Deutschland gegen USA bei der Eishockey-WMWieder ein bitteres Ende

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Deutschlands Torhüter Philipp Grubauer musste im letzten Abschnitt kurz vom Feld, das nutzten die US-Amerikaner zum entscheidenden Treffer.
Deutschlands Torhüter Philipp Grubauer musste im letzten Abschnitt kurz vom Feld, das nutzten die US-Amerikaner zum entscheidenden Treffer. (Foto: Claus Fisker/Ritzau Scanpix/AP/d)

Nach der Pleite gegen die Schweiz zeigt das deutsche Eishockeyteam im Vorrundenspiel gegen die Amerikaner nach einem schwachen Drittel eine starke Aufholjagd. Trotzdem setzt es eine 3:6-Niederlage, die zu einigem Druck führt.

Von Johannes Schnitzler, Herning

Am Samstagmittag stand Philipp Grubauer seiner Nemesis gegenüber. Um 12.20 Uhr – High Noon – war der deutsche Nationaltorhüter in Herning zum Duell verabredet mit Joey Daccord. In der regulären Saison teilten sich Grubauer, 33, und Daccord, 28, die Dienststelle beim NHL-Team Seattle Kraken. Daccord bekam 57 Einsätze, Grubauer 21. Daccord hielt 90,6 Prozent aller Torschüsse, Grubauer 87,5 - Karrieretiefstwert für den gebürtigen Rosenheimer in 13 Jahren in der besten Eishockeyliga der Welt.

Bei der WM in Dänemark und Schweden kamen Grubauer und Daccord in jeweils zwei Einsätzen auf denselben Gegentorschnitt (1,5); in der Turnierrangliste lag der Amerikaner mit 94,34 Prozent allerdings wieder eine Winzigkeit vor Grubauer (94,0) auf Platz drei. Auch das Duell gegen das Team USA am Samstag endete für Grubauer bitter: Nach schwachem Start und trotz einer Aufholjagd im zweiten Durchgang unterlag die Mannschaft von Harold Kreis letztlich deutlich 3:6 (0:3, 3:0, 0:3). „Wir haben im ersten Drittel nicht die nötige körperliche Intensität und Laufbereitschaft aufs Eis gebracht“, sagte der Bundestrainer. „Diese Leistung muss uns eine Lektion sein.“ Wie das zwei Tage nach dem 1:5 gegen die Schweiz geschehen konnte, als die Mannschaft im zweiten Drittel Fehler an Fehler gereiht hatte, sei „eine berechtigte Frage“, sagte Kreis. Er könne sie allerdings nicht beantworten.

Am Montag gegen Weltmeister Tschechien und am Dienstag gegen WM-Gastgeber Dänemark benötigt der WM-Zweite von 2023 noch dringend Punkte, um sich für das Viertelfinale zu qualifizieren.

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Das DEB-Team wurde beim Warmlaufen mit Applaus und Trommelschlägen von den deutschen Fans begrüßt – auch sie nutzten die ungewohnte Mittagszeit, um warmzuwerden. Und sie trugen der Mannschaft die Niederlage gegen die Schweiz offenkundig nicht nach. Aber nach nur 102 Sekunden lag ihre Mannschaft schon wieder zurück. Kapitän Moritz Seider saß auf der Strafbank, als Tage Thompson den Puck ins Kreuzeck feuerte und Grubauer keine Chance ließ. Nicht der Start, den die Deutschen sich vorgenommen hatten.

Und es sollte schlimmer kommen. Viel schlimmer.

Nahezu ohne störende Gegenwehr durfte Cutter Gauthier über die Außenbahn zur Grundlinie ziehen und Fank Nazar bedienen, der locker zum 0:2 (10.) einfuhr; beim 0:3 (15.) hatte Drew O'Connor freie Bahn beim Rebound, weil wieder kein deutscher Spieler zur Stelle war, um nach einer Grubauer-Parade den Abpraller aus der Schussbahn zu kehren.

