Eishockey:Zaubermaus dreht sich flink

Thomas Sabo Ice Tigers Nuernberg vs. ERC Ingolstadt, Eishockey, DEL, 23.09.2018

Klein und wendig: Tyler Kelleher (links, neben Nürnbergs Taylor Aronson) führt mit vier Toren und sechs Vorlagen die ERC-Scorerliste an.

(Foto: Thomas Hahn/Eibner)

Der ERC Ingolstadt begeistert mit Hochgeschwindigkeits-Eishockey. Er steht so gut da, weil Trainer Doug Shedden neue Spieler gut integriert hat.

Von Christian Bernhard

Die Verantwortlichen des ERC Ingolstadt wussten schon seit Anfang Juli, dass der Oktober alles andere als einfach werden würde. Dafür reichte ein Blick auf den Spielplan der Deutschen Eishockey Liga (DEL), der hintereinander die Partien gegen Meister München, Vorjahres-Finalist Berlin und Mit-Favorit Mannheim ankündigte. Unterbrochen wurden diese Kracher nur vom Spiel gegen die Düsseldorfer EG, es klang nach einer normalen Partie zwischen all den Höhepunkt-Spielen. Was man damals nicht ahnen konnte: Diese Partie ist jetzt das Spitzenspiel der Liga. Am Freitag empfängt Ingolstadt als Dritter die Düsseldorfer Tabellenführer. "Düsseldorf ist die Überraschung der Liga", sagt Ingolstadts Trainer Doug Shedden. Die DEG stehe nicht umsonst oben, ergänzte Stürmer Thomas Greilinger, "das wird bestimmt ein heißer Tanz."

Dem ERC hat die erste komplette Saison-Vorbereitung unter Trainer Shedden gut getan

Ingolstadt steht auch nicht zu Unrecht so weit oben. Den Oberbayern hat die erste komplette Saison-Vorbereitung unter Shedden gut getan. Der Kanadier hatte den ERC zum Jahreswechsel übernommen und in den letzten Monaten der vergangenen Spielzeit bereits angedeutet, dass er einiges bewirken kann. Wenige Monate reichen aber in den seltensten Fällen, um einer verunsicherten Mannschaft, die der ERC damals war, nachhaltig die neuen Ideen einzutrichtern. "Es war wichtig, dass wir von Anfang daran arbeiten konnten, was der Trainer von uns will. Unter der Saison ist das immer schwierig", sagt Jochen Reimer. Der Torhüter ist voll des Lobes für Shedden: "Doug ist jemand, der offen und ehrlich ist. Und er ist zu jedem gleich, egal ob er in der ersten oder in der vierten Reihe spielt." Diese "offene Kommunikation" sei ganz wichtig, "das macht er super." Jeder Spiele kenne seine Aufgaben und wisse, woran er ist.

Shedden, der lange in der hoch angesehenen Schweizer Liga gearbeitet hat, hat keine Probleme damit, auch arrivierte Spieler wie etwa Petr Taticek an den ersten Spieltagen draußen zu lassen. Selbst Nationaltorhüter Timo Pielmeier, das Gesicht und der wichtigste Spieler des ERC in den vergangenen Jahren, kam in der laufenden Saison erst in drei von neun Spielen zum Zug. Das liegt aber weniger an seiner Schwäche, sondern an Reimers derzeitiger Stärke, die er zuletzt beim 4:2-Auswärtssieg gegen Meister München bestätigt hat. Deshalb steht er wohl auch im Spiel gegen Düsseldorf im Tor. Es sei "ziemlich schwer, Reimer im Moment nicht spielen zu lassen", sagte Shedden am Donnerstag. "Wir treiben uns gegenseitig an", sagt Reimer, der eng mit Pielmeier befreundet ist, über das Torhüter-Duell.

"Der Trainer vertraut uns und unseren Instinkten in Überzahl", sagt Kelleher

Der ERC steht auch deshalb so gut da, weil sich die Zugänge bereits sehr gut eingefunden haben und verlässlich treffen. "Wir haben uns wirklich gut verstärkt", betont Reimer. "Der Charakter in der Truppe stimmt. Und wenn du dann gut startest, steigt natürlich das Selbstvertrauen." Unter den fünf besten ERC-Scorern sind mit Tyler Kelleher, Jerry D'Amigo, Verteidiger Maurice Edwards und Patrick Cannone gleich vier neue Spieler. Besonders Kelleher, der die ERC-Rangliste mit zehn Scorerpunkten (vier Tore, sechs Vorlagen) anführt, ist vielversprechend gestartet; in Fankreisen hat er bereits den Spitzname "Zaubermaus" bekommen. "Tyler hatte eine herausragende Karriere am College", sagt Shedden über den nur 1,68 Meter großen, aber schnellen und wendigen Stürmer. "Er ist so flink auf den Schlittschuhen, dass er sich auf einem Diamanten drehen kann."

Hohes Tempo war schon in den vergangenen Jahren ein zentraler Baustein des Ingolstädter Spiels, Kelleher und D'Amigo haben es noch erhöht. Das hilft dem ERC auch in der Rückwärtsbewegung: Erst 22 Gegentore sind der drittbeste Wert der Liga. "Wir haben bisher eine gute Balance in unserem Spiel gefunden", erklärt Reimer. Selbst das Überzahlspiel, eine der größten ERC-Baustellen der vergangenen Saison, funktioniert mittlerweile gut, da Shedden darauf vom ersten gemeinsamen Trainingstag im Sommer an den Fokus gelegt hat. "Der Trainer vertraut uns und unseren Instinkten in Überzahl", sagt Kelleher, der bereits drei Powerplay-Treffer erzielt hat. All diese Faktoren führen dazu, dass die Münchner Nationalspieler Frank Mauer und Patrick Hager Ingolstadt als "sehr unangenehme" Mannschaft bezeichnen.

Reimer ist vorsichtig, was die Prognose für die restliche Saison betrifft. "Ich denke, dass man erst nach der Deutschland-Cup-Pause (Anfang November, Anm. d. Red.) eine Richtung erkennen kann." Deutlich früher kann Shedden wohl die verletzten Stürmer Ryan Garbutt und Laurin Braun aufbieten. Der Trainer freut sich auf den internen Konkurrenzkampf, den das Duo anheizen wird. "Dann müssen zwei Spieler auf die Tribüne, das ist ziemlich gut", betont er. Spieler damit anzustacheln, dass sie sich ihres Platzes nicht sicher sein können, erklärt er, sei der "älteste Trick im Trainerbuch".

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