Eishockey:Unter Zugzwang

Danny aus den Birken (Torwart, EHC Red Bull Muenchen, 33). EHC Red Bull Muenchen gegen Koelner Haie, Eishockey, DEL, 2.

Patzer zum Schluss: EHC-Torwart Danny aus den Birken verhinderte eine Verlängerung.

(Foto: Heike Feiner/Eibner/imago)

Der EHC München verliert zu Hause 3:4 gegen den EV Zug - und muss nun auswärts beim Schweizer Meister gewinnen, um sich noch für die K.o.-Runde der Champions Hockey League zu qualifizieren.

Von Christian Bernhard

Christian Winkler hielt es nicht mehr auf seinem angestammten Platz. Der Manager des EHC Red Bull München verfolgt die Heimspiele seiner Mannschaft normalerweise auf der Gegengeraden der Münchner Olympia-Eishalle, direkt unter dem Hallendach; nun zog es ihn nach unten, direkt an die Eisfläche. Wie ein eingesperrter Tiger strich Winkler hinter der Plexiglasscheibe hin und her, seine eng verschränkten Arme und sein vehementes Applaudieren nach einer guten Defensivaktion des EHC verrieten trotz Mund-Nasen-Schutz, dass er angespannt war. Sehr angespannt. 26 Sekunden vor Spielende löste sich seine Anspannung auf einen Schlag - und Winkler marschierte zügigen Schrittes direkt in den Kabinentrakt.

Der Dienstagabend war auch für Winklers Spieler ein außergewöhnlich fordernder. Der EHC lieferte dem Schweizer Meister EV Zug in der Champions Hockey League (CHL) einen packenden sportlichen Kampf, den Zugs Trainer Dan Tangnes treffend in Worte fasste: "Viel Action, viele Chancen auf beiden Seiten: Das war ein Spiel, welches die Eintrittskarte wert war." Ein später Fehler von Münchens Torhüter Danny aus den Birken entschied das rassige Champions-League-Duell mit 4:3 Toren zugunsten der Eidgenossen und bedingte nicht nur Winklers frustrierten Abgang in die Kabine, sondern brachte den ganzen EHC in eine schwierige Lage. Deutschlands Liga-Tabellenführer muss nun am kommenden Mittwoch das letzte CHL-Vorrundenspiel in Zug in der regulären Spielzeit gewinnen, um sich noch für die K.o.-Runde zu qualifizieren.

Kurz vor Schluss hatten die Münchner noch deutlich mehr Optionen zum Weiterkommen, doch dann wollte aus den Birken nach einem harmlosen Schuss von Lino Martschini ein Anspiel vor dem eigenen Tor verhindern - und gab die Scheibe noch einmal frei. Da aber weder er, noch Ben Street die Scheibe aus der brenzligen Zone bekamen und Martschini Druck auf sie machte, fiel sie Jan Kovar vor den Schläger und Zugs Kapitän hatte keinerlei Probleme, sie zum Siegtreffer im leeren Tor unterzubringen. 26 Sekunden waren da nur noch auf der Spieluhr. "Der letzte Fehler hat uns das Spiel gekostet", sagte EHC-Trainer Don Jackson.

"Alle Spielentscheidungen waren Sekundenbruchteilsentscheidungen", findet Trainer Jackson

Schnell, physisch, technisch: Das Spiel hatte alles, was eine hochklassige Partie braucht. "Alle Spielentscheidungen waren Sekundenbruchteilsentscheidungen", fand Jackson. Die läuferisch und technisch starken Schweizer entzogen sich häufig dem aggressiven Forechecking der Münchner, mit dem sie in der heimischen Liga ihre Gegner verlässlich vor große Probleme stellen. Wenn man gegen Zug im Forechecking nicht Vollgas gebe und "denen ein bisschen mehr Zeit gibt, sind sie so gut, dass sie gute Spielzüge machen", erklärte EHC-Verteidiger Konrad Abeltshauser. Sein Team habe es verpasst, mehr Zeit im Zuger Drittel zu verbringen, "und darum geht es in unserem Spiel", analysierte Jackson.

Die Münchner hielten mit punktuell schnellen Angriffen und erhöhter physischer Präsenz dagegen. Besonders Verteidiger Andrew MacWilliam sorgte dafür, dass die Prognose von Zugs Sportchef Reto Kläy ("Spiele gegen DEL-Mannschaften sind immer hart umkämpft und vor allem physisch eine Herausforderung") auch wahr wurde. Der kernige kanadische Verteidiger setzte im Mitteldrittel mit zwei krachenden Checks gleich zwei Zeichen, in Folge derer der EHC dank der Tore von Frederik Tiffels (29.) und Trevor Parkes (35.) aus dem frühen 0:1 (Anton Lander, 1.) eine 2:1-Führung machte. Die Schweizer bewiesen aber auch Comeback-Fähigkeiten: Erst dank Fabrice Herzog zum 2:2 (38.) und nach Tiffels' 3:2 (45.) in Person von Dario Simion (52.). Als so gut wie alles auf eine Verlängerung hindeutete, patzte aus den Birken.

Nun müssen in Zug drei Punkte her - und wie das geht, weiß der EHC. In der CHL-Saison 2018/19 hatte er sein Achtelfinal-Hinspiel gegen die Zuger zuhause 2:3 verloren, um dann in der Schweiz durch einen 2:0-Sieg doch noch weiterzukommen. "Danke für die Erinnerung", sagte Jackson am Dienstag. Jenes Spiel sei das beste in der Karriere von Danny aus den Birken gewesen, betonte er, "wir wissen also, dass noch Hoffnung besteht".

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