Eishockey-WM:Unabsteigbar in der Schweiz

Schwere Gruppe, komplizierter Modus, ein Anführer und Ungarn auf dem Eis: Was die deutsche Eishockey-Mannschaft bei der WM in der Schweiz erwartet.

Michael Neudecker

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Am Freitag beginnt die Eishockey-WM in der Schweiz, bis 10. Mai messen sich die besten Teams der Welt. Ein Überblick über die deutsche Mannschaft - und was sie in der Schweiz erwartet.

Die Stadien

Hauptaustragungsort ist die Arena auf der Berner Allmend. Das Stadion des elfmaligen Schweizer Meisters SC Bern wurde bereits 1967 errichtet, für die WM allerdings weitreichend umgebaut, weshalb die Organisatoren von einer "komplett neuen Arena" sprechen. Sie fasst 17.131 Zuschauer, der SC Bern hat in dieser Saison einen Zuschauerschnitt von beeindruckenden 16.172 Besuchern erreicht - und damit einen Europarekord aufgestellt. Die Arena hat außerdem: eine unterirdische Trainingshalle und eine Metallblech-Außenfassade, die während der WM mit spektakulären Lichteffekten bestrahlt wird.

Zweiter Austragungsort ist die Schluefweg-Arena in Zürich-Kloten (ein paar Autominuten von Zürich entfernt). Sie existiert - von einigen Renovierungsarbeiten abgesehen - seit 1997, wurde für die WM aber vergrößert. Sie fasst nun 7561 Zuschauer und beheimatet die Kloten Flyers, aktuell Zweiter der Schweizer Meisterschaft. Es heißt, der Eismeister der Schluefweg-Arena soll ein besonders gutes Eis machen.

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Der Modus

Eishockey wäre nicht Eishockey, wenn der WM-Modus nicht sonderbar kompliziert wäre. Ein Erklärungsversuch: 16 Mannschaften, zunächst in vier Gruppen aufgeteilt, spielen um den 73. WM-Titel. Die drei Besten jeder Gruppe ziehen in die Zwischenrunde ein, wobei nur die Punkte gegen die Gegner aus der Vorrunde mitgenommen werden. Der Rest bildet die Abstiegsrunde: Dort wird nach Gruppenmodus gegeneinander gespielt, die beiden Erstplatzierten verbleiben in der A-Gruppe, die anderen Beiden steigen ab.

In der Zwischenrunde werden zwei Gruppen à sechs Mannschaften gebildet; jedes Team spielt aber nur noch gegen diejenigen, die in Vorrunde noch nicht Gegner waren. Die ersten Vier jeder Gruppe ziehen dann ins Viertelfinale ein. Ab da gilt der K.-o.-Modus, ab da ist also alles doch ganz simpel.

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Die deutsche Gruppe

Ist auch alles andere als einfach. Neben Gastgeber Schweiz (Sonntag, 16 Uhr, dazu später mehr) und Außenseiter Frankreich muss Deutschland gegen Titelverteidiger Russland antreten, und das gleich zum Auftakt am Freitag (16 Uhr). Die Russen sind mit sechs aktuellen NHL-Stars in der Schweiz, der Rest kommt aus der finanzstarken russischen Eliteliga KHL. Ilya Kovalchuk (Bild), bei den Atlanta Thrashers angestellt und einer der besten Eishockeyspieler der Welt, sagt: "Nur Gold zählt!" Tatsächlich würde in Russland Platz zwei schon als Scheitern begriffen.

In Frankreich dagegen würde man bereits über den Klassenerhalt jubeln. Die Leistungsträger der Mannschaft sind vor allem die neun Legionäre, die in Dänemark, Finnland, Schweden und Tschechien auflaufen. In Stürmer Sebastien Bordeleau hat Frankreich sogar einen Lokalmatador: Bordeleau spielt für den SC Bern. Wenn die deutsche Mannschaft die Zwischenrunde erreichen will, sollte sie sich vor allem auf einen Sieg gegen Frankreich konzentrieren (Dienstag, 20 Uhr/ alle deutschen Spiele live im DSF).

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Die deutsche Mannschaft

Bundestrainer Uwe Krupp hat einen 25-Mann-Kader nominiert, aus dem er bis Freitag noch zwei Feldspieler streichen muss. Zur Zwischenrunde dürfte er den Kader wieder auf 25 Spieler ausweiten. Zwei Spieler kommen aus der NHL (Hecht, Schubert), einer aus der russischen KHL (Kotschnew), einer aus der zweiten Bundesliga (Mulock/Bad Tölz), der Rest aus der DEL.

Die größten Fraktionen mit je vier Spielern stellen der deutsche Meister Eisbären Berlin und die Kölner Haie. In der Vorbereitung konnte Deutschland von sechs Testspielen gegen Lettland und Dänemark immerhin vier gewinnen. Bei der WM nun kann die Mannschaft sorglos aufspielen: Deutschland ist 2010 Gastgeber der WM und deshalb da bereits gesetzt.

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Die Leistungsträger

Weil Stürmer Marco Sturm von den Boston Bruins mit einem Kreuzbandriss länger ausfällt, ruhen nahezu alle Hoffnungen nun auf Jochen Hecht (Bild) und Christoph Schubert. Hechts Teilnahme war bis zuletzt noch ungewiss, da er erst vor kurzem die obligatorische Athletenvereinbarung mit der Nationalen Anti-Doping-Angentur Nada unterzeichnet hat - am Mittwoch aber gab die Nada ihr Einverständnis.

