Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Starting Six ohne Sabo

"Anders ist ja nicht schlecht": Die Nürnberg Ice Tigers sind auf der Suche nach neuen Sponsoren.

Von Christian Bernhard

Wolfgang Gastner hat seit Kurzem deutlich mehr zu tun als die meisten seiner 13 Kollegen in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Der Geschäftsführer der Nürnberg Ice Tigers muss nicht nur die am 13. September beginnende Saison organisieren, sondern jetzt schon die Grundlagen dafür schaffen, dass es beim fränkischen Erstligisten danach überhaupt weiter geht. In diese Situation gebracht hat ihn die Mitteilung von Thomas Sabo, dass dieser sein Sponsoring-Engagement bei den Ice Tigers mit Ende der anstehenden Saison beenden wird. Der fränkische Schmuck-Unternehmer hatte die Nürnberger 2009 vor der Insolvenz gerettet und seitdem als Hauptsponsor und Namensgeber fungiert.

Gastner geht voller Optimismus in die Gespräche mit möglichen neuen Geldgebern. Seit der Verkündung Anfang August seien schon erste Anfragen eingegangen, sagt er, "im großen und im kleinen Stil". Alleine in den ersten Tagen habe er mit mehr als 20 potenziellen Sponsoren gesprochen. Er berichtet von einer "positiven Grundstimmung" und vielen Terminen. Diese seien anders als jene der vergangenen Jahre, als fest mit einem Budget geplant werden konnte. "Aber anders", sagt er, "ist ja nicht schlecht."

Erste Erfolge konnte er bereits präsentieren. Die Ice Tigers werden mit einem neuen Helmsponsor auflaufen, vergangene Woche wurde ein neuer Banden- und Untereis-Sponsor auf der "dritthöchsten Sponsorenebene" akquiriert. Beide Partner stammen aus der Region. Gastner hat einen Plan, den er in Anlehnung an die sechs Spieler, die zum Beginn eines jeden Eishockeyspiels pro Team auf dem Eis stehen, Starting Six getauft hat. Ziel sei es, "sechs große Sponsoren-Säulen als Fundament für die Zukunft" zu finden. Lokalisiert werden sollen diese in der Metropolregion Nürnberg/Fürth/Erlangen, die "ja wirklich kein kleines Licht" sei, wie Gastner sagt. Sein zwischen den Zeilen gerichteter Appell geht an die "regionalen Weltmarktführer, die jetzt als Retter auftreten" könnten. Einen einzigen Sponsor, so wie Sabo bisher, schließt der Geschäftsführer nicht aus, das Konzept fuße aber eigentlich darauf, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen, "um mit weniger Risiko in die Zukunft zu gehen".

Gastner hofft, dass sich durch den Abschied des übermächtigen Hauptsponsors nun andere Geldgeber aus der Deckung wagen. In der Vergangenheit habe er immer wieder gehört, dass potenzielle Interessenten aufgrund der "wahnsinnigen Präsenz" von Thomas Sabo ein Engagement bei den Ice Tigers ausschlossen, weil sie neben Sabo nicht die Plattform bekommen hätten, die ihnen lieb gewesen wäre. Viele "kleine Türen" würden sich jetzt öffnen, sagt der Nürnberger Geschäftsführer.

Vier Wochen ist es her, da folgte Gastner einer Einladung von Sabo und bekam auf dessen Terrasse mitgeteilt, dass es mit seinem persönlichen Engagement und dem seines Unternehmens am Ende der Saison 2019/20 vorbei sei. Völlig überrascht hat das Gastner angeblich nicht. Obwohl die anstehende Saison finanziell gesichert ist, wurde das Budget um zehn bis 15 Prozent gekürzt. Hat das Auswirkungen auf die neue Spielzeit?

"Wir sehen uns als ein Top-Acht-Team", sagt Wolfgang Gastner, das die "Großen Vier" - Mannheim, München, Berlin und Köln - ärgern" wolle und "unbedingt" in die Playoffs möchte. Als Orientierungspunkt nennt der Geschäftsführer den Derby-Rivalen Augsburg, der mit seinem Halbfinaleinzug in der vergangenen Saison gezeigt habe, dass der Teamgedanke viel bewegen könne. Den neuen Ice-Tigers-Trainer Kurt Kleinendorst sieht er dafür als den idealen Mann, da er "sein Herzblut reinsteckt" und die Mannschaft "als Familie sieht".

Gastners Blick muss aber jetzt schon über die anstehende Spielzeit hinaus gehen. Sein Ziel ist es, bis Dezember das Budget für die erste Spielzeit ohne Sabo beisammen zu haben. Und dafür zu sorgen, dass der auslaufende Vertrag von Kapitän Patrick Reimer verlängert wird. Er werde alles versuchen, um zu verhindern, dass der 36-jährige Reimer noch ein anderes Trikot trägt, sagt er. Gastner sprüht vor Optimismus, verhehlt aber auch nicht, dass er den "Worst Case" im Hinterkopf haben muss. Sprich: Dass es nach dieser Spielzeit für die Ice Tigers nicht mehr weiter geht. Um das zu verhindern, will er aber "definitiv jeden einzelnen" möglichen Sponsor gefragt haben.

Womöglich kann er auch in Zukunft noch mit finanzieller Unterstützung von Thomas Sabo rechnen. Der emotionale Eishockey-Liebhaber unterstützt weiterhin den Nürnberger Jugendsektor und sagte den Eishockey News, dass er "selbstverständlich" auch seinen Beitrag leisten werde, "um den Fortbestand der Ice Tigers zu sichern". Gastner sagt, er plane und konzipiere derzeit ohne Sabo, ausschließen will er eine weitere Zusammenarbeit aber nicht. Die Emanzipation von Thomas Sabo müssen die Ice Tigers in den nächsten Monaten aber trotzdem hinbekommen.

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SZ vom 14.08.2019
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