Eishockey-WM: deutsches Team:Fragen der Zeit

Die deutsche Nationalmannschaft glänzt bei der WM, der Verband hat dennoch ein Problem: Trainer Uwe Krupp geht - und ein Kandidat für den Posten des Interims-Bundestrainers ist: Uwe Krupp.

Michael Neudecker, Bratislava

Ralph Krueger steht in der dritten Etage der Ondrej Nepela Arena von Bratislava, der Boden ist mit Teppich ausgelegt, es ist schick hier oben: Die dritte Etage ist die, auf der die Vip-Logen sind. Kruegers Sohn Justin spielt in der deutschen Mannschaft, offiziell also ist Ralph Krueger bei dieser WM in der Slowakei nur ein Unbeteiligter, ein Vater eben, der zuschaut.

Uwe Krupp

Eishockey-Bundestrainer Uwe Krupp erklärt seinen Spielern die Taktik.

(Foto: dpa)

In Wahrheit aber ist er ein wichtiger Mann, jedenfalls im Umfeld des deutschen Nationalteams: Über keinen wird dieser Tage so häufig gesprochen wie über ihn. Ralph Krueger, 51, geboren in Winnipeg, ist der Wunschkandidat des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) bei der nach der WM nötigen Neubesetzung des Bundestrainer-Postens.

Diese Mannschaft, sagt Krueger und deutet durch die Glasscheibe hinunter auf die Eisfläche, gefalle ihm ausgesprochen gut. Es ist Samstagnachmittag, Deutschland spielt gegen Dänemark, jetzt ist die erste Drittelpause.

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hat bei der WM bislang in der Tat für Aufsehen gesorgt; die Partie gegen Dänemark hat sie zwar wie schon gegen Finnland nach Penaltyschießen verloren (3:4), trotzdem war das Team bislang bei keinem Spiel in der regulären Spielzeit unterlegen.

Für das Viertelfinale ist Deutschland bereits qualifiziert, an diesem Montagabend im letzten Zwischenrundenspiel gegen Tschechien geht es nun noch darum, mit welcher Platzierung das Team abschließt, auf welchen Gegner es also im Viertelfinale trifft.

Wie weit es für Deutschland bei dieser WM gehen kann, das ist auch eine Frage, die man immer wieder gehört hat in den vergangenen Tagen, aber darum geht es jetzt nicht mehr, als Ralph Krueger die SZ in der Vip-Etage empfängt. Neben dem Sport ist das dominierende Thema dieser WM für Deutschland die Zukunft des DEB: Der Verband sucht einen Nachfolger, und er will Krueger, weil er ideal passen würde.

Er hat ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft, ist als Spieler in der Bundesliga für Düsseldorf, Schwenningen und Iserlohn aufgelaufen, und er ist ein international renommierter Trainer. Von 1998 bis 2010 trainierte er die Schweizer Nationalmannschaft, mit ihm etablierte sie sich in den Top Acht der Eishockey-Welt. Seit der vergangenen Saison ist Krueger Associated Coach des NHL-Klubs Edmonton Oilers, erster Co-Trainer also, und genau das ist nun das Problem.

Krueger hofft auch auf NHL-Trainerposten

Im März sind DEB-Präsident Uwe Harnos und Vizepräsident Manuel Hüttl zu Krueger nach Edmonton geflogen, "ein sehr interessantes Treffen" sei das gewesen, sagt Krueger, "wir haben uns ja noch nicht persönlich gekannt, ich wusste auch nicht, wie ihre Philosophie ist". Krueger gefiel, was der DEB ihm unterbreitete: Er soll nicht nur Bundestrainer werden, sondern auch Sportdirektor.

Allerdings, sagt Krueger, sei für ihn klar, "dass ich einen noch ein Jahr gültigen Vertrag in Edmonton habe, und so wie die NHL funktioniert, kann man sich auch nur darauf konzentrieren. Das ist meine Position, die ich bei dem Treffen auch klar gemacht habe." Es freue ihn, dass der DEB ihn gefragt habe, "aber Stand heute bin ich nicht verfügbar". Seit März habe er keinen Kontakt mehr mit dem DEB gehabt.

Der Verband bastelt seitdem an einem Modell mit einer Art Übergangstrainer, bis Krueger kommt. Man sei "so weit, dass wir unser Modell zum Abschluss bringen können", hatte Harnos vor ein paar Tagen gesagt (SZ vom 4. Mai), und die Bild-Zeitung und der TV-Sender Sport1 haben jetzt einen ersten Namen für dieses Modell aufgebracht: Jakob "Köbi" Kölliker, 57, langjähriger Schweizer U20-Trainer und Krueger-Assistent, derzeit ohne Job.

Kölliker bestätigte am Samstag etwas überraschend, es habe vor längerer Zeit "vagen Kontakt mit dem DEB gegeben". Ein Job "auf so einem Niveau" sei "natürlich interessant". Wäre Kölliker nicht der ideale Platzhalter für Krueger? Generell, sagt Krueger, sei Kölliker "ein ausgezeichneter Trainer", und: "Es würde mich wundern, wenn er kein Kandidat wäre, wenn ein Land wie Deutschland einen Trainer sucht." Konkret aber will Krueger sich zur Trainersuche des DEB nicht äußern, "der DEB muss entscheiden, wen er verpflichten will, nicht ich".

Krupp als Übergangslösung

Harnos und seine Kollegen wollen all das nicht offiziell kommentieren, sie bleiben dabei, erst nach der WM zu verkünden, wie die Nachfolge von Uwe Krupp geregelt wird. Klar ist nur: Eine klassische Doppelfunktion Krupps als Nationaltrainer und Cheftrainer der Kölner Haie schließt Harnos weiterhin kategorisch aus.

Nach SZ-Informationen war Kölliker tatsächlich ein Thema für den DEB, derzeit aber denkt der Verband auch darüber nach, Krupp doch für ein Jahr in eine Übergangslösung einzubinden - wenn auch nicht als alleinigen Chefcoach, sondern als gleichberechtigten Trainer zusammen etwa mit dem Mannheimer Harold Kreis, bisher Krupps Assistent bei Turnieren. Vieles hängt jedoch davon ab, ob der DEB Krueger zu einem klaren Bekenntnis bewegen kann, in einem Jahr nach Deutschland zu kommen. Bislang gelang das offenbar nicht.

Ralph Krueger kennt das Dilemma des DEB, aber er sagt auch: "Ich weiß nicht, was in einem Jahr ist." Fest steht für ihn nur, dass er nach zwei Jahren als Associated Coach wieder als Cheftrainer arbeiten will. "Die Tendenz ist klar, wenn man meine Karriere verfolgt: Ich bin ein Headcoaching-Typ." Sollte ihm Edmonton oder ein anderer NHL-Klub einen solchen Chef-Posten anbieten, würde Krueger ihn wohl annehmen - ein Cheftraineramt in der NHL ist das Höchste, was man als Eishockeytrainer erreichen kann.

Allerdings sagt Ralph Krueger auch: "Ich bin Europäer, und meine Frau und ich haben immer gesagt, dass wir irgendwann nach Europa zurückkehren. Das ist nur eine Frage der Zeit." Nur: Der DEB hat keine Zeit. Krupps Vertrag läuft noch bis 31. Mai.

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