Deutschland bei der Eishockey-WM:Mit Bravour ins Viertelfinale

Deutschland bei der Eishockey-WM: Zeit für Erdnüsse auf der Tribüne: NHL-Profi John-Jason Peterka überwindet Frankreichs Torwart Sebastian Ylönen zum vorentscheidenden 3:0.

Zeit für Erdnüsse auf der Tribüne: NHL-Profi John-Jason Peterka überwindet Frankreichs Torwart Sebastian Ylönen zum vorentscheidenden 3:0.

(Foto: Kalle Parkkinen/Newspix24/Imago)

Das deutsche Eishockey-Team zieht mit einem souveränen 5:0 gegen Frankreich in die K.-o.-Runde ein. Dort trifft es auf Mitfavorit Schweiz - ein Duell mit Vergangenheit.

Von Johannes Schnitzler

Wenn eine Mannschaft vier Endspiele hat, und das noch in der Gruppenphase, muss sie einen schlechten Turnierstart gehabt haben. Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hatte bei der Weltmeisterschaft in Finnland und Lettland im Grunde einen soliden Start. Nur die Ergebnisse: 0:1 gegen Schweden, 3:4 gegen Finnland, 2:3 gegen Team USA. In den verbleibenden vier Spielen, hieß das, brauchte sie vier Siege, um noch ins Viertelfinale einzuziehen. Die ersten drei gewann sie: 6:4 gegen Dänemark, 4:2 gegen Österreich, 7:2 gegen Ungarn. Blieb das vierte Endspiel, das siebte Gruppenspiel am Dienstag, 12.20 Uhr Ortszeit Tampere, gegen Frankreich. Ein Sieg, und Deutschland wäre im Viertelfinale; eine Niederlage, und die Mannschaft des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) wäre abhängig gewesen vom Abendspiel zwischen Finnland und Dänemark. Eine maximal fordernde Ausgangslage.

Es wurde ein nie auch nur ansatzweise gefährdetes 5:0 (2:0, 1:0, 2:0) durch Tore von Alexander Ehl, Frederik Tiffels, John-Jason Peterka, Daniel Fischbuch und Maximilian Kastner. Deutschland, Vierter der Gruppe A, trifft im Viertelfinale am Donnerstag auf die Schweiz, den Sieger der Gruppe B. Ein Duell mit Vergangenheit.

"Die ersten Spiele haben schon bewiesen, dass wir eine starke Mannschaft sind", sagte Stürmer Dominik Kahun hinterher. "Wir haben es den großen Nationen schwer gemacht. Wir haben an uns geglaubt, als Mannschaft gespielt und in den letzten vier Spielen, die wir alle gewinnen mussten, einfach so weitergemacht." Kapitän Moritz Müller sagte: "Das war eine souveräne Leistung, gerade nach diesem Bruch im Turnier mit diesen drei Spielen, die wir gut gespielt haben, aber keine Punkte hatten. Da war natürlich die Frage: Wie kommen wir in den Spielen raus, die wir gewinnen müssen?" Sie kamen mit Bravour heraus.

Harold Kreis wählte ein großes Wort, um die Mentalität seiner Mannschaft zu beschreiben: "Diese Mannschaft hat Charakter", sagte der Bundestrainer nach der Qualifikation für die K.-o.-Runde. "Wir sind seit vier Spielen eigentlich immer in einem Ausscheidungsspiel. Der Druck hat nicht nachgelassen. Dabei ist das Selbstvertrauen gewachsen. Wir sind verdient weitergekommen."

Die Franzosen beschäftigte vor dem Spiel mehr eine Gruppe Frauen am Ufer als der Sport auf dem Eis

Sie hätten nie an sich gezweifelt, auch nicht nach den drei Niederlagen, hatte Verteidiger Moritz Seider schon vor diesem Duell gegen Frankreich gesagt: "Denn wir wussten, wie gut wir eigentlich sind." Noch gelassener waren nur die Gegner der Deutschen. Klassenverbleib gesichert, keine Chance mehr aufs Viertelfinale: Die Franzosen, die am Sonntag 0:9 gegen die USA untergegangen waren, vermittelten nach einem spielfreien Tag einen tiefenentspannten Eindruck. Zur Morgenaktivierung spazierten sie gemütlich an den See hinter dem Teamhotel. Das Spiel gegen diese deutsche Mannschaft? Schien sie nicht allzu sehr zu beschäftigen. Mehr Aufmerksamkeit schenkten sie einer Gruppe junger Frauen am Ufer, oh, là, là. Es lebe das Klischee.

