise planen die Franken die kommende Saison. Daniel Fischbuch, Nürnbergs Topscorer der abrupt beendeten Spielzeit, wechselt nach Düsseldorf, bei Brandon Buck ziehen sich die Verhandlungen noch. Optimistisch ist der Geschäftsführer, was eine Weiterbeschäftigung von Jack Skille betrifft. "Da sieht es gut aus", sagt Gastner. Erster Zugang ist der 22 Jahre alte Angreifer Timo Walther, der von den Dresdner Eislöwen aus der DEL2 kam. Die wichtigste Personalie ist die des Trainers, und da ist der Wunsch der Ice Tigers eindeutig: Kurt Kleinendorst soll auch in der kommenden Saison hinter der Bande stehen. Der US-Amerikaner, der sich derzeit in seiner Heimat Utah aufhält, überlegt noch, ob er seine Trainerkarriere fortsetzen möchte. "Wenn er noch ein Jahr macht, würde er es bei den Ice Tigers machen", sagt Gastner, der sich mit Kleinendorst darauf verständigt hat, diese Frage bis Mitte Mai zu klären. Parallel macht er sich um den Trainerposten "natürlich auch andere Gedanken".

Andere Gedanken gilt es sich auch im finanziellen Bereich zu machen. Gastner berichtet von noch offenen Sponsoren-Zahlungen, die nicht geleistet werden konnten, da die Krise manche Unternehmen sofort getroffen hat - diese sind gestundet. Die Folge: Einsparungsmaßnahmen. "Du versuchst bei allem zu sparen, damit du mit dem bestmöglichen Polster in diese ungewisse Zukunft gehen kannst", erklärt Gastner. Konsequenzen sind bereits absehbar. Gastner rechnet damit, dass es in den Spielverträgen "Pandemie-Klauseln" geben werde. Sprich: So lange nicht gespielt wird, fließt auch kein Geld. Die Klubs, Anwälte, Spielerberater und die Liga arbeiten daran, "damit dich so etwas nicht von heute auf morgen in die Insolvenz treibt", erklärt er. Ähnliche Klauseln werde es "eventuell" auch in Sponsorenverträgen geben.

Die Ice Tigers stünden auch ohne das Coronavirus vor einer einschneidenden Saison: die erste, ohne Hauptsponsor und Namensgeber Thomas Sabo. Das bringe "logischerweise ein ganz anderes Gefühl" mit sich, sagt der Geschäftsführer, "man hatte ja elf Jahre eine gewisse Sicherheit beim Etat." Gastner arbeitet schon seit Monaten daran, und ist trotz der aktuellen Krise zuversichtlich: "Wenn bezüglich der Zukunft jeder zu seinen Zusagen steht, was in den letzten Monaten der Fall war, dann sehe ich kein Problem - wenn die Saison ganz normal beginnt."

ERC verliert Kapitän, Augsburg holt Stürmer

Verteidiger Dustin Friesen wird innerhalb der Deutschen Eishockey Liga (DEL) vom ERC Ingolstadt zu den Iserlohn Roosters wechseln. Der ERC verliert damit in dem 37-Jährigen seinen Kapitän. Über die Dauer des Vertrags machten die Roosters, wie inzwischen üblich, keine Angaben. Die Augsburger Panther hingegen haben sich für die kommende DEL-Saison verstärkt. Der Stürmer Maximilian Eisenmenger wechselt von den Löwen Frankfurt aus Deutschlands zweithöchster Eishockey-Liga DEL2, wo der 21-Jährige in den vergangenen beiden Spielzeiten 109 Partien für die Hessen absolvierte. "Wir sind überzeugt, dass er ein sehr guter DEL-Stürmer werden kann", sagte Panther-Coach Tray Tuomie. dpa

Ob die Saison im September wie geplant beginnt, kann derzeit aber niemand garantieren. Ein namentlich nicht genannter DEL-Klub-Verantwortlicher sagte kürzlich der Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass nur fünf der 14 DEL-Vereine eine Zeit ohne Eishockey hinkriegen würden, wenn es im September nicht wieder losgehe. Partien ohne Zuschauer sind - anders als im Profifußball - im Eishockey langfristig nicht denkbar, da die Kosten für die Eishallen zu hoch und die TV-Einnahmen zu gering sind. "Ich frage mich, wer die fünf sind, die sicher sind", sagt Gastner dazu. Er könne sich nur zwei vorstellen, meint er, ohne die Namen der Liga-Krösusse Mannheim und München zu nennen. Für die Ice Tigers gelte bei einer Eishockey-Pause: "Dann ist es unsicher, dann weiß ich nicht was passiert." Gastner rechnet damit, dass jeder Klub mit einem prozentualen Minus in Sachen Sponsoreneinnahmen plane.

Was Auswirkungen auf den Spielerkader hätte. Dieser müsse nicht zwangsläufig günstiger werden, sagt Gastner, "aber ich gehe fest davon aus, dass er es wird." Er gibt sein geplantes Minus nicht preis, rechnet aber damit, dass diese Zahl eventuell auch bei den Spielergehältern zum tragen kommen wird. Den Spielerberatern sei bewusst, dass sich diesbezüglich etwas ändern wird, sagt Wolfgang Gastner - auch was bereits unterschriebene Verträge betrifft: "Wenn das Budget am Ende nicht reicht, dann wird es einfach Gespräche geben müssen." Zu besprechen wird es jedenfalls auch weiterhin genug geben.

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SZ vom 06.04.2020
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