Eishockey-WM:Zwei Endspiele ums Viertelfinale

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Die Deutschen, rechts Fabio Wagner gegen Iiro Pakarinen, stemmten sich leidenschaftlich gegen die Niederlage. Am Ende entschied eine kleine Unachtsamkeit die Partie. (Foto: Roman Koksarov/dpa)

Nach der knappen Niederlage gegen Weltmeister Finnland steht das DEB-Team bei der WM in Riga unter Siegzwang.

Von Christian Bernhard, Riga/München

Manchmal reicht es im Sport nicht aus, alles über den Gegner zu wissen. Denn Theorie ist das eine, die praktische Umsetzung das andere. Toni Söderholm, finnischer Bundestrainer der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, wusste ganz genau, was seine Mannschaft am Samstagabend bei der Weltmeisterschaft in Lettland erwarten würde - schließlich ging es gegen sein Heimatland, mit dem er selbst als Spieler 2007 WM-Silber gewonnen hat. "Ich weiß, wie Eishockey-Finnland denkt", sagte Söderholm vor dem Duell mit dem Weltmeister.

Die Finnen spielten genau wie von Söderholm erwartet: diszipliniert, mannschaftlich geschlossen, dazu taktisch, läuferisch und körperlich stark. Das Team des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) hielt auch gut mit - verlor aber 1:2. Es war nach dem 2:3 gegen Aufsteiger Kasachstan die zweite Turnier-Niederlage nacheinander. In den letzten beiden Gruppenspielen gegen die USA (Montag, 15.15 Uhr) und Gastgeber Lettland (Dienstag, 19.15 Uhr) wird es für das DEB-Team nun auch darum gehen, mit dem Druck umzugehen, dass das Viertelfinale trotz des Starts mit drei Siegen, darunter ein 3:1 gegen Kanada, noch flöten gehen könnte. "Wir dürfen einfach nicht zu viel drüber nachdenken", sagte Angreifer Tobias Rieder. "Es ist ja noch nichts vorbei", beschwichtigte Verteidiger Korbinian Holzer, der Schütze des zwischenzeitlichen Ausgleichs.

Keine Mannschaft fühle sich zum Ende der Gruppenphase frisch, erklärte Söderholm. Jetzt brauche es "von allen den nächsten Schritt", forderte er - vor allem mental, denn was jetzt passiere, sei "wirklich auch eine Kopfsache".

Gegen die einsetzende Müdigkeit soll Dominik Kahun helfen. "Er wird uns noch mehr Schwung geben", sagt der Bundestrainer

Neun Treffer im ersten WM-Spiel (gegen Italien), dann fünf (gegen Norwegen), drei (Kanada), zwei (Kasachstan) und nun nur noch einer - die deutsche Torausbeute nahm im Verlauf des Turniers stetig ab, was viel mit der Qualität der Gegner zu tun hat, die nach den Auftaktspielen höher geworden ist. Vielleicht habe offensiv der "letzte Push" gefehlt, sagte Söderholm nach dem Finnland-Spiel. Gegen die USA heiße es dann "einfach auch mal Tore schießen", betonte Verteidiger Moritz Seider. "Wir tun uns ein bisschen schwer, das Ding über die Linie zu bringen." Dabei helfen kann im Idealfall schon am Montag Dominik Kahun. Söderholm hatte sich bis Samstag noch nicht überlegt, mit wem der Stürmer der Edmonton Oilers in einer Reihe spielen wird, er ist aber davon überzeugt, dass Kahun "uns offensiv noch mehr Schwung" geben werde.

Ob Lukas Reichel am Montag eine Option ist, ist noch offen. Der 19-jährige Angreifer, der in den ersten drei Spielen in der Berliner Reihe mit Marcel Noebels und Leo Pföderl sehr auffällig agiert hatte, pausierte gegen Finnland nach einem Check gegen seinen Kopf im Kasachstan-Spiel. Am Samstag sei es Reichel nach dem Training sehr gut gegangen, berichtete Söderholm. Untersuchungen des Ärzte- und Physiotherapeuten-Teams am Sonntag sollten Klarheit bringen. Oberste Maxime sei aber: "Seine Gesundheit steht über allem", betonte der Bundestrainer.

Söderholms Antwort auf die Frage, warum sich sein Team gegen Finnland so wenige Chancen erspielt habe, war einleuchtend: "Weil wir gegen eine sehr strukturierte, sehr gute Mannschaft gespielt haben, die nicht viel zugelassen hat." Man müsse mit sehr viel Tempo kommen, um die Defensive der Finnen zu knacken, "da waren wir vielleicht noch nicht ganz auf dem Level, wo wir sein wollen." Fünfzehn deutsche Torchancen hatten die DEB-Statistiker gezählt (Schüsse auf das Tor waren es laut Weltverband IIHF 13), international sei dieser Wert okay, sagte Söderholm, "mehr kriegt man eigentlich nicht." Speziell gegen die Finnen, die in ihren ersten vier Turnierspielen insgesamt nur fünf Gegentore kassiert hatten. "Auch wenn unsere Verteidiger von der blauen Linie geschossen haben, ist selten ein Schuss durchgekommen", sagte Münchens John-Jason Peterka, der wie Andreas Eder und Daniel Fischbuch sein WM-Debüt feierte.

"Jede Scheibe zum Tor ist eine gute Scheibe", erinnert Torschütze Holzer

Das DEB-Team tat sich lange Zeit schwer, überhaupt zu Abschlüssen zu kommen. Die Finnen führten mit ihrer Kombination aus mannschaftlicher Geschlossenheit, Härte, Technik und taktischem Verständnis vor, warum Holzer sie als "sehr unangenehmen" Gegner skizziert hatte. All das alles komplettiert die Mannschaft von Jukka Jalonen mit immenser Geschwindigkeit: "Ungefähr vier Klassen schneller als normal" sei das Tempo, staunte Straubings Stürmer Eder. Als Seider auf die Strafbank musste, reichten den Finnen acht Sekunden Überzahl, um das 1:0 zu markieren (7.). Torschütze war der erst 19-jährige Angreifer Anton Lundell.

Im Mitteldrittel stellte sich das deutsche Team besser auf den Weltmeister ein - und glich plötzlich aus. Holzers Schuss von der blauen Linie schlug etwas überraschend im Netz ein, weil Holzers Abwehrkollege Moritz Müller dem finnischen Torhüter Jussi Olkinuora die Sicht genommen hatte (28.). "Jede Scheibe zum Tor ist eine gute Scheibe", erinnerte Holzer, der schon gegen Kanada (ins leere Tor) getroffen hatte, an eine Grundregel.

In den letzten 20 Minuten nahm die Intensität noch einmal zu. Doch die Finnen nutzten eine deutsche Unachtsamkeit in der neutralen Zone zum entscheidenden 2:1 von Arttu Ruotsalainen (52.). Ein "ärgerliches" Gegentor, befand Söderholm: "Das sind Dinge, die vielleicht passieren, wenn man müde ist." Die Müdigkeit gilt es nun schnell zu überwinden - oder gut mit ihr umzugehen. Man müsse jetzt "auch müde die richtigen Entscheidungen treffen können", betonte Söderholm vor den zwei Endspielen ums Viertelfinale.

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