Eishockey:Wie im Frühling

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Torgefährlich: Maximilian Kastner (2. von links) bringt die Münchner in Führung.

(Foto: Christian Kolbert/imago)

Zum Saisonauftakt der Deutschen Eishockey Liga gewinnt der EHC München in Augsburg 2:1. Die Dramatik des Duells zeigt: Die Panther gehören ebenfalls zum Favoritenkreis.

Von Johannes Schnitzler

Fast 505 Minuten: So lange spielten die Augsburger Panther und der EHC Red Bull München im vergangenen April gegeneinander, bis geklärt war, wer den Adlern Mannheim ins Finale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) folgen durfte. Titelverteidiger München setzte sich im siebten Spiel schließlich 2:0 durch, die Zeit hätte aber für mehr als acht reguläre Spiele gereicht, zweimal ging es in die dritte Verlängerung. Es war die längste Playoff-Serie in der Geschichte der DEL - und sie fand an diesem Freitag im Augsburger Curt-Frenzel-Stadion, am ersten Spieltag der neuen Saison, gewissermaßen ihre Fortsetzung: ausverkauftes Haus, brodelnde Derby-Atmosphäre und zwei Gegner, die nach jeweils drei Siegen in den ersten vier Spielen der Champions Hockey League (CHL) selbstbewusst in das Nachbarschaftsduell gingen. Diesmal sollte es schneller gehen bis zur Entscheidung. Der EHC München siegte im Prestigeduell vor 6179 Zuschauern nach 60 Minuten 2:1 (1:0, 1:1, 0:0). Ein Playoff-Ergebnis am ersten Spieltag.

Die Leistungen der Panther in der vergangenen Saison - Platz drei nach der Vorrunde und die CHL-Qualifikation waren das beste Ergebnis der Augsburger DEL-Geschichte - haben die Wahrnehmung der Schwaben durch die Konkurrenz verändert. Während früher gefühlt jedes Jahr die besten Augsburger nach München abwanderten (Boyle, Matsumoto, Parkes), zählt Münchens Manager Christian Winkler die Panther mittlerweile selbst zum erweiterten Favoritenkreis. Dass sich Winkler blendend mit Augsburgs Sportmanager Duanne Moeser versteht, ist ein offenes Geheimnis. "Münchens wahre Liebe", wie Augsburgs Fans damals in den Playoffs sangen, und natürlich auch am Freitag, ist der AEV trotzdem nicht. Schon vor dem Spiel flogen die Giftpfeile zwischen der Augsburger Südkurve und dem Gästeblock hin und her.

Münchens Cheftrainer Don Jackson musste auf die Nationalspieler Yannic Seidenberg und Frank Mauer sowie Jason Jaffray verzichten, kurzfristig meldeten sich auch Verteidiger Emil Quaas und Ersatzkeeper Kevin Reich ab. Dafür gab der in der vergangenen Woche verpflichtete US-Nationalverteidiger Bobby Sanguinetti seinen Einstand. Augsburg fehlte T.J. Trevelyan; Stürmer Thomas Holzmann und Torhüter Olivier Roy, der wegen einer Fingerverletzung die beiden jüngsten Champions-League-Spiele verpasst hatte, kehrten zum DEL-Auftakt aufs Eis zurück. Und schon nach 20 Sekunden wehrte Roy den ersten Schuss von Blake Parlett ab. Holzmann tauchte wenig später frei vor dem Münchner Tor auf, doch aus der ersten Augsburger Chance entwickelte sich ein Konter, den Maximilian Kastner auf Vorlage von Mark Voakes zur Führung für den EHC abschloss (4.). Maximilian Daubner (6.) und Voakes (13.) standen Latte und Pfosten im Weg. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überheblich werden", hatte AEV-Verteidiger Simon Sezemsky nach den CHL-Erfolgen und den vielen Vorschusslorbeeren gewarnt. Der Münchner Auftritt im ersten Drittel beeindruckte die Panther sichtlich.

Augsburg versuchte sich in der Pause neu zu sortieren, und Matt Fraser, mit sechs Treffern in vier Spielen Top-Torschütze der CHL, bewies, dass er auch in der DEL scoren kann: Auf Zuspiel von Adam Payerl schoss der Kanadier das 1:1 (25.). Doch nur 120 Sekunden später traf Justin Schütz, 19, einer aus der Münchner Nachwuchsakademie, zur erneuten Führung für den EHC.

Im zweiten Drittel nahm das Duell weiter an Intensität zu, beide Teams leisteten sich Strafzeiten, die Chancen mehrten sich. Holzmann, der ehemalige Münchner, schob den Puck Millimeter am EHC-Tor vorbei, Trevor Parkes, der ehemalige Augsburger, scheiterte an AEV-Keeper Roy, die Stimmung auf dem Eis und auf den Rängen kochte hoch. Pause. Aber keine Abkühlung. Roy rettete zu Beginn des Schlussdrittels zweimal gegen Schütz und Kastner. Als Scott Valentine auf die Strafbank musste, mussten die Glückwünsche von Ski-Star Felix Neureuther helfen, der die Panther vom Videowürfel grüßte. Fast hätte Augsburg in Unterzahl sogar das 2:2 erzielt. Aber Nationalkeeper Danny aus den Birken im Tor des EHC war gegen Patrick McNeill ebenso auf dem Posten wie später gegen Fraser. Was das Spiel an Präzision und Linie einbüßte, gewann es an Dramatik. Es ging hin und her wie im April, jeder Angriff bedeutete nun: Ausgleich oder Entscheidung. Do or die. Wie in den Playoffs. Die AEV-Fans sangen "Kämpfen bis zum Ende", doch am Ende hieß der Sieger wieder München. Wie im April.

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