Eishockey-WM: Deutschland:Mit "Hallo" ins Viertelfinale

Die deutschen Eishockeyspieler stehen nach dem 2:1 gegen die Slowakei erstmals seit 2003 im WM-Viertelfinale. Phasenweise spielten sie wie eiskalte Vollstrecker.

Ulrich Hartmann

Uwe Krupp lächelte. Um 19.07 Uhr schlich eindeutig ein Lächeln über sein Gesicht, als er im Bauch der Kölner Arena über den größten Erfolg einer deutschen Eishockeymannschaft seit sieben Jahren referieren durfte. Der Bundestrainer hatte wenig gelächelt in den vergangenen Tagen.

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(Foto: Foto: ddp)

Groß war der Druck gewesen, der auf ihm und seiner Mannschaft lastete bei dieser Heim-Weltmeisterschaft, die über die Zukunft des deutschen Eishockeys und über Krupps Zukunft als Bundestrainer entscheidet. Nach dem 2:1 (1:0, 1:1, 0:0)-Sieg der Deutschen im letzten Zwischenrundenspiel gegen die Slowakei sieht nun aber erst einmal alles rosarot aus.

Als Gruppendritter zieht Deutschland ins Viertelfinale dieser WM und spielt am Donnerstagabend in Mannheim gegen die Schweiz.

Loblied auf die Mannschaft

Krupp lächelte. "Die Jungs sind charakterlich unheimlich stark, sie sind mit unheimlich viel Motivation und Ehrgeiz bei der Sache", begann er ein Loblied auf seine Mannschaft, die im sechsten WM-Spiel den dritten Sieg errungen und zum wiederholten Mal in einer engen Situation dem Druck stand gehalten hatte. "Nichts, was wir hier erreicht haben, hat mit Glück zu tun", sagte Krupp, ,,unsere Defensive hat sehr wenig preisgegeben - und viel besser als wir in den letzten 15 Minuten kann man mit einer knappen Ein-Tor-Führung nicht spielen.''

DEB-Generalsekretär Franz Reindl bezeichnete den Einzug ins Viertelfinale als "Sensation". Und auch im Kabinengang wurde gelacht. "Das ist eine große Sache für das deutsche Eishockey", sagte der Düsseldorfer Daniel Kreutzer. "Das ist ein Riesenerfolg", ergänzte der Iserlohner Michael Wolf. "Das haben wir uns verdient", beschied der Augsburger Torwart Dennis Endras. Er hatte Recht.

Furchtlos und mit viel Schwung hatten die deutschen Spieler dieses Alles-oder-Nichts-Spiel eröffnet. Nach nur 7:19 Minuten brachte der Hamburger Alexander Barta die Mannschaft in Führung. Das Tor war die Konsequenz einer Anfangsphase, in der die forschen Gastgeber auf dem Eis sofort die führende Rolle übernommen und angedeutet hatten, dass nicht mehr viel übrig war von der am Sonntag beklagten Erschöpfung, die zum 1:2 gegen Weißrussland geführt hatte. Diese erschwerende Niederlage, die Deutschland erst in den ultimativen Zugzwang gegen die Slowakei gebracht hatte, belastete die Mannschaft offenbar gar nicht mehr. Mit mutiger Offensive drängten sie die Slowaken ein ums andere Mal in deren Hälfte und hielten dem diesmal wieder im Tor stehenden Dennis Endras den Puck vom Leib. Einziges Manko im Auftaktdrittel war, dass die Deutschen angesichts dreier Überzahlspiele höher hätten in Führung gehen müssen. "Mit dem Toreschießen haben deutsche Mannschaften schon seit 15 Jahren zu kämpfen", hatte Krupp vor dem Spiel gesagt.

Eiskalte Vollstrecker

Dieses historische Defizit und der Umstand, dass die deutsche Mannschaft bei dieser WM überdies das statistisch schlechteste Überzahlteam stellt, brauchte den Bundestrainer am Dienstag zunächst aber nicht zu beunruhigen. Nachdem die Slowaken im zweiten Drittel fünf Minuten lang streng auf den Ausgleich gedrückt und Torwart Endras langsam warm geschossen hatten, nutzte Daniel Kreutzer die erste wirklich gute Chance nach 24:42 Minuten zur 2:0-Führung. Von solcher Effizienz hatten die Deutschen in manchem verlorenen Spiel der vergangenen Jahre geträumt, und jetzt, im wichtigsten Spiel der Heim-WM zum Einzug ins Viertelfinale, zeigten sie sich plötzlich in der Rolle der eiskalten Vollstrecker. 15.127 Zuschauer dankten es ihnen mit Applaus, der allerdings jäh in einen Schreck umschlug, als der Slowake Marek Svatos vom NHL-Klub Colorado Avalanche43 Sekunden vor dem Ende des zweiten Drittels im Powerplay nach einer unnötigen 2+2-Zeitstrafe für Felix Schütz auf 1:2 verkürzte.

Nun drohte Ungemach, doch das deutsche Team erhöhte im letzten Drittel wieder den Druck und erspielte sich etliche Chancen, die es freilich (historische Schwäche!) nicht nutzte. Am Ende war das aber unbedeutend. Die Abwehr hielt, der Vorsprung auch. Deutschland siegte und spielt am kommenden Donnerstag weiter. Die sonst spätestens ausgangs der Zwischenrunde übliche Verabschiedung der Deutschen aus einer WM zögert sich hinaus.

"Tja", sagte Torwart Endras und tat überrascht, "es scheint so, als würde die WM für uns weitergehen." Die Runde der letzten Vier ist am kommenden Samstag. Vielleicht lächelt Krupp dann wieder. "Darüber muss ich erst mal mit der Mannschaft diskutieren", sagte er, "wir hatten uns das Viertelfinale zum Ziel gesetzt, und das haben wir jetzt erreicht - aber warum sollten wir nicht nach mehr zielen?"

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