Der Angreifer von den Buffalo Sabres ist - im Gegensatz zu Verteidiger Schubert von den Ottawa Senators - auch in der NHL ein Leistungsträger und allein deshalb für Uwe Krupp unverzichtbar. Zudem wird auch von den beiden Torhütern Dimitrij Kotschnew (Spartak Moskau/KHL) und Dimitri Pätzold (Hannover/DEL) viel abhängen. Gespannt darf man auch auf die dritte WM des gebürtigen Österreichers Michael Wolf sein: Der Stürmer von den Iserlohn Roosters ist seit Jahren in bestechender Form, er verpasste die Torjägerkrone der DEL in dieser Saison lediglich um zwei Treffer.

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Die Debütanten

Neben Rückkehrer Daniel Kreutzer (Düsseldorf) hat Uwe Krupp gleich sechs WM-Neulinge nominiert: Torhüter Dennis Endras (Augsburg), die Verteidiger Nioklai Goc (Hannover) und Moritz Müller (Köln), sowie die Stürmer Travis James Mulock (Bad Tölz), Kai Hospelt (Wolfsburg) und Patrick Hager (Krefeld). In Marcel Müller (Köln) und Marcus Kink (Mannheim) stehen zwei weitere Neulinge auf Abruf bereit.

Besondere Aufmerksamkeit zieht der Tölzer Deutsch-Kanadier Mulock (Bild) auf sich: Er hat noch kein einziges Erstliga-Spiel absolviert - und den Bundestrainer in seinen acht Länderspielen (ein Tor, zwei Assists) dennoch überzeugt. Nicht nur ihn: Kommende Saison wird Mulock zusammen mit seinem Bruder Tyson bei Meister Eisbären Berlin auflaufen.

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Die NHL-Stars

Tschechien kommt mit Jaromir Jagr, der mittlerweile 37 Jahre alt ist und für Omsk in der KHL spielt - die Mannschaft mit den klangvollsten Namen bietet aber neben Russland Kanada auf. Herausragende Angreifer wie Jason Spezza und Dany Heatley (beide Ottawa), Martin St. Louis oder der erst 18-jährige Steven Stamkos (beide Tampa Bay) sollen die Kanadier zum Titel führen.

Einige NHL-Akteure hat traditionell auch Schweden und Finnland im Kader, die großen Stars beider Nationen aber sagten ebenso traditionell für die WM ab. Nicht zuletzt glänzen die Österreicher mit einem echten Star: Torjäger Thomas Vanek (Bild) von den Buffalo Sabres zählt zu den treffsichersten Stürmern der NHL - was die Sabres 2007 mit einem Siebenjahres-Vertrag für 50 Millionen Dollar untermauerten.

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Die Titelfavoriten

Ganz klar: Russland und Kanada. Letztere haben die vermeintlich leichteste Gruppe erwischt, mit der Slowakei, Weißrussland und Ungarn. Chancen rechnen sich wie immer Tschechien und Finnland aus, auch die Schweden - bei denen man vor allem auf den 22-jährigen Linus Omark (Bild, rechts) achten sollte (Video zu einem sensationellen Penalty des Schweden ). Besonders unberechenbar scheinen die USA zu sein: Sie treten diesmal mit einer zwar talentierten, vor allem aber jungen Mannschaft an. Zwölf Spieler sind 25 oder jünger - in Colin Wilson (19, Boston University) steht sogar ein College-Spieler im Aufgebot.

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Die Exoten

Ungarn bei der Eishockey-WM, ein bisschen ist das wie Liechtenstein bei der Fußball-WM. Zu verdanken haben die Ungarn das vor allem ihrem Trainer Pat Cortina (Bild), der zudem mit dem EHC München gerade im Finale der zweiten Bundesliga steht - und deshalb erst kurz vor dem ersten Spiel zur Mannschaft stoßen wird.

Der Italo-Kanadier, der die Mannschaft vergangene Woche zum Trainingslager nach München bat, baut besonders auf Leistungsträger wie Levente Szuper oder Krisztian Palkovics. Letzterer spielt seit 1993 für Ungarns Dauer-Meister Alba Volan Szekesfehervar; dort läuft auch Szuper auf, der Torhüter, der seine besten Jahre als Reservetorwart des EV Duisburg in der DEL sowie beim HC Milano in der italienischen Serie A erlebt hat.

Die Freude über die sensationelle Qualifikation - die erste seit 1939 - wurde allerdings getrübt durch den Tod des Kapitäns Gabor Ocskay, der Ende März einem Herzinfarkt erlag.

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Die Schweizer

Die Schweiz ist bereits zum zehnten Mal Gastgeber einer Eishockey-A-WM, letztmals war sie das vor elf Jahren. Damals wurden die Schweizer überraschender Vierter - diesmal aber rechnen sich die Eidgenossen ernsthaft Chancen auf eine Medaille aus. Und zwar vor allem wegen Mark Streit: Der Verteidiger zählt in der NHL bei den New York Islanders zu den Besten seines Fachs, er wird die Auswahl als Kapitän anführen.

Im Tor steht ein weiterer Star: Martin Gerber von den Toronto Maple Leafs gab vergangene Woche seine Zusage. Seit 1998 wird die Mannschaft vom gebürtigen Kanadier Ralph Krüger trainiert, unter ihm haben es die Schweizer immerhin zu einer Eishockeynation gebracht, die beständig zu den besten Acht der Welt zählt.

Doch gut ist nicht mehr gut genug: Die Schweizer wollen mehr, und deshalb steht Krüger nun gehörig unter Druck. Weil er auf Spieler wie Reto von Arx oder David Aebischer aus persönlichen Gründen verzichtet, bezeichnete ihn das Boulevard-Blatt Blick gar als "WM-Totengräber". Immerhin: In der Generalprobe am Dienstag besiegten die Schweizer die USA 5:2.

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