Eishockey:Verliebt in die Außenseiterrolle

Nach der besten Hauptrunde der Vereinsgeschichte startet Straubing selbstbewusst in die Pre-Playoffs gegen Berlin.

Von Christian Bernhard

Es gehört zur Natur der Dinge, dass kleinere Vereine auf andere Mittel setzen müssen als die großen Klubs. "Kleine Teams müssen auch über den Körper kommen, die besseren Mannschaften haben einfach mehr individuelle Klasse", sagt Marcel Brandt. Sein Team mache "einfach aus, dass wir hart spielen". Brandt ist Verteidiger bei den Straubing Tigers und damit ein idealer Vertreter der "Kleinen", der Etat seines Vereins ist einer der niedrigsten in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Damit ist klar, warum auch Straubings Trainer Tom Pokel sagt, seine Mannschaft wolle "grundsätzlich" hart spielen.

Dagegen ist im Eishockey grundsätzlich auch nichts einzuwenden, der Sport lebt von den vielen Zweikämpfen, der Dynamik und den Checks. Ein Straubinger übertrieb es in der soeben zu Ende gegangenen Hauptrunde allerdings mehrmals - und bekam nun die Rechnung dafür. Der DEL-Disziplinarausschuss sperrte Sena Acolatse für vier Spiele, da der kanadische Verteidiger der Tigers im letzten Hauptrundenspiel Darin Olver übel gegen den Kopf gecheckt hatte. Der Stürmer des ERC Ingolstadt musste sichtlich benommen in die Kabine begleitet werden und konnte nicht mehr weiterspielen. Wie schlimm es Olver erwischt hat, ist noch offen. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.

Deutschland Berlin Mercedes Benz Arena Eishockey Herren DEL 2018 2019 Hauptrunde 36 Spieltag EH; Eishockey Bundesliga - Straubing Berlin

Drei von vier: In der Hauptrunde hatte Straubing – rechts Vladislav Filin gegen Berlins Frank Hördler – wenig Probleme mit den Eisbären.

(Foto: Christian Thiel/imago)

Dadurch fehlt Strafminuten-Spitzenreiter und Wiederholungstäter Acolatse den Straubingern in den am Mittwoch beginnenden Pre-Playoffs. Die Niederbayern bekommen es in der Best-of-three-Serie mit den Eisbären Berlin zu tun und starten mit einem Heimspiel. Im zweiten Duell sind die Nürnberg Ice Tigers zum Auftakt in Bremerhaven zu Gast.

Acolatses Aussetzer ändert nichts daran, dass die Straubinger mit 81 Punkten die beste Hauptrunde ihrer Vereinsgeschichte hinter sich haben. Dazu stellten sie mit Jeremy Williams den DEL-Topscorer: 58 Scorerpunkte sammelte der Kanadier, 30 davon waren Tore. "Wir haben bis jetzt eine tolle Saison geliefert", sagt Pokel. Der Trainer genießt es, nun den Vorjahresfinalisten Berlin herauszufordern, "denn letztes Jahr waren wir nicht in dieser Situation". Da war nach Platz 13 schon nach der Hauptrunde Schluss.

Diese Saison starteten die Tigers nach der Länderspielpause im November so richtig durch, seitdem haben nur die beiden Dominatoren Mannheim und München sowie die Kölner mehr Punkte geholt. Der Mannschafts-Zusammenhalt sei sehr gut, betont Pokel. Brandt sagt: "Wenn wir es schaffen, unser einfaches Spiel durchzubringen, können wir jeden schlagen. Das haben wir schon bewiesen." Das haben auch die Eisbären zu spüren bekommen. Drei der vier Hauptrundenduelle gingen an die Tigers, in Straubing haben die Berliner nur eines ihrer vergangenen sieben Spiele gewonnen. Der Heimvorteil könne eine sehr große Rolle spielen, sagt Brandt, "bei uns im Stadion ist die Hölle los." Zudem haben die Berliner seiner Meinung nach "definitiv" mehr zu verlieren, "wir als 'kleines Dorf' lieben die Außenseiterrolle".

Der Spielplan der Vor-Playoffs (best of three)

1. Spieltag:

Mittwoch, 6. März, 19.30 Uhr:

FT. Pinguins Bremerhaven - Nürnberg Ice Tigers

Straubing Tigers - Eisbären Berlin

2. Spieltag:

Freitag, 8. März, 19.30 Uhr:

Nürnberg Ice Tigers - FT. Pinguins Bremerhaven

Eisbären Berlin - Straubing Tigers

3. Spieltag

Sonntag, 10. März (falls notwendig):

FT. Pinguins Bremerhaven - Nürnberg Ice Tigers

Straubing Tigers - Eisbären Berlin

Viertelfinale ab 12. März:

Qualifikant 1 trifft auf den EHC München

Qualifikant 2 spielt gegen die Adler Mannheim

Vielleicht haben die Straubinger auch deshalb am letzten Spieltag in Ingolstadt so gezockt. Zweimal nahm Pokel in der Schlussphase Torhüter Jeff Zatkoff vom Eis, zweimal trafen die Ingolstädter ins leere Tor. Deshalb rutschten die Tigers noch auf Rang acht ab und entgingen damit einem Pre-Playoff-Duell mit den Nürnbergern, gegen die sie alle vier Hauptrundenduelle verloren hatten. "Wir wissen, dass wir die Berliner geschlagen haben", sagt Brandt. Gegen Nürnberg wäre das anders gewesen, "da hätte es vielleicht etwas mehr Nervosität gegeben."

Den Berlinern ist der Respekt anzumerken. "Straubing ist eine sehr offensivstarke Mannschaft, vor allem zu Hause", sagt Eisbären-Trainer Stephane Richer, der erst vor kurzem eine 3:7-Niederlage in Straubing kassierte. Allerdings haben die aktuellen Eisbären kaum noch etwas mit jenen zu tun, die monatelang durch die Liga gestolpert waren. Seit der Februar-Länderspielpause haben sie sechs ihrer sieben Spiele gewonnen, mehrere davor verletzte Leistungsträger sind nicht nur wieder fit, sondern auch in guter Form. Stürmer Louis-Marc Aubry etwa sammelte seit der Pause beeindruckende 16 Scorerpunkte. "Wir haben einen Lauf, und den wollen wir fortsetzen", sagt Torhüter Kevin Poulin.

Einen solchen sucht man bei den Nürnberg Ice Tigers vergeblich. Die Franken, die in den vergangenen drei Jahren stets im Halbfinale standen, haben eine sehr enttäuschende Hauptrunde hinter sich. Erst ein Zwischenspurt im Januar führte sie noch auf Rang zehn, mehr war nicht mehr drin. "Wir haben irgendwie unsere Identität verloren", sagt Verteidiger Tom Gilbert. Die Ice Tigers stiegen also mit einem etwas mulmigen Gefühl am Dienstag in den Bus, der sie ins 635 Kilometer entfernte Bremerhaven brachte. An der Nordseeküste, wo sie beide Hautrundenpartien verloren hatten, müssen sie mindestens ein Spiel gewinnen, um das Viertelfinale zu erreichen. Dort würden die Mannheimer Adler warten. Doch bis dahin ist - wie auch für die Straubinger - noch einiges zu erledigen.

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