Eishockey:Verteidiger im Angriffsmodus

Eishockey, DEL, EHC Red Bull München - Adler Mannheim Im Bild Torschütze zum Tor zum 2:1 Bobby SANGUINETTI (EHC Red Bul

Spieler der Stunde beim Team der Stunde: Bobby Sanguinetti (vorne) wird von Münchens Trainer Don Jackson geschätzt für seine Übersicht und seine Souveränität auf dem Eis.

(Foto: Markus Fischer/Passion2Press/imago images)

Bobby Sanguinetti ist einer der prägenden Offensivspieler der Liga - auch dank ihm ist der EHC München so stark.

Von Christian Bernhard

Michael Wolf hatte sich schnell weggeduckt, um der Kamera womöglich doch noch zu entfliehen, doch diese hatte ihn bereits eingefangen und ließ ihn nicht mehr los. Also lächelte Wolf, als er auf dem Videowürfel der Münchner Olympia-Eishalle zu sehen war und die Fans ihn mit Sprechchören feierten. Stadionsprecher Stefan Schneider hatte soeben verkündet, dass der ehemalige Kapitän des EHC München in offizieller Funktion zum Verein zurückkehrt und als Scout tätig sein wird. Wolf werde sich hauptsächlich um die jungen Spieler kümmern, die beim Kooperationspartner SC Riessersee in der Oberliga zum Einsatz kommen, und interessante Spieler der Deutschen Eishockey Liga (DEL) beobachten, erklärte EHC-Manager Christian Winkler: "Wir reden und diskutieren viel. Ich vertraue ihm blind." Das erfreute den Münchner Anhang mindestens so sehr wie der 6:1-Heimsieg gegen die Krefeld Pinguine zum Jahresabschluss am Montag, den Wolf an der Seite von Winkler verfolgte.

Sechs Siege in Serie, 77 Saison-Punkte und damit so viele wie noch nie zum Ende des Jahres bei 13 Punkten Vorsprung auf die zweitplatzierten Straubing Tigers: Der EHC München ist wieder das Maß der Dinge in der DEL. Und das, obwohl ihm zuletzt phasenweise mehr als zehn Spieler gefehlt haben - verletzungsbedingt oder weil sie mit der deutschen U20-Auswahl bei der Weltmeisterschaft in Tschechien im Einsatz sind. "Wir wissen, dass wir viel Qualität im Kader haben", sagte Kapitän Patrick Hager kürzlich nach dem 5:1 in Nürnberg. Obwohl die Ausfälle "natürlich weh tun", sei die Qualität "immer noch hoch genug, um die Punkte zu holen, wenn du hart arbeitest und diszipliniert spielst".

Hager spielt derzeit mit seinen Reihenkollegen Yasin Ehliz und Philip Gogulla groß auf. Der Spieler der Stunde beim Team der Stunde ist allerdings Verteidiger Bobby Sanguinetti. Der 31 Jahre alte US-Amerikaner erzielte in den vergangenen zwei Spielen jeweils das 1:0 und sammelte in den letzten sieben Partien elf Scorerpunkte. Ligaweit gelangen in dieser Phase keinem Spieler mehr. Sanguinetti ist momentan einer der prägendsten Offensivspieler der Liga, sechs seiner acht Vorlagen in dieser Phase führten direkt zu einem Münchner Treffer. Die persönlichen Statistiken seien ihm gar nicht so bewusst, sagte Sanguinetti nach seiner Drei-Punkte-Gala gegen Krefeld bescheiden. "Ich versuche, einfach mein Spiel zu spielen", erklärte er. "Im Moment läuft es einfach. Es macht Spaß."

Don Jackson kommt ins Schwärmen, wenn er über den Abwehrspieler spricht. "Er spielt momentan ein totales Spiel. Bobby ist ein Top-Offensivspieler und auch ein Elite-Verteidiger", sagte der EHC-Trainer. Jackson lobte Sanguinettis schlittschuhläuferischen Fähigkeiten, seine Übersicht und Hände - und seine Souveränität auf dem Eis: "Er ist ein smarter Spieler, ich sehe ihn so gut wie nie in Schwierigkeiten." Das schlägt sich auch in Sachen Disziplin nieder. In 30 Spielen kassierte der zweifache Familienvater nur eine Zwei-Minuten-Strafzeit. Jackson ist davon beeindruckt, dass Sanguinetti "sehr beständig" die richtigen Entscheidungen auf dem Eis treffe.

Der EHC hat Sanguinetti seit 2015 beobachtet - und 2019 verpflichtet

Die Übersicht gepaart mit seinen den großen Passqualitäten demonstrierte Sanguinetti auch gegen Krefeld. Beim 4:1 nahm er mit seinem Querpass die gesamte Krefelder Defensive inklusive Torhüter Dimitri Pätzold aus dem Spiel, wodurch Yasin Ehliz die Scheibe direkt neben dem Gäste-Tor noch in Ruhe annehmen konnte, ehe er sie ins leere Tor schob. Yannic Seidenbergs 5:1 leitete Sanguinetti mit einem feinen öffnenden Pass auf Justin Shugg ein. Seidenberg und Sanguinetti, die in den vergangenen Partien meist ein Verteidigerpärchen bildeten, ergänzen sich blendend. "Seidi ist großartig für mich", sagte Sanguinetti, "er bewegt die Scheibe so gut, was es für mich noch einfacher macht." Die beiden suchen und finden sich oft spielend leicht und initiieren viele EHC-Angriffe.

Jackson hatte schon vor einigen Wochen betont, dass das Münchner "puck movement", sprich die Präzision und das Tempo der Scheibenbewegung, in dieser Saison besser als in der vergangenen sei - und das auch an der Personalie Sanguinetti fest gemacht. Dass es zwischen dem dreimaligen deutschen Meister und Sanguinetti passen könnte, war Winkler schon länger bewusst: Seit 2015 hatte er den Verteidiger - der bereits in der NHL, AHL, Russland und der Schweiz gespielt hat - beobachtet, ehe er ihn schließlich im September nach München lotste. Die berechtigten Hoffnungen haben sich in nur wenigen Monaten bestätigt. "Seine Spielart", sagte Winkler, "passt perfekt zu uns." Und macht den sowieso schon starken EHC noch stärker.

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