Eishockey-WM:Deutsches Spektakel zum Start

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Marcel Noebels bejubelt einer seiner beiden Treffer beim 9:4-Auftaktsieg gegen Italien. (Foto: Roman Koksarov/dpa)

Die deutsche Nationalmannschaft demonstriert beim 9:4-Erfolg zum WM-Auftakt gegen ersatzgeschwächte Italiener ihre Spielfreude. Bereits am Samstagmittag trifft das DEB-Team auf Norwegen.

Von Christian Bernhard, München

Marcel Noebels kaute auf seinem Mundschutz herum, als er sich auf den Weg zu seiner Belohnung machte. Nachdem er sich die teure Uhr geschnappt hatte, die ihm als bestem deutschem Spieler der Partie zustand, grinste er. Der Berliner Noebels stand stellvertretend für die deutschen Eishockey-Nationalspieler, die allesamt Grund zum Grinsen hatten. Durch einen souveränen 9:4-Erfolg gegen stark ersatzgeschwächte Italiener startete das Team des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) am Freitag spektakulär in die 84. Weltmeisterschaft in Lettland. "Wir können mit dem Ergebnis zufrieden sein", sagte Tom Kühnhackl, der das erste deutsche WM-Tor erzielt hatte, bei Sport1. "Wir haben sehr viele Dinge gut gemacht."

Bundestrainer Toni Söderholm bescherte Mannheims Torhüter Felix Brückmann dessen WM-Debüt. Im Angriff vertraute er eingespielten Reihen: Das Trio Noebels, Leo Pföderl und Lukas Reichel führte vor kurzem die Eisbären Berlin zum Gewinn der deutschen Meisterschaft, Matthias Plachta, Stefan Loibl und Markus Eisenschmid spielen gemeinsam für die Adler Mannheim. Die Formation um die zwei Nordamerika-Profis Tobias Rieder und Kühnhackl sowie Nico Krämmer (Mannheim) kennt sich seit gemeinsamen Jugendtagen aus Landshut.

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Die deutschen Spieler begannen nach drei Tagen Einzel- und drei weiteren Tagen Team-Quarantäne in Riga konzentriert und bestimmten das Spiel. Doch die Italiener hielten im Startdrittel dagegen. Vor dem eigenen Tor standen sie kompakt und versperrten konsequent die Schussbahnen. Nach und nach erhöhte das DEB-Team den Druck und ging durch Kühnhackl, der von einem Scheibengewinn Krämmers profitierte, mit 1:0 in Führung (16.). Doch die Italiener hatten eine Antwort - und zwar eine doppelte: Alex Petan vollendete nach einem Fehler von Reichel einen Konter zum 1:1 (18.), und nur 25 Sekunden später verwertete Luca Frigo einen Abpraller von Brückmann zur überraschenden Führung für den Außenseiter (19.). DEB-Kapitän Moritz Müller sorgte noch vor der ersten Drittelpause für den 2:2-Ausgleich (19.). Für den Kölner Verteidiger war es erst sein zweites Tor bei einer WM - sein erstes hatte er vor zwölf Jahren erzielt.

Gegner Italien verzeichnet in der WM-Vorbereitung 15 Corona-Fälle

"Das ist ein Spiel, dass wir gewinnen müssen, wenn wir ins Viertelfinale kommen wollen", hatte der erfahrene Verteidiger Korbinian Holzer vor der Partie betont. Speziell gegen diese Italiener, die im Vorfeld der WM mit großen Corona-Problemen zu kämpfen hatten. 15 Fälle gab es innerhalb des Teams, die letzten Testspiele fielen aus. Nationaltrainer Greg Ireland, in Deutschland aus seiner Zeit bei den Mannheimer Adlern bekannt, konnte Corona-bedingt noch nicht nach Riga reisen, er betreut die Mannschaft zunächst virtuell aus der Ferne.

Deutschland bekam es also mit einer italienischen Überraschungsmannschaft zu tun. Was von den Azzurri bei der WM zu erwarten sei? "Das kann ich nicht sagen", sagte Ersatztrainer Giorgio De Bettin schmunzelnd vor dem Spiel: "Die letzten Wochen haben gezeigt, dass man nie weiß, was kommt. Wir haben wichtige Spieler nicht dabei, wir haben den Cheftrainer nicht dabei und es fehlen die Leader."

Geduld und bloß keine Nervosität waren die Schlüsselworte, die man vor dem WM-Auftakt aus dem deutschen Lager vernahm. Die waren nach dem Startdrittel gefragt - und wurden sehr gut umgesetzt. In einem dominanten Mitteldrittel markierte Rieder in ähnlicher Manier wie Kühnhackl das 3:2 (25.), Frederik Tiffels legte in Überzahl das 4:2 nach (28.) und Noebels, der DEL-Spieler des Jahres, stellte auf 5:2 (36.). Damit war der Bann gebrochen, Reichel traf zum 6:2 (38.), Noebels machte das 7:2 (39.). In dieser Phase kam die "jugendliche Frechheit im Spiel, die man gut gebrauchen kann" zum Ausdruck, die Holzer vor dem ersten WM-Spiel im deutschen Team ausgemacht hatte. Passend dazu sorgte Plachta in Unterzahl für das 8:2 (43.). Die deutliche Führung sorgte beim DEB-Team für einen kurzen Konzentrationsverlust, Anthony Bardaro (44.) und Daniel Frank (45.) verkürzten auf 4:8. Jonas Müller fehlte da bereits aufgrund einer Spieldauerdisziplinarstrafe für einen Bandencheck. Für den Schlusspunkt sorgte Pföderl (49.).

Zeit zur Regeneration bleibt der deutschen Mannschaft nach dem erfolgreichen Auftakt kaum, nur etwas mehr als 17 Stunden nach dem Ende des Italien-Spiels geht es am Samstag schon mit dem zweiten Gruppenspiel gegen Norwegen weiter (11.15 Uhr). Außergewöhnlich sei das, sagte Söderholm. Der Finne weiß, dass sich das deutsche Team bei den letzten Weltmeisterschaften gegen die erfahrenen und mit mehr Spielqualität als Italien ausgestatteten Norweger schwer getan hat. Söderholm hat beim WM-Auftakt aber auch gesehen, welche Spielfreude in seiner Mannschaft steckt.

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