Eishockey:Viele Sorgen

Eishockey: Lichtblick in schwierigen ESV-Zeiten: Philipp Krauß, U21-Förderspieler des Monats Dezember.

Lichtblick in schwierigen ESV-Zeiten: Philipp Krauß, U21-Förderspieler des Monats Dezember.

(Foto: Hafner/Nordphoto/imago)

Neun Niederlagen hintereinander: Zu den sportlichen Problemen gesellen sich beim ESV Kaufbeuren in der DEL2 atmosphärische Störungen. Verteidiger Sturm muss gehen, Trainer Tuomie steht nicht zur Diskussion.

Von Christian Bernhard

Die positive Nachricht kam zur rechten Zeit, denn wenn es dem ESV Kaufbeuren zuletzt an etwas gefehlt hat, dann an positiven Nachrichten. Philipp Krauß, 20-jähriger Stürmer der Allgäuer, wurde vor wenigen Tagen zum U21-Förderspieler des Monats Dezember in der zweiten Eishockey-Liga DEL2 gewählt. Das freute seinen Trainer Tray Tuomie ("Er ist einfach ein sehr guter Spieler für sein noch junges Alter. Ich denke, wenn er weiterhin so hart an sich arbeitet, hat er noch eine tolle Eishockey-Karriere vor sich") und den ganzen ESV, denn Marius Riedel, der Verantwortliche für Talent- und Standortentwicklung in der DEL2, erklärte, Krauß sei "ein weiteres Beispiel für die gute Nachwuchsarbeit der Kaufbeurer".

Die Krauß-Auszeichnung ist ein Lichtblick in schwierigen sportlichen ESV-Zeiten. Neunmal hat der Eishockey-Zweitligist seit Mitte Dezember gespielt, und obwohl die meisten dieser Spiele ziemlich knapp waren, hat er alle neun verloren. "Wenn es Scheiße läuft, ist es halt Scheiße", stellte der erfahrene Verteidiger Alexander Thiel kürzlich fest. Die Chance, am Mittwoch beim EHC Freiburg endlich wieder ein Erfolgserlebnis zu feiern, wurde aufgrund einer verlängerten Corona-Teamquarantäne der Breisgauer am Tag vor dem Spiel zunichte gemacht. Die nächste Chance auf den heißersehnten Sieg gibt es am Freitag im Derby gegen die Tölzer Löwen. "Wir müssen irgendwann wieder einen Sieg einfahren, damit unsere Jungs wieder das Gefühl bekommen, dass sie gewinnen können", sagte Tuomie.

Gracels Wunsch nach Auflösung des Vertrags kam laut Geschäftsführer Kreitl "aus heiterem Himmel"

Zu den sportlichen Problemen gesellen sich atmosphärische Störungen. Verteidiger Sören Sturm und Angreifer Branden Gracel sind seit der vergangenen Woche nicht mehr Teil des Kaufbeurer Kaders. Gracels Wunsch nach Auflösung des Vertrags, der laut Geschäftsführer Michael Kreitl "aus heiterem Himmel" kam, entsprach der Verein, bei Sturm entschloss sich die sportliche Leitung, die Reißleine zu ziehen. Über die Gründe, die zur Trennung vom langjährigen DEL-Verteidiger Sturm geführt haben, machte der Klub keine Angaben. Kreitl sagte lediglich, Sturm habe sich "ja so nichts zu Schulden kommen lassen". Sturm selbst schrieb auf Instagram, ihm sei mitgeteilt worden, dass er in der momentanen Lage der ESV-Mannschaft "keine Hilfe mehr" sei und dass ihn die Entscheidung "extrem schockiert" habe. Sturm war mit 24 Scorerpunkten, darunter sechs Toren, nicht nur der punktbeste Abwehrspieler der Kaufbeurer, sondern einer der offensiv produktivsten Verteidiger der ganzen Liga. Der Kanadier Gracel gehörte mit seinen 24 Scorerpunkten ebenfalls zu den punktbesten Kaufbeurer Spielern in dieser Saison.

Die Entscheidung, sich von Sturm zu trennen, sei bei der Analyse der "aktuellen sportlichen Misere" gereift. "Das Fazit war, dass es nicht genug ist, dass es in der Mannschaft nicht stimmt, dass man aktiv werden muss", erklärte Kreitl. Durchgeführt haben diese Analyse Kreitl und Tuomie. Der Trainer stand dabei nicht zur Disposition, sagte Kreitl, Tuomies Trainerteam mache "insgesamt einen guten Job". Tuomie hatte den ESV im Oktober übernommen, nachdem Rob Pallin den Verein überraschend verlassend hatte, um aus familiären Gründen in seine Heimat zurückzukehren. Unter Tuomie gewannen die Allgäuer ihre ersten fünf Spiele, rutschten zuletzt aber auf Platz zehn in der Tabelle ab.

Die Situation sei "existenzbedrohend", sagt Kreitl: "Es geht ums nackte Überleben."

Nun wird der Spielermarkt sondiert. "Die Prio liegt auf einem ausländischen Spieler", sagte Kreitl, Tuomie würde einen Verteidiger präferieren. Verfügbare deutsche Spieler sind rar gesät, "der deutsche Sektor ist relativ leer", erklärte Kreitl. Wie viel Budget für Nachverpflichtungen vorhanden ist, wird auch davon abhängen, welche Übereinkunft mit Sturm getroffen wird. Der Verteidiger ist ja erst einmal freigestellt, sprich weiter auf der Lohnliste der Kaufbeurer. Erst eine Auflösungsvereinbarung würde weiteren Spielraum im ESV-Budget schaffen.

Um dieses steht es, wie in der ganzen Liga, coronabedingt nicht gut. Kreitl bezeichnete die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund der fehlenden Zuschauereinnahmen als "Vollkatastrophe" und betonte: "Wir müssen schauen, dass wir uns über Wasser halten." Die Situation sei "existenzbedrohend, es geht ums nackte Überleben". Momentan habe man die Lage noch im Griff, sagte der Geschäftsführer, bis zum Ende der Saison müsse aber "was passieren". Das gilt nicht nur für den wirtschaftlichen, sondern auch für den sportlichen Bereich.

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