Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Unzufrieden auf Playoff-Kurs

Die Straubing Tigers sind die Mannschaft der Stunde in der Deutschen Eishockey Liga. Mit zwei Siegen gegen direkte Konkurrenten festigen sie Platz fünf - und granteln trotzdem.

Von Christian Bernhard

Sandro Schönberger hätte eigentlich genügend Gründe gehabt, erfreut zu sein. Zwei selbst erzielte Tore, die Führung im Derby, dazu noch sein soeben verlängerter Vertrag. Doch Schönberger war nicht nach Begeisterung zumute. "Wir sind viel zu offen, geben viel zu viele Chancen her", moserte der Kapitän der Straubing Tigers am Sonntag bei Magentasport, nach dem zweiten Drittel des Derbys beim ERC Ingolstadt. Das sei "eigentlich genau das, was wir nicht wollen". Erfolgreich waren die Niederbayern dennoch. 4:3 gewannen sie das Derby und feierten damit nach dem 2:1 am Freitag gegen die Fischtown Pinguins den zweiten Sieg des Wochenendes. Durch die beiden Erfolge gegen Konkurrenten um die direkten Playoff-Plätze festigten sie Rang fünf in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Auch Straubings Trainer Tom Pokel war trotz des Sieges nicht restlos zufrieden. "Ich ärgere mich und bin ein bisschen sauer auf unser zweites Drittel", unterstrich er, der "Tag der offenen Tür" mit zahlreichen Tormöglichkeiten hatte ihm nicht gefallen.

Die Bewertungen von Pokel und Schönberger zeigen, dass die Tigers die Art und Weise ihrer Auftritte kritisch hinterfragen. Auch dann nicht zufrieden zu sein, wenn es läuft: eine Eigenschaft, die ambitionierte Mannschaften auszeichnet. Denn dass es läuft, steht bei den Niederbayern außer Frage. Fünf ihrer vergangenen sechs Partien haben sie gewonnen, bei der einzigen Niederlage, einem 2:3 nach Verlängerung gegen den EHC Red Bull München, punkteten sie auch. Kein DEL-Team kann aktuell solch eine Bilanz vorweisen. Für Ex-Nationalspieler und TV-Experte Andreas Renz sind die Straubinger das "Team der Stunde". Weil sie mit ihrer Offensivkraft "ganz oben mit dabei" und schwer auszurechnen seien. Aber vor allem, weil sie "unangenehm" spielen. Ihre Basis, betont Renz, "ist ihr hartes Eishockey."

Kurz vor den Playoffs minimieren sich Zeit und Raum für Tricksereien und spielerischen Firlefanz - das kommt Straubings schnörkellosem Spiel entgegen

Jason Akeson, der gegen Ingolstadt traf, ist mit 61 Scorerpunkten der erfolgreichste Punktesammler der DEL. Er ist für die kreativen, unvorhergesehenen Momente im Tigers-Spiel zuständig. Aber auch der 31-jährige Kanadier weiß, was sein Team ausmacht. "Wir versuchen, in der neutralen Zone nicht zu verspielt zu sein", erklärte er. Es gehe darum, das Spiel einfach zu halten, in Richtung Playoff-Eishockey zu gehen. Denn das Spiel, betonte er, "ändert sich gerade". Das liegt daran, dass sich die Hauptrunde dem Ende zuneigt und viele Mannschaften dringend Punkte brauchen - für die Playoff-Qualifikation oder gegen den Abstieg. Da minimieren sich Zeit und Raum für Tricksereien und spielerischen Firlefanz. Und genau in dieser Art von Eishockey fühlen sich die bissigen Straubinger wohl.

Keinem DEL-Team gelang es in den vergangenen sieben Spielen, mehr als drei Tore gegen sie zu erzielen - auch nicht den Spitzenteams aus Wolfsburg, München und Mannheim. Mit Ausnahme des Mitteldrittels in Ingolstadt gehen die Tigers defensiv energisch zu Werke und schaffen es so, auch die verletzungsbedingten Ausfälle der Verteidiger Brandon Manning, Stephan Daschner und Trent Bourque aufzufangen. Den Rest erledigt der im Februar verpflichtete Torhüter Tyler Parks. Parks gebe seinem Team "viel Sicherheit", unterstrich Pokel am Freitag - und legte am Sonntag nach: "Wir müssen uns bei Tyler bedanken, er hat uns im Spiel gehalten." Dass Parks sogar dann kein Gegentor angerechnet wird, wenn er eines kassiert, wie im Spiel gegen Bremerhaven, als die Unparteiischen trotz des Videobeweises nicht erkannten, dass die Scheibe beim Stand von 1:1 im Straubinger Tor gelandet war, passt zum Tigers-Moment. Wenn es läuft, läuft es eben.

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