Eishockey-WM:Als die Spieler in die Halle kommen, riecht es angekokelt

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Macht, was der Trainer von ihm verlangt: Marc Miachelis (re.) feiert seinen Siegtreffer gegen Dänemark. (Foto: Martin Meissner/dpa)

Vor der Partie des deutschen Eishockey-Teams gegen Dänemark muss die Feuerwehr anrücken. Der Vorfall irritiert die DEB-Spieler nur kurz - nach dem 1:0-Sieg ist das WM-Viertelfinale in Sichtweite.

Von Johannes Schnitzler, Helsinki

Marc Michaelis ist ein Spieler, wie Bundestrainer Toni Söderholm ihn mag: schnell, smart, flexibel einsetzbar. Der Stürmer hat in den ersten drei Spielen der deutschen Mannschaft bei der Eishockey-Weltmeisterschaft drei Scorerpunkte beigetragen. Trotzdem musste er am Donnerstag gegen Dänemark seinen angestammten Platz räumen, nämlich den zwischen den beiden Berlinern Marcel Noebels und Leo Pföderl. Aber der 26-Jährige nahm es sportlich: "Ich spiele da, wo Toni mich hinstellt." Ob das anstelle des verletzten Tim Stützle zwischen Matthias Plachta und Yasin Ehliz sei oder wie bisher zwischen Noebels und Pföderl, das sei ihm "eigentlich wurscht". Gegen Dänemark wurde es der Platz zwischen Plachta und Ehliz.

Erwartet worden war, dass Lukas Reichel, 20, die entstehende Leerstelle in der Reihe zwischen Noebels und Pföderl einnehmen würde. Doch der Stürmer von den Rockford Ice Hogs aus der American Hockey League, der erst am Donnerstag in Helsinki eingetroffen und sofort lizenziert worden war, wurde noch geschont; auch Verteidiger Leon Gawanke (Manitba Moose) stand noch nicht im Aufgebot, er lief wie Reichel in Zivil durch die Halle. Noch ohne die beiden Nachrücker gewannen die Deutschen gegen Dänemark unspektakulär 1:0 (0:0, 1:0, 0:0). Das Viertelfinale ist nach dem dritten Sieg im vierten Spiel in Sichtweite.

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Bei Olympia ließ das deutsche Eishockeyteam jede Geschlossenheit vermissen. In Finnland tritt es nun harmonisch auf - das liegt auch an der speziellen Beziehung des Sturmduos Pföderl/Noebels.

Von Johannes Schnitzler

Flexibilität war das Gebot der Stunde. Circa 30 Minuten vor der Partie wurde die Helsingin Jäähalli nach einem Feueralarm evakuiert. Für rund eine Stunde mussten Spieler, Zuschauer und Journalisten die betagte Eishalle verlassen, die Feuerwehr rückte an. "Das war schon nicht ganz ideal", sagte Torhüter Philipp Grubauer, der nach einem Spiel Pause wieder zwischen den Pfosten stand. "Aber wenn man Profi genug ist, dann kann man auch in 20 Minuten oder einer halben Stunde so" - Grubauer schnipste mit den Fingern - "wieder den Schalter umlegen, und weiter geht's".

Es habe "ein kleines Feuer" gegeben, teilte der Weltverband IIHF mit, angeblich ausgelöst von einem Kabelbrand in einer der Kabinen. Verletzte gab es laut IIHF keine. Das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Dänemark musste um 1:40 Stunden verlegt werden. Als Deutsche und Dänen aufs Eis kamen, roch es in der Halle noch immer angekokelt, dies stelle aber "keine Bedrohung für die Gesundheit" dar, ließ die IIHF versichern.

Die deutschen Spieler verschärfen nach der ersten Pause das Tempo

Es werde darum gehen, die Dänen "zu bremsen", hatte Söderholm ausgegeben. "Es wird aber nicht reichen, dass wir selber schnell hin und her laufen. Wir brauchen einen Plan. Und den müssen wir befolgen." Der Plan war, den Dänen in der Neutralen Zone ein paar Schikanen in den Weg zu legen und sie beim Überqueren der Blauen Linie ins deutsche Drittel so lange aufzuhalten wie möglich. Als Grubauer mit der Sirene einen letzten Puck vom Körper in seinen Fanghandschuh abtropfen ließ, waren taktisch geprägte erste 20 Minuten torlos vergangen.

Erster Shutout im Turnier: der deutsche Torhüter Philipp Grubauer (re.). (Foto: Martin Meissner/dpa)

Das zweite Drittel begann mit einer Tempoverschärfung der Deutschen, die nun mehr Zeit in der Offensive zubrachten. Eine Strafe gegen Julian Jakobsen half. Maximilian Kastner schaffte es zunächst aber nicht, den Puck über die Linie zu schaufeln, Marcel Noebels traf nur die Latte. Grubauer rettete gegen Nikolaj Ehlers (27.). Nun war Leben in der Partie.

Zweites Überzahlspiel, erster Treffer für die deutsche Mannschaft: Und es war, nicht ganz überraschend, Marc Michaelis, der ein Zuspiel von Noebels über die Linie beförderte (33.). Es wäre ihm vermutlich auch "wurscht" gewesen, wenn der feine Pass von einem anderen gekommen wäre.

Es roch nun plötzlich zart nach Viertelfinale. Sechs von acht WM-Duellen mit Dänemark endeten mit einem Tor Unterschied, auch dieses? Ja. Für Grubauer war es das erste Spiel bei diesem Turnier ohne Gegentor, auch dank überwiegend konzentrierter Abwehrarbeit der Vorderleute. "Wir haben das ganz gut wegverteidigt", meinte Söderholm. "Wir müssen in dieser Phase die Momente im Spiel finden, wo man einfach langweilig spielen muss." Michaelis' Treffer blieb das game winning goal.

Söderholm über Reichel: "Seine Kreativität ist definitiv ein Trumpf für uns."

Am Freitag (15.20 Uhr) tritt das Team von Söderholm gegen Italien an. Was sich der Bundestrainer von den Nachrückern erwartet? "Leon kann uns auf jeden Fall im Aufbauspiel noch besser machen. Er bringt auch eine körperliche Komponente ein und kann im Powerplay führen. Lukas ist ein Spieler, der bereits seine Reife auf internationalem Level unter Beweis gestellt hat. Seine Kreativität ist definitiv ein Trumpf für uns." Gawanke, 22, war bei seinem Klub der beste Offensivverteidiger seines Teams; Reichel, 20, glänzte mit 21 Toren in der regulären Saison als Topscorer in Rockford und kam in seiner Debütsaison in Nordamerika zudem elf Mal für die Chicago Blackhawks in der NHL zum Einsatz.

Ihre Nachnominierung bedeutete für Mario Zimmermann (Straubing) und Taro Jentzsch (Iserlohn), dass sie am Donnerstag die Heimreise antreten mussten. Alexander Karachun kam dagegen zu seinem ersten WM-Einsatz überhaupt, Dustin Strahlmeier wurde als dritter Torhüter lizenziert.

Am Freitag sollten Reichel und Gawanke dann wohl dabei sein. Falls bis dahin nichts mehr anbrennt.

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