Eishockey:Zeit für Optimisten

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Auf dem DEL2-Eis in Höchstform: Der Tölzer Torwart Maximilian Franzreb (vorne) schirmt den Puck vor dem Frankfurter Darren Mieszkowski ab. (Foto: Juergen Kessler/Kessler-Sportfotografie/imago)

Seit der vergangenen Woche ist der ehemalige Eishockey-Nationalspieler Jürgen Rumrich Geschäftsführer beim Zweitligisten Tölzer Löwen. Während es sportlich läuft, durchlebt der Klub wirtschaftlich turbulente Zeiten. Rumrich selbst spricht von einer seiner größten Herausforderungen.

Von Christian Bernhard

Am Anfang seiner Profi-Karriere, als noch nicht vorherzusehen war, dass er es zum Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft bringen sollte, war Jürgen Rumrich doppelt gefordert. Seine Eltern bestanden darauf, dass er neben dem Sport eine Ausbildung abzuschließen habe - und so schuftete er in Freiburg, bei seiner ersten Profistation, an zwei Fronten: erst Training, dann die Ausbildung zum Bierbrauer und Mälzer, die er erfolgreich abschloss, ehe er sich voll und ganz auf seine sportliche Karriere konzentrierte. Diese intensive Zeit lehrte ihn in den 1980er-Jahren etwas, von dem er noch heute zehrt: "Dass es im Leben auch mal Phasen gibt, in denen nicht immer alles so leicht geht."

Die Tölzer Löwen, deren neuer Geschäftsführer Rumrich seit der vergangenen Woche ist, sind in so einer Phase. Sportlich stehen sie als Tabellenvierter der zweiten Deutschen Eishockey Liga (DEL2) sehr gut da. Wirtschaftlich geht es bei den Löwen allerdings turbulent zu, denn der Hauptsponsor Wee ist in der laufenden Saison nach SZ-Informationen mit mindestens 450 000 Euro in Rückstand. Das in der Schweiz ansässige Unternehmen, das über Lizenznehmer den Online- mit dem stationären Einzelhandel verzahnen will, ist seit 2017 Hauptsponsor der Löwen. Gründer Cengiz Ehliz, ein gebürtiger Tölzer, hat seitdem nach eigenen Aussagen rund drei Millionen Euro in den Standort investiert.

Rumrich war im Eishockey bereits Spieler, Geschäftsführer, Sportlicher Leiter, Teammanager und Trainer

In dieser Saison ist der Geldhahn aber offenbar zu, das Unternehmen steckt in wirtschaftlichen Problemen. Laut Hubert Hörmann, dem Präsidenten des EC Bad Tölz und Beiratssprecher der Tölzer Eissport GmbH (TEG), schulde Wee "bis auf einen nicht nennenswerten Betrag die komplette Summe für dieses Jahr". Es sei "tatsächlich von 100 auf Null gegangen", sagt Hörmann. Dazu kommen die generellen wirtschaftlichen Probleme, welche die Corona-Pandemie mit sich bringt.

Diese Gemengelage macht die Aufgabe für Rumrich alles andere als einfach. Der Miesbacher, der im Profi-Eishockey bereits als Spieler, Geschäftsführer, Sportlicher Leiter, Teammanager und Trainer tätig war, spricht von einer seiner größten Herausforderungen. Der 52-Jährige sagt aber auch: "Ich wusste, worauf ich mich einlasse." Und er bleibt optimistisch: "Diese Saison ist gesichert. Für die neue arbeiten wir alle sehr hart. Wir planen ganz fest für die DEL2." Hörmann, der sich selbst als "Lebensoptimist" bezeichnet, beziffert die Tölzer DEL2-Chancen für die kommenden Saison auf 80 Prozent. Rumrich sagt, er werde versuchen, das Gespräch mit Wee zu suchen. Wie Hörmann betont er, dass der Hauptsponsor den Klub in den vergangenen Jahren sehr gut unterstützt habe. "Dieses Jahr hat er jetzt Probleme, sage ich mal", da müsse man einfach Lösungen finden.

Hörmann hält große Stücke auf Rumrich. Der Miesbacher sei "geerdet, hat Ausstrahlung, Power und klare Vorstellungen", schwärmt er. All jene aus der Eishockey-Branche, mit denen er über Rumrich gesprochen habe, beschrieben ihn als "unwahrscheinlich fleißig und ehrlich". Einfach wird die Aufgabe für den Nachfolger von Christian Donbeck jedoch nicht. "Wenn man in der Situation ist, dass ein Hauptsponsor von 100 auf Null runter gebrochen ist, kann man nicht sagen: 'Das ist die Sponsorenliste, jetzt zieh mal durch die Lande und mach.' Das geht nicht", sagt Hörmann. Der Beiratssprecher geht nicht davon aus, dass die ausstehenden Wee-Gelder noch fließen werden. Deshalb streckt er seine Fühler nach potenziellen neuen Geldgebern aus: "Wir haben jetzt die Pflicht einige, nennen wir es mal Hauptsponsoren, zu finden."

Der neue Geschäftsführer der Tölzer Löwen: Ex-Eishockey-Nationalspieler Jürgen Rumrich. (Foto: Tölzer Löwen/OH)

Rumrich obliegt die schwierige Aufgabe, unter solch ungewissen wirtschaftlichen Voraussetzungen die kommende Saison zu planen. Sein Lösungsansatz: Man müsse versuchen, "das Ganze auf mehrere Schultern zu verteilen". Neue Sponsoren seien immer willkommen. Hörmann bringt auch die Namensrechte der Arena ins Spiel, die im Moment bei Wee liegen. Es wäre "blauäugig", darauf zu vertrauen, dass der Hauptsponsor in der kommenden Saison seinen Verpflichtungen nachkommt, sagt Hörmann. Deshalb komme er gar nicht umhin, "an ein paar große Namen heranzutreten". Rumrich sagt zum Thema Arena-Namen: "Aktuell arbeiten wir in alle Richtungen."

Die Mannschaft lässt sich von den wirtschaftlichen Fragezeichen übrigens nicht beeinflussen. Am Montag feierte sie mit dem 4:1 bei den Löwen Frankfurt den vierten Sieg in Serie, obwohl sie - wie schon mehrfach in dieser Saison - mit nur zwölf Feldspielern antreten konnte. "Manchmal denkst du, du bist ein Zombie", sagte Trainer Kevin Gaudet kürzlich ob des kleinen Löwen-Kaders und der vielen Partien. Bleibt zu hoffen, dass die wirtschaftliche Apokalypse ausbleibt.

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