Wie gegen die Schweiz ließen die Deutschen die Zuordnung in der eigenen Zone vermissen und zu oft Puck und Gegner aus den Augen. Die größte Chance hatte Justin Schütz, der aber im entscheidenden Moment gestört wurde, Tim Stützles Versuch war kein allzu schwerer Test für Daccord. „Wir machen die gleichen Fehler, die wir die ganze Zeit machen“, sagte Stützle in der ersten Pause bei Pro7. Immerhin ein Lebenszeichen hinter ein gruseliges deutsches Auftaktdrittel setzte Grubauer mit einem spektakulären Save mit der Fanghand.

Aus einem 0:3 macht das DEB-Team im zweiten Drittel ein 3:3

„Jetzt geht’s los“, skandierten die rund 3000 deutschen Fans in der Jyske Bank Boxen zu Beginn des zweiten Abschnitts, in ihre Stimmen mischte sich schon ein wenig Trotz. Und tatsächlich gelang Dominik Kahun der erste gefährliche Abschluss. Aber der Stürmer vom HC Lausanne traf nur den Pfosten. Auf der anderen Seite visierte Isaac Howard die Querlatte des deutschen Tors an. Mehr Glück hatte Verteidiger Eric Mik, der mit Ablauf einer amerikanischen Strafzeit den Puck an Daccord vorbei zum 1:3 unter die Latte hebelte (29.). Sollte es nun wirklich losgehen?

Es sollte.

„Wir haben nach dem ersten Drittel quasi alles einmal die Toilette runtergespült“, sagte Kapitän Moritz Seider. „Wir wussten, dass wir noch genug Zeit haben, haben Moral bewiesen und dann ein sehr ordentliches zweites und drittes Drittel gespielt.“ Nach einer Traumkombination über Wojciech Stachowiak und Schütz verkürzte Jonas Müller – auch er hauptberuflich Verteidiger – mit einem präzisen Handgelenkschuss auf 2:3 (35.). Und die Amerikaner wirkten getroffen. Grubauers Teamkollege Matty Beniers handelte sich eine Strafzeit ein, und aus einem 0:3 wurde plötzlich ein 3:3: Marc Michaelis fand den vor dem Tor parkenden Stachowiak, von dessen Oberkörper der Puck ins Netz tropfte (36.).

Deutschlands dritter Torwart Arno Tiefensee schrieb in der zweiten Pause seelenruhig Autogramme und sagte: „Das hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Stark von unserer Mannschaft.“ Die schwarz-rot-goldenen Trommler klangen nun wieder deutlich zuversichtlicher als nach der ersten Pause. Nach wenigen Sekunden im Schlussabschnitt zeigte Grubauer allerdings an, dass er ein Problem hatte, Mathias Niederberger musste seinen Platz zwischen den Pfosten einnehmen – und wurde einigermaßen kalt erwischt, als das US-Team nach einem Foul von Patrick Hager ein Überzahlspiel durch Conor Garland zur erneuten Führung nutzte (45.).

Grubauer kehrte danach zurück aufs Eis. Laut DEB-Sportdirektor Christian Künast bestand der Verdacht auf eine Handgelenksverletzung, Grubauer selbst sagte später kurz und knapp: „Passt alles, danke.“ Aber auch er konnte die Entscheidung durch Logan Cooley (57.) nicht verhindern. Als Grubauer das Eis noch einmal für einen weiteren Feldspieler verlassen hatte, traf Clayton Keller zum 3:6 (59.). „Wir wollen manchmal zu viel zu schnell“, fand Grubauer. Gegen Tschechien und Dänemark habe man eine Chance zu gewinnen, wenn man spiele wie im zweiten und dritten Drittel. „Das wird jetzt auch kein Zuckerl“, prophezeite der Torhüter. „Also müssen wir alle da sein und Gas geben.“

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