Kreis musste auf den verletzten Manuel Wiederer verzichten. Für den Berliner ist das Turnier nach einer Blessur aus dem Spiel gegen Ungarn vorzeitig beendet, wie der DEB mitteilte. Für ihn kehrte der Düsseldorfer Fischbuch ins Line-up zurück, der die vier Spiele zuvor auf der Tribüne zugebracht hatte.

Für ein Spiel zur ungewohnten Mittagszeit war das Publikum in der Arena überraschend aufgekratzt. Mehrere Tausend Schülerinnen und Schüler hatten am Dienstag frei und Karten für die WM, die Anfeuerungen klangen entsprechend heller als üblich. Das erste Kreischen löste Wojciech Stachowiak aus, der mit feinem Solo das 1:0 von Alexander Ehl (4. Minute) vorbereitete. Zum zweiten Mal laut wurde es, als Tiffels einen Schuss von Peterka ins Tor ablenkte (16.).

Nach dem 3:0 von Peterka (23.) - der NHL-Profi setzte sich gegen drei Franzosen durch - war die Partie entschieden. Auf der Pressetribüne wurden Erdnüsse geknabbert.

Das Team von Hockey France ist ein familiengeführtes Unternehmen. Der Bruder von Stürmer Sacha Treille, Yorick, ist Assistenztrainer, Chefcoach Philippe Bozon, der einst mit Mannheim drei Titel in der Deutschen Eishockey Liga gewann, hat seine Söhne Tim und Kevin im Kader mit nach Tampere gebracht. Immer schön, wenn man etwas mit den Kindern unternehmen kann.

Die vergangenen drei K.-o.-Spiele gegen die Schweiz hat Deutschland gewonnen

Die einzig nennenswerte Chance der Franzosen im ersten Drittel durch den ehemaligen Wolfsburger Anthony Rech vereitelte DEB-Torwart Mathias Niederberger (18.), der sich mit wenigen, aber wichtigen Paraden seinen ersten WM-Shutout verdiente: In seinem 20. Spiel bei einer Weltmeisterschaft blieb er zum ersten Mal ohne Gegentor. Ein Verdienst des Teams, wie Kreis betonte: "Jeder wollte für Mathias zu null spielen." Niederberger schwärmte: "Die Mannschaft ist Spitzenklasse."

Das Spiel trudelte im letzten Drittel sanft aus. Die Schulkinder begeisterten sich längst mehr für die Animationsspiele auf dem Videowürfel und Spiky, das Igel-Maskottchen. Die Franzosen sehnten das Spielende herbei. Zuvor erhöhten Fischbuch (44.) und Kastner (54.) jeweils im Powerplay auf 5:0.

Am Donnerstag gegen die Schweiz wird es keinen Spaziergang geben, da waren sich die Deutschen sicher. "Sie sind Gruppensieger, sie haben eine überragende Mannschaft, es sind viele NHL-Spieler dabei", sagte Kahun, der in der Schweiz beim SC Bern spielt. "Sie haben das große Ziel, Weltmeister zu werden. Es wird ein sehr, sehr hartes Stück Arbeit. Aber wir haben in der Vergangenheit schon bewiesen, dass wir mit der Schweiz mithalten können." Mehr als das. Aus den vergangenen drei K.-o.-Duellen bei der WM 2010, Olympia 2018 und der WM 2021 ging Deutschland jeweils als Sieger hervor. "Wir werden einfach so weitermachen", sagte Kahun und lächelte. Damit sind sie bereits weiter gekommen, als es zunächst aussah.

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