Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Storm und Drang

Mit zwei Kantersiegen schiebt sich der ERC Ingolstadt in der Deutschen Eishockey Liga ganz nah an München heran. Vor allem die Angriffsreihe um seinen dänischen Routinier spielt groß auf.

Von Christian Bernhard

Für Frederik Storm ging in der vergangenen Woche ein Traum in Erfüllung, dem er lange hinterhergejagt war. Um genau zu sein: knapp zwölf Jahre lang. So lange arbeitete der dänische Eishockey-Nationalspieler daran, erstmals bei Olympischen Spielen auflaufen zu können. Diesmal, im dritten Anlauf, klappte es, der 32-Jährige erzielte im vergangenen Sommer beim Qualifikationsturnier für Peking im Entscheidungsspiel gegen Norwegen sogar das siegbringende Tor. Seit wenigen Tagen weiß Storm jetzt auch, dass er Teil des finalen dänischen Olympiakaders ist. Diese Nachricht sei eine "unglaubliche Erleichterung" gewesen, erzählte der "extrem aufgeregte" Angreifer nach der Bekanntgabe des dänischen Kaders.

Von Storms Erleichterung hat am vergangenen Wochenende auch sein Arbeitgeber, der ERC Ingolstadt, profitiert. Die Oberbayern feierten in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zwei deutliche Siege: Auf das 6:1 am Freitag in Krefeld ließen sie am Sonntag ein 10:1 folgen - gegen coronabedingt stark ersatzgeschwächte Nürnberg Ice Tigers, denen nur vier gelernte Verteidiger zur Verfügung standen, von denen einer laut Ice-Tigers-Trainer Tom Rowe nicht wirklich fit gewesen sei. Storm hatte an beiden Siegen gehörigen Anteil: In Krefeld traf er einmal und bereitete drei weitere Treffer vor, gegen die Franken erzielte er zwei Tore und legte zwei weitere auf. Sein Treffer zum 5:0 im Derby, als er sich die Scheibe elegant auf die Rückhand legte und sie aus spitzem Winkel über die Schulter von Ice-Tigers-Torhüter Niklas Treutles Schulter lupfte, war ein Manifest seines aktuellen Selbstvertrauens.

Brandon DeFazio erzielt in Krefeld zum ersten Mal in seiner DEL-Karriere drei Tore in einem Spiel

Zwei Spiele, acht Scorerpunkte: Storm lief am Wochenende heiß - und mit ihm seine Angriffsreihe um Mittelstürmer Justin Feser und Brandon DeFazio. Dieser hatte am Freitag gegen Krefeld drei Tore erzielt, zum ersten Mal in seiner DEL-Karriere. Er fühle sich ziemlich glücklich in seiner Sturmformation, die Chemie stimme einfach, erzählte DeFazio bei Magentasport. "Wir verstehen uns sehr gut. Ich weiß, was ich machen muss, um meine Reihenkollegen besser zu machen. Und sie auch." Das Verständnis des Sturmtrios, das eines der produktivsten der ganzen Liga ist, basiert auch darauf, dass sie oft schon erahnen, was in den folgenden Sekunden passieren wird. "Wir können antizipieren, was die anderen zwei vorhaben, das macht es viel einfacher", erklärte Storm. So wie im Schlussdrittel des einseitigen Derbys gegen Nürnberg, als sich Storm gegen gleich drei Ice Tigers behauptete und trotz des großen Drucks Feser bediente, der Treutle aus noch spitzerem Winkel als zuvor Storm zum 7:1 überwand. DeFazio war auf Zuspiel von Feser auch erfolgreich und bereitete drei weitere Tore vor.

Dass DeFazio am Freitag von einem "much needed win", einem dringend benötigten Sieg, sprach, lag daran, dass die Oberbayern erst kürzlich aus einer Corona-Mannschaftsquarantäne gekommen waren und ihre vier vorherigen Spiele allesamt verloren hatten. Die Ingolstädter lechzten nach einem Erfolgserlebnis - und bekamen gleich derer zwei, wodurch sie in der Tabelle ganz eng an den viertplatzierten EHC Red Bull München heranrückten (1,66 Punkte pro Spiel zu 1,67).

Storm glänzt offensiv, ist aber auch defensiv sehr aufmerksam. Solche Spieler lieben Trainer

Welch großen Einfluss der erfahrene Däne Storm, der schon an zehn Weltmeisterschaften teilgenommen hat, auch unabhängig von seinen Scoring-Qualitäten auf das Spiel seiner Mannschaft hat, macht seine herausragende Plus-Minus-Bilanz von +24 deutlich. Mit dieser Statistik wird im Eishockey die Differenz von Toren und Gegentoren angegeben, die fallen, wenn ein Spieler auf dem Eis steht. Storm glänzt also offensiv, ist aber auch defensiv sehr aufmerksam. Solche Spieler lieben Trainer - und Sportdirektoren. "Frederik ist wahrscheinlich unser bester Zweiwegestürmer und er ist sich für nichts zu schade", betonte ERC-Sportdirektor Larry Mitchell, der Storms Vertrag im Januar verlängerte. "Er ist ein super Schlittschuhläufer und macht jede Reihe, in der er zum Einsatz kommt, besser." So wie jene um Feser und DeFazio - was die Krefelder und Nürnberger zähneknirschend bestätigen werden.

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