Eishockey:Tore aus dem Kuriositätenkabinett

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Applaus, Applaus: Mit dem 4:2-Auswärtssieg beim schweizerischen Spitzenteam HC Fribourg-Gotteron hat sich die Mannschaft des EHC München eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale am kommenden Mittwoch in München geschaffen. (Foto: Red Bull München/City-Press GmbH/oh)

Der EHC München lässt sich weder von Corona-Fällen noch durch die Länderspielpause aus dem Konzept bringen und verschafft sich im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales mit dem 4:1 in Fribourg eine gute Ausgangsposition.

Von Christian Bernhard

Daryl Boyle ist einer der erfahrensten Spieler im sowieso sehr erfahrenen Kader des EHC Red Bull München. Der 34-jährige Verteidiger hat vor kurzem sein 400. Ligaspiel für die Münchner bestritten, nur Yannic Seidenberg kann noch mehr Einsätze vorweisen. Boyle fällt selten auf, was bei einem Abwehrspieler als Kompliment gewertet werden kann. Sein Klub bezeichnete ihn deshalb ob seiner Verlässlichkeit auf dem Eis und seiner geringen Fehlerquote jüngst als "Mister Zuverlässig".

Am Dienstagabend leistete sich Boyle allerdings einen kapitalen Fehlpass im eigenen Drittel - und Fehler dieser Art werden in der Champions Hockey League (CHL) gerne bestraft, so auch in diesem Fall. Killian Mottet zog zum EHC-Tor und scheiterte im ersten Versuch noch an Münchens Torhüter Danny aus den Birken, doch dann kullerte die Scheibe doch noch über die Torlinie (8.). Boyle hatte sie beim Rettungsversuch ins eigene Tor befördert, wodurch die von ihm heraufbeschworene Situation ein aus seiner Sicht besonders unglückliches Ende nahm. Der HC Fribourg-Gotteron, Tabellenzweiter der Schweizer Top-Liga und das erste CHL-Team überhaupt, das in der Vorrunde 18 von 18 möglichen Punkten geholt hatte, freute sich über die frühe Führung im Achtelfinal-Hinspiel.

Doch die Münchner schlugen auf beeindruckende Art und Weise zurück. Gegen das Schweizer Spitzenteam machten sie noch im Mitteldrittel aus dem 0:1-Rückstand einen 4:1-Vorsprung und gewannen am Ende mit 4:2. "Wir mussten sehr gut verteidigen und sind gut mit ihrem Druck umgegangen", sagte EHC-Cheftrainer Don Jackson. Im Achtelfinal-Rückspiel am 24. November in der heimischen Olympia-Eishalle hat sein Team nun beste Chancen, sich für das Champions-League-Viertelfinale zu qualifizieren. Selbst eine Niederlage mit einem Tor Abstand würde noch reichen.

Vor dem Rückspiel gegen die Schweizer steht ein Derby-Wochenende mit Spielen gegen Nürnberg und Augsburg an

Spiel eins nach der Deutschland-Cup-Pause war für den EHC ein spezielles. Der Klub hatte die achttägige Länderspielpause genutzt, um seine letzten Spieler aus der Corona-Zwangspause in den Wettkampfmodus zurückzuführen. Auch Frank Mauer, der im letzten Ligaspiel vor der Pause in Iserlohn noch gefehlt hatte, kehrte in der Schweiz aufs Eis zurück. Von den Stammspielern waren nur noch die verletzten Yannic Seidenberg und Maximilian Kastner absent. Post-Corona-Schwächephasen oder Energieausfälle waren den Münchnern in Fribourg nicht anzumerken. Sie gingen das hohe Tempo von Beginn an mit und drängten die Schweizer mit ihrem aggressiven Forecheck oft in deren Drittel. Cheftrainer Jackson teilte die Belastung auf viele Schultern auf. Kein Münchner Spieler kam auf mehr als 20,5 Minuten Eiszeit. Zum Vergleich: Bei Fribourg standen gleich sechs Spieler länger auf dem Eis.

Münchens Auftritt in der Westschweiz war von kuriosen Toren geprägt. Nach Boyles Eigentor war auch der 1:1-Ausgleich von Justin Schütz ungewöhnlich, da der EHC-Stürmer beim Abschlussversuch die Scheibe nicht richtig traf und Fribourgs Torhüter Reto Berra damit aus dem Konzept brachte (17.). Bei Jonathon Blums 2:1 in Minute 26 brach dem EHC-Verteidiger beim Schuss der Schläger, ehe die dadurch komisch kullernde Scheibe auch noch von einem Schweizer so abgefälscht wurde, dass sie erneut durch Berras Beine ins Tor ging. Konrad Abeltshausers 4:1 (39.) bildete den Abschluss des Tore-Kuriositätenkabinetts, denn auch da war es nicht der Münchner Verteidiger, der die Scheibe ins Tor beförderte, sondern Fribourgs Ryan Gunderson. Frederik Tiffels markierte das 3:1 (36.).

Nach einem von David Desharnais erst herausgeholten und dann lässig verwandelten Penalty zum 2:4 (45.) geriet der EHC in der Schlussphase unter Druck, da die Schweizer bereits fünf Minuten vor Spielende ihren im Schlussdrittel neu ins Spiel gekommenen Torhüter Connor Hughes zugunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis nahmen. Die Münchner hielten dem Druck aber stand und brachten den Zwei-Tore-Vorsprung ins Ziel. Damit bestätigte sich einmal mehr, dass dem EHC Schweizer Topmannschaften liegen. Im Oktober hatte er den Achtelfinaleinzug durch einen 6:1-Erfolg beim aktuellen Schweizer Meister EV Zug eingefahren. Nach jener Partie begann der Corona-Albtraum des EHC, mehrere Wochen lang war nichts mehr wie davor.

Ehe am kommenden Mittwoch das Achtelfinal-Rückspiel in München stattfindet, wartet auf den EHC nun ein Derby-Wochenende in der Deutschen Eishockey Liga. Am Freitag ist er bei den Nürnberg Ice Tigers zu Gast (19.30 Uhr), am Sonntag empfängt er die Augsburger Panther (17 Uhr). Dann gilt aufgrund der aktuellen Corona-Situation im Münchner Olympia-Eisstadion für alle Besucher vom zwölften Lebensjahr an die 2G-Regel. Das Thema Corona lässt auch den EHC nicht ganz los.

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