Eishockey:Wieder aufrichten

Adler Mannheim - Straubing Tigers

"Den Blick auf die Spielerbank werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen": Straubings Trainer Tom Pokel tröstet seine Spieler.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Nach dem bitteren Aus im Playoff-Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga blickt der Straubinger Trainer Tom Pokel mit Stolz auf die schwierige Saison zurück. Ob er über das Saisonende hinaus in Niederbayern bleibt, ist noch offen.

Von Johannes Kirchmeier

Tom Pokel lachte zwar, aber es war mehr eine Art Galgenhumor, die ihn am Montagfrüh zum Lachen brachte. Denn seine anschließenden Worte offenbarten das Gefühl, das ihn seit Samstag beschäftigt: "Natürlich ist es bitter. So etwas habe ich noch nie erlebt", sagte der Trainer der Straubing Tigers. "Leider auf der falschen Seite." Als er den Satz beendet hatte, war ihm die angesprochene Bitternis dann auch anzusehen.

Am Samstagabend hatten seine Spieler die Adler Mannheim am Rande des Ausscheidens im Playoff-Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Die Niederbayern bestimmten knapp 50 Minuten lang die Partie und ließen keine gefährliche Szene der Mannheimer zu. Doch zwei Sechs-gegen-vier-Situationen später stand es 2:3, nach einem verpatzten Wechsel der Straubinger 3:3, in der Verlängerung unterlag der Außenseiter dem besten Hauptrunden-Team der Liga schließlich - und scheiterte mit 1:2 in der Best-of-three-Serie. "Den Blick auf die Spielerbank werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen", sagt Pokel. Lauter niedergeschlagene Männer, die "Herz und Leidenschaft" gezeigt hatten und die der 53-Jährige wieder aufzurichten versuchte.

Pokel: "Wir haben unser bestes Eishockey am Ende der Saison gespielt. So, wie es sein soll."

Kapitän Sandro Schönberger berichtete, dass in der Kabine danach alle kaputt gewesen seien, mental leer. "Keiner konnte was sagen, alle waren nur dagehockt mit Tunnelblick." Der Angreifer sagte am Montag, dass er in den zwei Nächten nach dem bitteren Ausscheiden im entscheidenden Viertelfinalspiel gefühlt eine Stunde geschlafen hat in den vergangenen Tagen. Immer wieder grüble er darüber, woran es nur gelegen haben könnte. Da ist Pokel einen Schritt weiter: Er findet, es sei schlicht Mannheims Kadertiefe gewesen, die den Ausschlag gab. "Wenn ich das Spiel wiederholen könnte, würde ich nichts anders machen", sagt er. "Als Trainer erwartet man 100 Prozent Leistung. Aber es waren nicht 100, sondern 120 Prozent. Ich bin sehr stolz."

Daher überdeckt für den Ruhepol Pokel auch die solide Saison als Ganzes die Bitterkeit des letzten Abends. Schließlich war die Spielzeit in den Tagen des Virus' mit all ihren Widerständen keine leichte, alleine der Start verzögerte sich ja vom September bis in den Dezember, die Spieler mussten auf Gehalt verzichten und die Fans durften nur von daheim aus zuschauen. Und dann war da auch noch der abrupte Weggang von Stürmer Mitchell Heard aus privaten Gründen. "Aber wir haben unser bestes Eishockey am Ende der Saison gespielt. So, wie es sein soll." Über die Monate hinweg balgten sich die Straubinger mit Schwenningen und Augsburg um den letzten Playoff-Platz der Süd-Gruppe, holten erst auf, überholten die Konkurrenten dann und sicherten sich den Platz am Ende. Und danach machten sie es dem Topfavoriten aus Baden so schwer wie möglich, weiterzukommen. "Das schafft nicht jede Mannschaft", findet Pokel.

Trotzdem dürfte auf seine Tigers in diesem Sommer ein Umbruch zukommen. Denn während Marcel Brandt (Pokel: "zuletzt der beste Verteidiger der Liga") oder Stephan Daschner noch einen Vertrag bis 2023 haben, laufen beim Großteil der Mannschaft die Kontrakte aus. Der Kader soll verjüngt werden, sechs Spieler sind 34 Jahre oder älter. Die Stimmung beim Teamabend am Sonntag sei daher auch etwas wehmütig gewesen. "Der eine oder andere wird wahrscheinlich nicht mehr kommen", sagt Schönberger, 33, der seit 2009 in Straubing spielt, dessen Vertrag allerdings auch ausläuft. In der nächsten Zeit will er mit dem sportlichen Leiter Jason Dunham sprechen.

Und Tom Pokel? Als erster Trainer hat er es geschafft, den Verein vom kleinsten DEL-Standort drei Mal in Serie auf einen Playoff-Platz zu führen - wenngleich das nominell stärkste Team dieser Zeit die Entscheidungsspiele vor einem Jahr dann nicht mehr spielen durfte wegen der Corona-Lage. Diese Erfolge hat man durchaus registriert im deutschen Eishockey. Noch ist daher nicht klar, ob der Coach über das Saisonende hinaus in Straubing bleibt. Auch er will im Laufe der kommenden Tage mit Dunham über seine Zukunft reden, ehe er am Freitag zu seiner Familie in die USA fliegt. Zumindest vorstellen könne er sich einen weiteren Verbleib in Niederbayern durchaus, ließ er am Montag durchblicken. Der Rest ist nun wohl Verhandlungssache.

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